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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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fragen.
    „Diesmal werden
die fürstlichen Familien der Leitmeritzer und Lukaner dabei sein. Erinnerst du
sich an Radka und ihren Bruder Lecho? Nein, wahrscheinlich nicht, du warst
damals noch ganz neu hier. Zu viele fremde Gesichter auf einmal. Radka ist eine
große Frau mit roten Haaren. Eine der besten Freundinnen meiner Mutter. Willst
du an dem Tanz teilnehmen, Radegund?“
    „Scharka, das
gefällt ihr vielleicht nicht", meinte Hodka mit dem gelehrten Gesicht.
    „Aber warum
sollte ich nicht an einem Fest teilnehmen? Natürlich komme ich mit",
widersprach Radegund, der Hodkas Allwissenheit auf die Nerven fiel.
    „Na dann“, rief
die hasengesichtige Svatava, „dabei kannst du unsere Sitten besser kennen
lernen.“ Radegund fand die Stimme des Mädchens leicht spöttisch, was sie in dem
Entschluss bestärkte, auf dieses Frühlingsfest nicht zu verzichten.
     
    Lidomir schien die Kampfübungen
allmählich besser ertragen zu können. Er war am Abend nicht mehr vollkommen
erschöpft, sondern suchte Gespräche mit Radegund. Seine Fragen, wie sie den Tag
verbracht hatte und ob ihr das neue Zuhause gefiel, erfreuten sie. Allmählich
hörte Slavonik auf, sie in ihren Tagträumen zu verfolgen. Nun, da Lidomir
wieder ihre Aufmerksamkeit beanspruchte, geschah es ganz von selbst, ohne dass
sie sich verbieten musste, an Slavonik zu denken.
    „Morgen ist das
Frühlingsfest", teilte sie ihm schließlich mit. „Ich denke, wir sollten
beide teilnehmen. Ich habe es deiner Schwester versprochen.“
    Zu ihrem
Erstaunen versteinerte er plötzlich. „Radegund, dieses Fest ist anders als die
christlichen.“
    „Natürlich, denn
dies ist ein heidnisches Land. Ich wusste es, bevor ich hierher kam. Ich habe
mir auch die Geschichte von den zwei Göttern schon angehört. Also warum sollten
wir nicht beide dabei sein?“
    Lidomir sah so
entsetzt aus, dass eine ungute Ahnung in ihr aufstieg. „Diese Menschenopfer,
von denen deine Tante Kazi sprach …?“ Sie stellte sich das weise, aber harte
Gesicht der Zauberin vor, während sie einem Unschuldigen die Kehle aufschnitt.
Zu Fürstin Libussa passte eine solche Handlung nicht, doch diese Kazi mit ihrer
heidnischen Denkweise, wozu mochte sie wohl fähig sein? Ein Schauer lief ihr
über den Rücken.
    „Nein, keine
Menschenopfer", unterbrach Lidomir empört ihre Gedanken. „Die wurden schon
von einer Vorgängerin meiner Mutter abgeschafft."
    Radegund war erleichtert.
Vielleicht war es doch kein so barbarisches Land. „Was soll dann so schlimm
sein an dem Fest? Komm, Lidomir, lass uns gemeinsam hingehen", sprach sie
in schmeichelndem Ton. Sie sah ihn erwartungsvoll an und nahm mit Befremden
seinen angewiderten Gesichtsausdruck zur Kenntnis.
    „Radegund, ich
fürchte, Vater Anselm hat trotz allem einen Christen aus mir gemacht. Ich
möchte an dem Tanz nicht teilnehmen, nicht einmal mit dir. Es wird dann sehr
... sehr ausgelassen. Aus diesem Grund wünsche ich auch nicht, dass du allein
dort hingehst.“
    Sie hatte ihren
sanften, zärtlichen Gemahl noch niemals derart entschieden reden hören. Seine
Worte taten ihr weh. Auch ihr Vater Clothard war manchmal streng zu seiner
ersten Gemahlin aus Ravenna gewesen, die er aus Standesgründen geheiratet
hatte. Doch niemals wäre es ihm in den Sinn gekommen, seiner geliebten Gudrun
etwas zu verbieten.
    „Ich denke, in
deinem Volk steht es Frauen zu, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen",
zischte sie.
    Lidomir hob
abwehrend die Hände. „Bitte, Radegund, lass uns deshalb nicht streiten. Du bist
mit unseren Bräuchen nicht vertraut. Es wird dauern, bis du den Sinn hinter
ihnen begreifst. Jetzt würden sie dich nur entsetzen oder ... oder dich zu
Taten verleiten, die du vielleicht später bereust.“
    Sein Blick war
auf den Boden gerichtet, als hätte er Angst, ihr in die Augen zu sehen.
Ausgelassene Feste, hatte er gesagt. Auch Kazis Beschreibung dieser rituellen
Feiern war recht eindeutig gewesen. Lidomir glaubte, sie könne sich von
heidnischer Freizügigkeit in Versuchung führen lassen. Nach dem Vorfall mit
Slavonik hatte er sein Vertrauen in sie verloren. Wenn sie Lidomirs Liebe
verlor, war sie nur noch eine Fremde in diesem Volk, und Lidomir konnte sie
jederzeit nach Regensburg zurückschicken.
    „Wie du meinst,
Lidomir. Ich werde auf dich hören", murmelte sie sanft. Sie hatte das
Heucheln im Kloster gelernt.

 
    5
     
    Es war eine schöne Zeremonie
gewesen, die Radegund für eine Weile von aller Schwermut befreite. Sie zogen
durch

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