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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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Tschastawa", hörte Radegund ihn sagen und
zuckte zusammen.
    „Dies ist meine
fränkische Gemahlin", fügte er hinzu. Radegund fragte sich, ob er sie
besänftigen wollte.
    Tschastawa
lächelte sie an. Radegund nickte freundlich. Einen Lidschlag lang fand sie ihre
Eifersucht beschämend, denn die dunklen Augen schienen so ehrlich wie jene
Anahilds.
    „Ich weiß, wo
du gewesen bist. Bei dieser Dienerin, die immer kränkelt, nicht wahr?“,
zerstörte Kazi die friedliche Stimmung.
    Tschastawas
Gesicht schien noch etwas dunkler zu werden. „Warum hast du mich zur Heilerin
ausgebildet, wenn es dir nicht gefällt, dass ich das Leid anderer Menschen
lindern will?“
    Kazi schien wie
versteinert und senkte ihren Blick. Radegund ahnte, dass es nur wenigen
Menschen gelang, diese in sich gekehrte Heilerin zu verletzen.
    „Deine Tochter
hat vollkommen Recht, Kazi", erklang Libussas Stimme. „Warum soll sie sich
nicht um jene Frau kümmern, der sie ihr Leben verdankt?“
    Radegund ließ
ihren Blick verwirrt von Kazi zu Tschastawa wandern. Sie konnte keinerlei
Ähnlichkeit entdecken, doch manchmal glichen Kinder nur einem Elternteil. Aber
der Vater, er hätte einer jener pechschwarzen Männer sein müssen, von denen sie
manchmal gehört hatte. Die Römer hielten sie als Sklaven. Ihre Mutter hatte ihr
einst erzählt, dass auch in ihrem Elternhaus in Ravenna ein solcher schwarzer
Teufel gedient hatte.
    „Lass mich doch
endlich in Frieden, Libussa", unterbrach die Heilerin Radegunds
Überlegungen. „Ich habe getan, was du von mir verlangt hast. Die schwarze Frau
lebt in meinem Haus. Ich sorge für sie.“
    Radegund
begriff den Hintergrund dieses Gesprächs nicht, doch sie ahnte, dass Libussa in
ihrer Güte anstrengend sein konnte.
    „Du hast eine
Dienerin aus ihr gemacht, nichts weiter.“
    Dies waren
Vojens erste Worte an diesem Abend. Radegund musterte Kazis Sohn neugierig. Ihr
wurde unwohl beim Anblick der verbitterten, unzufriedenen Miene dieses jungen
Mannes. Es war, als blicke sie in einen Spiegel.
    „Wann kommt
eigentlich Onkel Krok zurück?“, fuhr er mürrisch fort. „Er hat sich doch solche
Mühe gegeben, uns Lidomir wiederzubringen. Ich bin mir sicher, er wird
begeistert sein, von seinem fränkischen Weib zu erfahren.“
    Nun schien ein eisiger
Wind durch den stillen Raum zu blasen, so frostig war die Stimmung geworden.
Kazi sah ihren Sohn nur kurz an, doch dieser Blick erstaunte Radegund. Es lag
nicht nur Zorn über eine offenbar taktlose Frage darin, sondern auch tiefe
Abneigung gegen das eigene Kind. Das war ungewöhnlich, denn Söhne wurden doch
allgemein bevorzugt.
    „Krok begleitet
den Frankenkönig auf seinem Zug gegen die Awaren. Das war die Bedingung, damit
Lidomir heimkehren konnte. Außerdem müssen wir den Franken gewähren, durch
unser Land zu ziehen, wenn es ihnen in den Sinn kommt. Doch all diese Opfer
sind es wert, meinen Sohn wieder unter uns zu wissen", erklärte Libussa.
Ihre Worte halfen, die allgemeine Anspannung zu lösen. Der Rest des Abends
verging ohne unangenehme Zwischenfälle. Radegund stellte mit Erleichterung
fest, dass niemand sich daran störte, wenn sie die fetten Stücke des Fleisches
abschnitt und zur Seite legte. Kazi, so fiel ihr auf, beschränkte sich gar auf
Brot und Gemüse. Dennoch sehnte sie sich nach dem Augenblick, da sie den Saal
verlassen und mit Lidomir allein sein könnte, ja auf einmal wünschte sie,
wieder mitten im Wald in einem Zelt mit ihm zu liegen. Weit, weit weg von all
diesen Menschen, die sie nicht zu mögen schienen.
     
    Als das
Festmahl endlich vorbei war, führten die Dienerinnen sie in einen kleinen Raum,
wo mit Leintüchern bezogene Matten auf Holzgestellen lagen. In der Ecke stand
ein steinerner Ofen. Erschöpft sank Radegund auf die Bettstatt und zog ihre
Sandalen aus. Man hatte Krüge mit Wasser in die Kammer gestellt. Sie wusch
nochmals ihr Gesicht und streifte das Kleid ab. Erschöpft legte sie sich neben
ihren Mann, um endlich in einem geschlossenen, sicheren Raum Ruhe und Schlaf zu
finden.
    „Wie gefällt
dir meine Familie?“, riss Lidomirs Stimme sie aus ihrem ersten Schlummer. Sie
öffnete widerwillig die Augen.
    „Ich weiß
nicht. Ich kenne sie ja noch kaum. Das Gespräch war für mich manchmal sehr
anstrengend", erwiderte sie wahrheitsgemäß. Er zog sie an sich.
    „Ich weiß, es
ist nicht einfach für dich. Auch ich muss mich erst wieder an alles gewöhnen.
Doch es war eine große Freude, meine Eltern wiederzusehen. Ich bin

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