Die Träume der Libussa (German Edition)
löste
Widerwillen in ihr aus, so dass sie sich rasch abwandte. Sie erwog, nun endlich
den Heimweg einzuschlagen. Dicht neben ihr hatte ein großer blonder Jüngling
seine Arme um Tschastawas schmale Taille gelegt. Nur Vlasta stand reglos inmitten
der Tanzenden. Sie wirkte verloren. Kein Mann schien sich ihr nähern zu wollen,
was Radegund überraschte, denn sie war keineswegs hässlich, und angeblich
galten Frauen ihrer Art bei den Behaimen nicht als widernatürlich. Warum sah
Vlasta so unglücklich aus? Da bemerkte Radegund, dass sie wie gebannt auf
Tschastawas Verehrer starrte. Vermutlich gefiel er ihr, doch sie war von der
dunklen Schönheit in den Schatten gestellt worden. Es ging bei den Behaimen
nicht anders zu als sonst irgendwo auf der Welt.
Nochmals nahm
sich Radegund vor, zu gehen, doch ihre Neugier hielt sie zurück. Wie
ausgelassen würde dieses Fest noch werden, an dem Lidomir sie nicht teilnehmen
lassen wollte? Die Paare drängten sich immer enger aneinander, und ihre Körper
schienen zu verschmelzen. Sie sah Gestalten im Dickicht verschwinden. Mnata
führte Scharka zögernd von der Wiese. Lidomirs Schwester blickte sich kurz um.
Ihr Blick streifte Radegund mit einem glücklichen, dankbaren Leuchten. Nun
würde sie gleich in den Armen eines Mannes liegen, der sie verehrte und dankbar
war, dass sie ihn erwählt hatte. So konnte ein junges Mädchen unverdorben
bleiben.
Plötzlich
meinte sie, wieder die kalte Mauer, gegen die der Händler sie gedrückt
hatte, an ihrer Wange zu spüren. Ihr Magen verkrampfte sich gequält und
sie beschloss, in die Festung zurückzugehen. Ungeduldig kämpfte sie sich durch
die Körper der Tänzer. Außerhalb der Wiese schien die Einsamkeit befreiend,
doch zu ihren Füßen stolperte sie beim Gehen über ein Paar, das sich auf der
Erde wälzte. Radegund begann zu laufen. Fort. Nur fort. Sie wollte zu Lidomir.
Da umklammerte
ein eiserner Griff ihr Handgelenk. „Ich wusste, du würdest zu dem Fest kommen,
schöne Fränkin. Du sehntest dich nach ein wenig Vergnügen.“
Sie kannte die
Stimme, konnte sie aber nicht gleich zuordnen. Gewaltsam wurde sie ins Gebüsch
gezogen.
„Du bist
meinetwegen gekommen, nicht wahr?“ Das Raubvogelgesicht lag dicht über ihr. Sie
roch den Gestank von Met. Als der Mond hinter den Wolken auftauchte, konnte sie
Slavonik genauer betrachten. Tiefe Furchen zogen sich von seiner Nase bis zu
den Mundwinkeln. Unter seinen Adleraugen erkannte sie die ersten Falten. Sie
hatte vorher nie bemerkt, wie alt und angegraut der stolze Vogel bereits war.
„Ich bin nur
deinetwegen hier, Radegund. Um dich hier wiederzusehen, habe ich mich heimlich
nach Praha geschlichen. Ich weiß, du hast dich nach mir gesehnt.“
Seine Hände
zerrten an ihrem Gewand, bis es zerriss. Sie spürte seine Zähne an ihrer
Schulter und schrie auf, doch es klang wie das Blöken eines Lämmchens. Sie
wusste, dass sie ihrer Stimme mehr Kraft verleihen musste. Es waren viele Leute
in der Nähe, zwar berauscht und abgelenkt, doch irgendjemand würde ihr schon zu
Hilfe kommen, wenn sie nur laut genug schrie. Aber sie brachte keinen Laut
heraus. Die Scham lähmte sie und allmählich auch ein anderes, unbekanntes
Gefühl. Blitze zuckten durch ihren Unterleib, während sie weiterhin versuchte,
sich aus seiner Umklammerung zu befreien. Doch seine übermächtige Kraft hielt
sie am Boden fest. Es war nicht nur Slavoniks Griff, denn allmählich ließ seine
Gewalt nach, da Radegund aufhörte, sich ihr entziehen zu wollen. Sein Gesicht
lag nun im Dunkeln und sie sah wieder die vertrauten Umrisse eines stolzen
Raubvogels.
„Du bist mir
nicht aus dem Kopf gegangen, Radegund.“ Die Sanftheit seiner Stimme war wie ein
Zaubertrank. Ihretwegen war der Kroatenfürst nach Praha gekommen, so wichtig
war sie ihm! Radegunds Körper wurde überwältigt von ihrem Verlangen. Die Blitze
wuchsen an zu einem Sturm, der in ihr tobte, als Slavoniks Leib sich gegen den
ihren drängte. Sie krallte ihre Finger ins Gras und hörte sich endlich
schreien, laut, ungestüm und erleichtert, dass der Sturm ein Ende fand.
Dann atmete sie
tief durch, um Ruhe zu finden. Slavonik war bereits aufgestanden und zog seine
Beinkleider hoch.
„Du bist nicht
übel, kleine Fränkin. Richte deinem Lidomir schöne Grüße von mir aus. Er hat
einen guten Geschmack.“
Dann verschlang
ihn das Dickicht.
Eine Weile noch
genoss sie ihre Befriedigung und völlige Erschöpfung. Nur ganz allmählich
erwachte auch ihr Verstand. Sie
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