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Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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ausgeübt, doch jetzt sind andere Eigenschaften vonnöten.
Mnata hätte Scharka die notwendige Hilfe geben können, doch wegen seiner Herkunft
ist er leicht zu verleumden. Lidomir hat zu wenig Erfahrung in der Kriegskunst,
von dem Problem mit seiner Gefährtin abgesehen. Wen sollte ich sonst zu meiner
Nachfolgerin ernennen? Thetka ist zu selbstsüchtig und hitzköpfig. Du bist der
Einzige, der genug Ansehen in unserem Volk genießt, um anerkannt zu werden.
Sogar als Alleinherrscher. Außerdem weiß ich, dass ich dir trauen kann. Du
wirst die alten Sitten nicht zu deinem Vorteil ändern.“
    Falten
erschienen zwischen Premysls Brauen. Sie erkannte mit Erleichterung, dass er
ihre Worte ernst nahm und darüber nachdachte.
    „Lecho von den
Lukanern“, sagte er schließlich. „Er scheint mir der Mann, den du brauchst. Und
seine Schwester Radka wäre eine hervorragende Hohe Priesterin. Anders als ich
stammen beide aus einem fürstlichen Clan. “
    „Aber nicht aus
dem unseren“, entgegnete sie und begann ebenfalls zu grübeln. Warum nicht Lecho
und Radka? Dann könnte Premysl bei ihr sein, wie sie beide es sich wünschten.
Doch sie wusste, dass dies keine Lösung sein konnte.
    „Wenn ich Lecho
zum Stammesführer ernenne und Radka zu meiner Nachfolgerin, dann wahre ich die
Tradition, doch ich breche auch gleichzeitig mit ihr. Die anderen Stämme werden
das nicht so einfach hinnehmen. Wenn schon keiner von den Tschechen, warum dann
nicht ich und meine Schwester Sylva?, wird Slavonik sich fragen.“
    Sie sah, wie
Premysl Luft holte, um zu einer Entgegnung anzusetzen, und legte beruhigend
ihre Hand auf seinen Arm. Das Gespräch hatte bereits all ihre Kraft
aufgebraucht.
    „Lass gut
sein“, meinte sie. „Ich ernenne dich zum Alleinherrscher der Behaimen und
überlasse dir anschließend alle Entscheidungen. Findest du jemand, dem du dein
Amt guten Gewissens überlassen kannst, dann tue es und folge mir. Ich werde auf
dich warten.“
    Premysl
streckte sich neben ihr aus und zog sie in seine Arme.
    „Wann willst du
losziehen?“, fragte er nur.
     
    Die Stille milderte den Schmerz
des Abschieds. Sie hatte das Tor von Praha erstmals in dem Wissen
durchschritten, dass sie niemals zurückkehren würde, und lange quälten sie
Erinnerungen an glückliche Augenblicke wie böse Geister. Obwohl sie sich sicher
war, dass sie Premysl, Scharka und alle anderen geliebten Menschen nicht zum
letzten Mal gesehen hatte, konnte sie ihre traurigen Gesichter nicht vergessen,
und es fiel ihr schwer, sich aufrecht auf dem Pferd zu halten.
    Hedwig folgte
mit respektvollem Abstand auf einem Esel. Ein paar Gewänder, Essgeschirr und
die von Tschastawa vorbereiteten Heilmittel waren in Säcken verstaut, die am
Sattel der Bediensteten baumelten. Das kostbarste aller Mitbringsel trug
Libussa jedoch in einer Tasche an ihrem Gürtel. Sie hatte sich nach einigen
Überlegungen entschlossen, die Tonscheibe der Hohen Priesterin nicht Scharka zu
übergeben, obwohl ihre Tochter an der Seite Premysls vielleicht stark genug
gewesen wäre für dieses Amt. Doch Scharka sehnte sich vor allem nach einem
friedlichen Leben mit Mnata, und Libussa sah keinen Grund, ihre Zukunft zu
gefährden, indem sie ihr ein Amt aufzwang, das in den kommenden Jahren wohl
immer schwieriger auszuüben wäre. Sie wusste nicht warum, doch seit jenem
Augenblick, da der Pfeil Kazi niederstreckte und Gundolf triumphierend den
großen Saal betrat, ahnte sie, dass es nach ihr keine Hohen Priesterinnen mehr
geben würde. Die Zukunft gehörte den Männern – und den Christen.
    Die Düfte und
die leisen Laute des Frühlings vertrieben ihre traurige Stimmung. Fernab von
menschlichen Siedlungen schien die Welt ein zauberhaft friedlicher Ort. Hatte
jener Einsiedler, den sie damals im Wald entdeckten, ähnlich empfunden? Hatte
er sie deshalb vor den Menschen gewarnt?
    Es schien ihr
müßig, darüber nachzudenken. Lächelnd wandte sie sich Hedwig zu, die ihr
erleichtert zunickte. Seit die Sächsin ihr eigenes Volk verloren hatte, schien
die neue Herrin für sie zugleich Kind, Familie und Stamm in einem geworden zu
sein.
    „Es kann nicht
mehr lange dauern, dann sieht man die zwei Hügel. Es ist der kleinere von
beiden, an dem die heilige Quelle ist“, sagte Libussa aufmunternd. Der
rundlichen Hedwig machte der Ritt bei dem warmen Wetter sichtlich zu schaffen,
sie wischte sich immer wieder den Schweiß von der Stirn.
    Als sie das
Geräusch von Pferdehufen hörten, zog die Sächsin ein

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