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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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die Dörfer im Umland. Ein junger Bauer auf einem Pferd ritt voran.
Fürstin Libussa folgte und sprach überall Segenssprüche. Geschmückte Zweige wurden
geschwungen, melodische Gesänge  erklangen, und alle Menschen schienen den
Frühling freudig zu begrüßen. Strohpuppen als Verkörperung der alte Göttin
wurden verbrannt und an manchen Orten, die am Fluss lagen, auch ins Wasser
geworfen. Der Winter war vorbei. Angeblich würde eben diese Göttin nun als
junges Mädchen wieder auferstehen. Keine üble Vorstellung, dachte Radegund.
    Danach gingen
sie wieder in die Festung, um auszuruhen und sich auf das abendliche Fest
vorzubereiten, das an den Ufern der Vltava stattfinden sollte. Radegund folgte
Lidomir in die gemeinsame Kammer. Sie hatte Scharka gebeten, sie abzuholen, und
dann würde sie schon sehen, was geschah. Es war fast wie im Kloster, wenn sie
die Nonnen gegeneinander ausspielte. Die einzige Macht der Ohnmächtigen.
    Das Klopfen
erklang, als Hedwig bereits ein Abendessen hereingebracht hatte. Lidomir musste
es bestellt haben. Er öffnete die Tür und blickte überrascht auf das
unschuldige Gesicht seiner Schwester.
    „Ich komme
Radegund holen", sagte Scharka.
    „Wir nehmen an
dem abendlichen Fest nicht teil. Hat meine Frau dir das nicht gesagt?“
    Scharka schien
vor den Kopf gestoßen, wie Radegund es vorausgesehen hatte.
    „Sie hat mir
versprochen mitzukommen. Das ist ein wichtiger Tag für mich, und ich hätte sie
gern dabei“, erklärte Scharka beharrlich.
    „Und ich möchte
den Abend mit ihr in unserer Kammer verbringen.“ Es klang so entschlossen, dass
Radegund sich geschmeichelt fühlte. Dann fiel ihr ein, wie viel Misstrauen sich
hinter seiner Anhänglichkeit verbarg.
    „Ich habe
Scharka nicht erzählt, dass du meine Teilnahme unpassend findest. Ich wollte
sie nicht kränken", flüsterte sie laut genug, damit Lidomirs Schwester es
verstehen konnte.
    Scharka sah
verwirrt aus. „Ich begreife nicht, warum du Radegund daran hindern willst,
mitzukommen, Bruder. Alle anderen jungen Leute aus der Gegend nehmen teil.
Sogar Tschastawa ist deshalb nach Praha gereist. Soll Radegund darauf
verzichten, Teil der Gemeinschaft zu sein, nur weil du selbst dich hier in
deiner Kammer vergraben hast?“
    Lidomir senkte
den Blick. „Sie ist unsere Sitten nicht gewöhnt.“
    „Dann ist es
doch an der Zeit, dass sie diese Sitten kennen lernt. Lidomir, du benimmst dich
wie ein christlicher Ehemann, der jeden Schritt seiner Gefährtin überwachen
möchte. Radegund soll selbst entscheiden.“
    Scharka
richtete ihre ernsten, strahlend blauen Augen auf den Bruder. Sie hatte
offenbar wirklich keine Ahnung, was Radegund plante. Wie unschuldig sie war!
Eine heidnische Madonna.
    Lidomir sah
hilflos aus. „Nun, dann soll Radegund eben sagen, was sie will", meinte er
schließlich.
    Radegund fühlte
Panik in sich aufsteigen, denn damit hatte sie nicht gerechnet. Sie atmete tief
durch. „Ich weiß es zu schätzen, wie du dich um mein Wohlergehen sorgst,
Lidomir", begann sie vorsichtig. „Doch deine Schwester ist nun meine gute
Freundin geworden. Sie hat sich mir anvertraut und ich weiß, dass dieser Tanz
für sie sehr wichtig ist. Du musst verstehen, dass ich deshalb gern bei ihr
wäre.“
    Sie umarmte
ihren Gemahl und spürte mit Erleichterung, dass auch er seine Hände um ihre
Taille legte.
    „Ich bleibe nur
kurz. Gleich bin ich wieder zurück", flüsterte sie ihm ins Ohr. Als sie
Scharka die Treppe hinunter folgte, fühlte sie sich leicht und beschwingt.
     
    Am Ufer der Vltava brannten
Feuer. Die Götzenstatuen auf der Wiese waren frisch bemalt worden und
leuchteten bunt im Licht der Flammen. Ihre geschnitzten Gesichter wirkten
dämonisch, doch das fröhliche Treiben der Versammelten befreite Radegund von
ihrer Furcht. Essen und Krüge mit Met standen zur Stärkung bereit. Scharka
wurden freudige Begrüßungen zugerufen, als sie sich an einen der Tische
drängte. Die dunkle Tschastawa lehnte dort dicht neben Vlasta und biss in ein
Stück Brot, während das Mannweib einen großen Becher leerte. Hinter den zwei
jungen Frauen hatte der Hunne sich versteckt. Scharkas strahlendes Lächeln
machte ihn sichtlich verlegen, und er senkte sofort den Blick.
    Radegund
lächelte über sein Verhalten. Sie ergatterte ein Fladenbrot und geräuchertes
Fleisch von dem reich gedeckten Tisch. Kauend gesellte sie sich zu den anderen
und nahm deren freundliches Kopfnicken zur Kenntnis. Sie galt anscheinend
bereits als

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