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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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durchzusetzen. Selbst Slavonik
rückte mürrisch zur Seite, wodurch er näher an Thetka heranrutschte, die
zufrieden lächelte.
    „Nun erzähl
schon, du zarte junge Vila aus dem Reich der Geister. Wie war er, dein
Fremdling?“, fragte Radka vorwitzig und ließ sich von der Magd einen weiteren
Becher Met bringen. Libussa spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Sie
hasste es, vor anderen Menschen rot zu werden, doch je mehr sie sich deshalb
schämte, desto schlimmer wurde es.
    „Ich kann mich
kaum erinnern. Du weißt, all diese Tränke, von denen sich einem der Kopf dreht.
Das ist schlimmer als zu viel Wein oder Met. Ich habe fast alles vergessen“,
erklärte sie. Radkas Augen blitzten spöttisch auf, aber sie schien Libussas
Verlegenheit zu verstehen, da sie nicht weiter nachfragte.
    „Sieh dir mal
meinen Bruder an“, fuhr sie stattdessen fort. „Er verbrachte das Kupala-Fest
mit Irina von den Leitmeritzern, was unsere Mutter ebenso wenig begeisterte wie
die Leitmeritzer-Fürstin. Und jetzt habe ich so eine seltsame Ahnung, dass er
kaum noch von ihrer Seite weichen kann. Edle, weise Libussa, nutze deine
seherischen Fähigkeiten, die dich zur Schülerin der keltischen Priesterin
gemacht haben, und sage mir, wohin wird all dies führen?“
    Libussa
überhörte bewusst den Spott in Radkas Stimme und richtete ihren Blick auf Lecho
von den Lukanern. Er unterhielt sich angeregt mit der dunkelhaarigen,
schmächtigen Irina. Die Augen der jungen Frau waren aufmerksam auf sein Gesicht
gerichtet, als gäbe es niemanden außer ihm im großen, lauten Saal. Libussa
fühlte einen Stich in ihrer Brust. Die Nähe zwischen diesen zwei Menschen
weckte ihre Sehnsucht nach einem Erlebnis, das sie vergessen wollte.
    „Ich kann die
Zukunft nicht auf Befehl voraussagen“, erklärte sie Radka, „aber vielleicht
geht meines Onkels Wunsch nach Einheit zwischen allen Stämmen dadurch in
Erfüllung, dass aus diesen beiden ein Paar wird.“
    Radka nickte.
    „Ja, das wäre
nicht schlecht. Ich werde Lecho jedenfalls ermutigen, seine Wünsche
durchzusetzen. Auch wenn unsere Mutter und ihr neuer Gefährte dagegen sein
sollten.“
    Libussa war
froh, dass Radka sich so vernünftig zeigte. Der kurze Moment der Sehnsucht war
so plötzlich vergangen wie er gekommen war. Sie fühlte sich leicht und sorglos,
völlig frei von dem Wunsch, selbst mit jemandem ein Paar zu bilden. Sie würde
sein wie Thetka. Sich Zeit lassen mit der Wahl eines Gefährten. Und irgendwann
wollte sie bei ihrer keltischen Lehrerin am Berg der Göttin leben. Nur konnte
sie nicht verstehen, warum dieser friedliche Ort mit der Höhle und der
plätschernden Quelle, wo die alte Frau ihre Weissagungen machte, nie in ihren
Träumen auftauchte.
    Die Mägde
brachten das Essen. Hölzerne Schüsseln mit Gemüsebrühe wurden hereingetragen,
und der Geruch von gebratenem Fleisch erfüllte die Luft. Fladenbrotscheiben
erschienen auf dem Tisch, und die anwesenden Gäste streckten gierig ihre Hände
aus. Libussa nahm sich einen Hähnchenschenkel und biss hinein, erfreut, dass
ihr Appetit wiederkehrte. Es musste an der Aufregung wegen der bevorstehenden
Zeremonie gelegen haben, dass sie in den letzten Tagen nur wenig gegessen
hatte. Sie nahm etwas Fladenbrot und zog eine der dampfenden Schüsseln zu sich,
während eine Magd erneut ihren Weinbecher füllte. Das Fest begann ihr
allmählich zu gefallen.
    „Was soll das,
du kleine Schlampe!“, hörte sie plötzlich eine laute männliche Stimme und
blickte erschrocken in die Richtung, aus der sie kam. Dort saß Fürstin Olga vom
Stamm der Lemuzi, die wie immer mit Schmuck behängt und auffällig bunt
gekleidet war. Ihr jüngerer Sohn Neklan hatte eine der Mägde an der Gurgel
gepackt und schüttelte sie. Sein Bruder Vojtan war ebenfalls aufgesprungen, und
Ludmilla, Fürstin Olgas einzige Tochter, saß mit ängstlich aufgerissenen Augen
daneben.
    „Neklan von den
Lemuzi, lass das Mädchen!“, rief Krok und stürzte sich auf den jungen Mann. Er
befreite die Magd mühelos aus Neklans Griff. Sie taumelte ein paar Schritte
zurück und schnappte hustend nach Luft.
    „Ich bitte um
Vergebung, Herr!“, keuchte sie. „Aber Fürst Neklan, er ... er ist zudringlich
geworden. Ich musste mich wehren.“
    „Sie hat meinen
Sohn gestoßen!“ Fürstin Olga hatte sich zu ihrer vollen Rundlichkeit
aufgerichtet. „So ein Benehmen steht einer Dienstmagd nicht zu!“
    Kroks Miene
wurde finster. Er musterte die Anwesenden, ratlos, gegen wen sich sein

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