Die Träume der Libussa (German Edition)
Kerl will denn eine Kröte wie dich auf seinem Lager haben?“
Einige der Krieger, die mit ihm
gekommen waren, begannen zu grinsen. Janas Gesicht färbte sich dunkelrot. Sie
sprang auf, als wolle sie sich auf ihren hochmütigen Gegner stürzen, doch
Libussa kam ihr zuvor und fuhr ihn an: „Ich bin mir sicher, dass Jana auch ohne
deine Gunst leben kann. Schenke sie einer Frau, der es danach verlangt.“
Slavonik lachte
laut auf. „Von diesen Frauen gibt es genug, zweifelt nicht daran!“
Radegund fand,
dass er sich allmählich zum Narren machte. Dann spürte sie plötzlich, seinen
Adlerblick auf sich ruhen. Ein wohliger Schauer durchfuhr sie.
„Diese kleine
Fränkin, die du da mitgebracht hast, Lidomir von den Tschechen“, verkündete
Slavoniks Stimme, „die würde ich nicht von meiner Bettstatt jagen. Mir scheint,
sie sehnt sich nach einem echten Mann.“
„Lass meine
Frau in Frieden, Slavonik“, hörte sie Lidomir rufen. „Sie gehört dir nicht.“
Das laute
Lachen des Kroatenfürsten hallte durch den Saal. „Lidomir von den Tschechen, du
hast zu lange bei den christlichen Kuttenträgern gelebt. Hier gehört keine Frau
einem Mann. Sie entscheidet selbst, für wen sie ihre Beine öffnet.“
Mit diesen
Worten stolzierte Slavonik hinaus. Radegunds Gesicht glühte, als stünde der
Raum in Flammen. Sie hätte den Kroatenfürsten zurechtweisen sollen, denn er
hatte ihren Gemahl lächerlich gemacht. Aber sie war wie gelähmt von der Macht
seiner dunklen Augen, und ihren Körper durchlief ein Schauer des Verlangens.
Nur der Gedanke an die Abreise des Kroatenfürsten brachte ihr Erleichterung. Es
wäre nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn vergessen hätte.
„Bin ich zu weit gegangen? Es war
nicht meine Absicht, ihn lächerlich zu machen", murmelte Libussa, als sie
den Stab der Fürstin in die Truhe legte und ihren Kopfputz abnahm. Ihr Herz
hämmerte immer noch wie wild. Seit wann gelang es ihr eigentlich, ein derart
gelassenes Äußeres zu wahren, während im Inneren wilde Stürme tobten?
„Er verlangte
förmlich danach, dass man über ihn spottet, so wie er aufgetreten ist. Slavonik
besaß schon immer alle Eigenschaften, die ich an Fürsten nicht leiden
kann", erwiderte Premysl. „Er ist hochmütig und völlig von sich
eingenommen. Es war an der Zeit, dass jemand, und vor allem eine Frau, ihn
öffentlich bloßstellte. Du hast es sehr gut gemacht, Libussa.“
Premysls
Anerkennung tat ihr gut, aber befreite sie nicht von allen Zweifeln. „Er ist
jetzt zornig. Was, wenn er keinen Frieden gibt?“
Premysl zuckte
mit den Schultern. „Du überschätzt diese Wichtigtuer. Neklan von den Lemuzi hat
schon lange keinen Ärger mehr gemacht.“
Sie sah ihn
eindringlich an. „Premysl, Slavonik ist anders als Neklan. Ich kenne beide seit
meinen Kindertagen, wie du selbst gesagt hast. Neklan hat gern Schwächere
gequält, er war ein Feigling. Aber Slavonik mangelt es nicht an
Entschlossenheit und Mut. Er kann Eindruck machen, auf Männer und auch auf
viele Frauen.“
„Wie man an der
kleinen Fränkin sah", bemerkte ihr Gefährte abfällig. „Ich wünschte mir
bei allen Göttern, dass mein Sohn sich eine Frau gesucht hätte, die etwas mehr
Mumm in den Knochen hat. Diese Radegund hat den Mund nicht aufbekommen, als
Slavonik sie ansah wie ein Stück Fleisch, das er sich zum Abendessen wünscht.“
Libussa
lächelte und strich ihm über die Wange. „Du urteilst zu hart über das Mädchen.
Es heißt, die Christen erziehen ihre Frauen zu Schweigsamkeit und
Zurückhaltung. Wie soll sie so schnell verlernen, was ihr jahrelang
eingetrichtert wurde? Außerdem gefällt Slavonik ihr vielleicht. Er gefällt
vielen Frauen, auch wenn ich niemals den Grund dafür verstanden habe.“
„Du hast
einfach mehr Verstand als andere Frauen, deshalb hat dir Slavonik nicht
gefallen", kam es entschieden von Premysl.
Sie lachte auf
und zog ihn an sich. „Jetzt schmeichelst du vor allem dir selbst",
flüsterte sie, und er nahm ihren Vorwurf grinsend hin.
„Premysl“, begann
sie dann zaghaft mit ernsterer Stimme. „Was ist, wenn es Slavonik tatsächlich
gelingt, alle Männer, die unsere Sitten ändern wollen, hinter sich zu bringen?
Wenn es zu Zwisten und Kämpfen in unserem Volk kommt, sind wir eine noch
leichtere Beute für die Franken.“
„Du hast dich
gegen ihn durchgesetzt", erwiderte Premysl. „Es gibt genug Leute, die
hinter dir stehen, Libussa. Deinem Volk geht es nicht schlecht, und deshalb hat
es keinen Grund
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