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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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vertreiben oder töten und unseren Besitz denen
geben, die er dafür ausersehen hat.“
    Beide Redner
machten eine kurze Pause. Libussa fühlte Kroks ernsten Blick auf sich ruhen.
Eben das hatte er seit Längerem befürchtet. „Wir nahmen ihn zunächst nicht
ernst. Plötzlich fielen fränkische Krieger in unser Land ein. Sie verwüsteten
unser größtes Heiligtum, die Weltsäule, die das Himmelsgewölbe trägt. Dann
nahmen sie Geiseln aus unseren Fürstenfamilien und verschleppten sie in die
Fremde. Sie wollten uns ihren Glauben aufzwingen und ermordeten jeden, der sich
ihnen widersetzte. Unser Land nennen sie jetzt Teil ihres Reiches. Doch
Widukind, ein mutiger Mann, hat nun Krieger um sich versammelt, um uns von
diesem Joch zu befreien.“  
    „Der
Frankenkönig geht im Augenblick gegen die Sorben vor“, mischte sich Krok in den
Bericht ein. „Auch sie sollen gewaltsam unterworfen und bekehrt werden. Es ist
nur eine Frage der Zeit, bis wir an der Reihe sind. Doch Widukind will die
Gelegenheit nutzen, um die Franken aus seinem Land zu vertreiben. Wir sollten
ihm dabei helfen, bevor die Franken im Namen ihres Christengottes auch anfangen,
alle slawischen Völker zu unterjochen.“ 
    Libussa saß
völlig regungslos. All diese Völker waren Fremde. Sollten die Krieger der
Behaimen für ihre Befreiung sterben? „Hat dieser Widukind denn versprochen,
auch uns im Ernstfall zu helfen?“, hörte sie Premysl fragen. Krok runzelte nur
leicht die Stirn. Er hatte sich an Premysls Bauernkleidung ebenso gewöhnt wie
an seine respektlosen Unterbrechungen.
    „Wir müssen
eine Einheit gegen diese machtgierigen Christen bilden“, erklärte er. „Ihr Gott
ist ein eifersüchtiger Tyrann, der keine Rivalen neben sich duldet.“
    Libussa holte
Luft. „Die Sachsen gehören zu den Germanen. Nicht zu unserem Volk. Sie sind uns
fremd, und es heißt, dass auch sie von Raubzügen leben. Warum sollen wir
ihretwegen das Leben unserer Krieger gefährden? Sollte der Frankenkönig uns
tatsächlich angreifen, dann brauchen wir unsere besten Kämpfer hier in unserem
eigenen Land.“
    Die anwesenden
Wilzen musterten sie missbilligend. Der Übersetzer flüsterte dem Sachsen etwas
zu, so dass auch dessen Blick unfreundlich wurde. Libussa straffte die
Schultern. Mittlerweile störte es sie nicht mehr, wenn sie sich unbeliebt
machte.
    „Die Sachsen
beten ebenso wie wir die Götter ihrer Vorfahren an“, begann Krok nun. „Sie
halten an ihren uralten Traditionen fest. Jetzt will der Frankenkönig ihnen
eine neue Religion aufzwingen. Wer Christ wird, kann nicht mehr ins Totenreich
zu seinen Ahnen gehen. Sie müssen Abgaben an die Franken zahlen. Vorher ist er
ebenso mit den Langobarden umgesprungen. Und jetzt mit den Sorben. Irgendwann
sind auch wir an der Reihe, Libussa. Allein können wir keinen Kampf gegen die
Franken gewinnen, aber wenn alle Völker, die noch dem alten Glauben anhängen,
sich vereinen, dann ...“
      „... und
wie viele Völker glaubst du vereinen zu können, Onkel?“, unterbrach Libussa.
„Bisher sind es nur die Wilzen und unsere Clans, die den Sachsen helfen
sollen.“
    Krok wandte
sich zu seinen Begleitern. „Ich werde einen Boten zu den Polanen schicken. Die
Mähren scheinen zurzeit mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt, denn es
gibt Widerstand gegen die Allmacht des Stammesführers, der sich zum
Alleinherrscher erklären ließ. Du könntest noch mit den Aborditen reden,
Dragoweill. Ich bin letztes Jahr bei ihnen gewesen und sie haben mich
angehört.“
    Dragoweills Gesicht
drückte Unbehagen aus. „Wir haben schon seit langer Zeit Zwist mit den
Aborditen. Es geht da um eine uralte Fehde und etwas Land.“
    „Dann beende
diesen Zwist. Mache Zugeständnisse, um sie für uns als Verbündete zu gewinnen.
Wenn du das erledigt hast, können wir ein weiteres Treffen vereinbaren und
besprechen, wie wir vorgehen.“
    Erwartungsvolle
Blicke richteten sich auf den Anführer der Wilzen. Er nickte nach einigem
Zögern. „Ich werde ihnen jenen Streifen Land überlassen, wegen dem wir uns seit
Generationen bekriegen“, versprach er.
    Libussa erhob
sich langsam. Es klang alles so einfach, so einleuchtend, doch in ihr nagten
Zweifel. „Mir gefällt das alles nicht, Onkel Krok“, begann sie zögernd. „Wir
mischen uns in einen Krieg ein, der nicht der unsere ist. Aber der Sinn deiner
Worte leuchtet mir ein. Wir werden das alles mit den anderen fürstlichen Clans
besprechen, wenn sie eintreffen, um das Fest zu

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