Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Träume der Libussa (German Edition)

Die Träume der Libussa (German Edition)

Titel: Die Träume der Libussa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
Vom Netzwerk:
Klopfen
kam zu einem ungünstigen Augenblick. Libussa hatte gehofft, die Innigkeit
dieser Nacht würde endlich ihre Sehnsucht nach einer Schwangerschaft erfüllen,
doch bevor Premysl sie aus ihrem Gewand befreien konnte, wurden sie gestört.
     
„Herrin, der Händler!“
    Libussa
wandte sich verärgert zur Tür.
     
„Was ist mit ihm? Kann er nicht bis morgen warten?“
    „Er
ist sehr aufgebracht, Herrin. Er wünscht, dich sofort zu sprechen!“
     
Libussa warf Premysl einen entschuldigenden Blick zu. Er seufzte. Sie fragte
sich, wie oft er sich wohl schon heimlich gewünscht hatte, ein gewöhnliches
Bauernmädchen geheiratet zu haben.
     
„Nun gut, ich werde nach ihm sehen“, erklärte sie Premysl und versprach,
baldmöglichst zurückzukommen. Allmählich machte die Selbstherrlichkeit dieses
Händlers sie ernsthaft wütend. Nachdem sie ihren Kopfputz übergezogen hatte, um
ihr zerzaustes Haar zu verbergen, wickelte sie sich in eine Wolldecke und stieg
die Stufen zum großen Saal hinab. In dem verlassenen Raum wirkte Muhammads
Gestalt weniger imposant. Eine Fackel erhellte sein Gesicht, von dem das
Lächeln endgültig verschwunden war.
     
„Zwei meiner Sklaven sind geflohen, während der Markt stattfand. Eine Frau und
ein Knabe. Sie können nicht weit gekommen sein“, verkündete er, noch bevor
Libussa ihn begrüßen konnte.
     
„Das ist sehr bedauerlich. Ich schlage vor, du suchst sie morgen vor deiner
Abreise“, erwiderte Libussa und wandte sich um, verärgert, deshalb aus ihrer
Kammer gerufen worden zu sein. Muhammads aufgebrachte Stimme hinderte sie am
Gehen. „Ich brauche dabei die Hilfe deiner Leute, edle Frau. Schicke sie jetzt
gleich los. Der Wald muss durchsucht werden, ebenso wie alle Bauernhütten. Je
länger wir warten, desto aussichtsloser wird die Jagd.“
     
Libussa dachte, dass gewöhnlich nur wilde Tiere gejagt wurden. Auf einmal
flammte Zorn in ihr hoch und besiegte jede Vorsicht. „Ich sagte bereits, dass
bei uns nicht mit Menschen gehandelt wird. Deshalb kann ich dir keine Leute für
die Suche zur Verfügung stellen. Fange deine Sklaven selbst ein und nimm sie
wieder mit. Falls es dir nicht gelingen sollte, so versichere ich dir mein
Bedauern. Ich verbitte mir allerdings, dass du meine Bauern belästigst, indem
du ihre Hütten durchwühlen lässt. Ich will mich nicht in die Sitten deines
Volkes mischen, Muhammad Ibn Said, doch bitte achte auch die unseren.“
     
Sie hörte ihn lachen. Spöttisch, doch auch voller Zorn. „Deine Sitten werden
bald der Vergangenheit angehören, Weib. Dann flehe zu deinen Götzen, dass sie
dir einen Mann zur Seite stellen, der dich beschützen kann.“
     
Libussa lehnte sich an die Wand und zwang sich ruhig zu atmen, bis der Drang,
dem Fremden sein hochmütiges Gesicht zu zerkratzen, nachließ. Muhammad verließ
schweigend den Saal. Sie hatte sich alle Mühe gegeben, ihn nicht zu verärgern,
doch nun war es nicht zu verhindern gewesen. Von einer unklaren Sorge erfüllt
schlich sie wieder in ihre Kammer, erleichtert, Premysl noch wach aufzufinden.
Sie drängte sich an ihn, suchte Zuflucht in seiner Umarmung, die ihr stets das
Gefühl von Sicherheit gab.
     
„Was ist vorgefallen? Du scheinst völlig aufgelöst“, fragte er besorgt. Libussa
erzählte von den entlaufenen Sklaven und ihrer Weigerung, den Händler bei
seiner Suche zu unterstützen.
     
„Ich glaube, jetzt habe ich ihn wirklich wütend gemacht, und er wird nie wieder
hierher kommen. Auch anderen Händlern, die er unterwegs trifft, wird er
abraten, in Praha Halt zu machen“, sprach sie ihre erste Sorge aus und fühlte,
wie der Druck von Premysls Armen sich verstärkte.
     
„Du hast dich richtig verhalten, Libussa. Ich glaube nicht, dass dein Onkel dem
Händler bei seiner Menschenjagd geholfen hätte. Nicht, wenn er der Mann ist,
den ich mit der Zeit zu achten gelernt habe.“ Seine Worte ließen sie
erleichtert aufatmen. „Mach dir keine Sorgen“, fuhr Premysl fort, während er
ihr Haar von dem Kopfputz befreite. „Es gibt genug Händler auf dieser Welt.
Andere werden kommen.“
     
Libussa öffnete die Schnürung ihres Gewands und zog es über den Kopf. Dann
schmiegte sie sich so eng wie möglich an ihren Gefährten und dankte den Göttern
für seine Gegenwart. Sie schloss die Augen und versuchte, ihre ganze
Aufmerksamkeit auf die warme, kratzige Berührung seiner Hände zu lenken.
Allmählich verdrängte ihr Verlangen alles Unbehagen, das seit dem letzten
Gespräch mit Muhammad

Weitere Kostenlose Bücher