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Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Titel: Die träumende Welt 01 - Der Traumstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
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verwerfen. Sie hörte, wie jemand neben sie trat und drehte sich um. Mallorys Augen glänzten, als sie die Berge im Süden betrachtete.
    »Hörst du es auch?« fragte Gemma erstaunt.
    »Ja«, erwiderte Mallory. »Dorthin müssen wir gehen.«
    Gemma war entzückt, eine Seelenverwandte gefunden zu haben. Solange der Gesang sie umspülte, waren Worte überflüssig. Nur ihr unbewusster Überlebenswille hinderte sie daran, augenblicklich aufzubrechen. Dann, plötzlich, hörte der Gesang auf.
    »Nein!« Der Schmerz über diesen Verlust war Mallory deutlich anzumerken.
    Gemma zitterte. Ardens Stimme, der sie von der Tür aus rief, war eine lästige Störung.
    »Was macht ihr zwei da draußen?«
    Die beiden Frauen sahen sich schuldbewusst an.
    »Wir unterhalten uns bloß«, rief Gemma zurück.
    »Bleibt aber nicht zu lange draußen«, erwiderte Arden. »Es wird bald zu kühl.« Er ging wieder hinein, und die beiden ließen noch einmal den Blick über den inzwischen schweigenden Süden schweifen.
    »Hast du es vorher schon einmal gehört?« fragte Mallory leise.
    »Ja, oft«, antwortete Gemma. »Es nimmt die unterschiedlichsten Formen an, doch der Ruf war der Grund, warum ich überhaupt mein Zuhause verlassen habe. Hier ist er allerdings stärker als je zuvor.«
    »Aus so großer Entfernung hast du ihn gehört?« fragte Mallory fassungslos. »Was kann das bloß bedeuten?«
    »Wenn ich das wüsste.«
    »Wie hast du das nur die ganze Zeit ausgehalten?« Mallory sah ihre Begleiterin an. »Ich wäre am liebsten sofort in die Berge marschiert.«
    »Aber du hast es nicht getan«, erwiderte Gemma. »Man kann es also besiegen.«
    »Aber letzten Endes lässt es sich nicht ignorieren.« Mallorys Feststellung klang zuversichtlich, und doch schwang ein wenig Furcht mit.
    »Hast du das nie zuvor gespürt?« fragte Gemma. Mallory schüttelte den Kopf.
    »Nie. So etwas hätte ich nicht vergessen! Wie oft kommt es vor?«
    »Ich glaube nicht, dass es einem bestimmten Muster folgt«, antwortete Gemma.
    »Kann Arden es hören?«
    »Nein.« Aber dann dachte Gemma darüber nach. Wirklich nicht? Sie musste an ein früheres Erlebnis denken. »Das ist nur ein Trick, Gemma«, hatte Arden gesagt. »Wenn du diesem Geräusch folgst, wirst du sterben.« Sollte das bedeuten, dass er das Geräusch tatsächlich gehört hatte, es jedoch für etwas anderes hielt? Wie konnte jemand es hören und dem Ruf nicht folgen? Sich ihm völlig zu widersetzen, musste die Kraft jedes Menschen übersteigen.
    »Worüber denkst du nach?« fragte Mallory.
    »Als ich zum erstenmal davon sprach, meinte er, ich sei verrückt«, erzählte Gemma. »Aber vielleicht -«
    Ardens Stimme unterbrach sie, diesmal klang sie lauter und ziemlich verärgert.
    »Kommt ihr jetzt endlich rein, oder muss ich euch holen kommen?« rief er.
    »Wir sollten reingehen«, flüsterte Gemma. Sie gingen zurück zur Hütte. Arden wartete auf sie, musterte sie argwöhnisch, folgte ihnen nach drinnen. Mallory trat sofort an Kragens Bett und erklärte ihm, dass sie bei Gemma und Arden bleiben wollte.

36 . KAPITEL
    Sie verließen Braith am nächsten Morgen und trennten sich, als sie wieder auf ihrer ursprünglichen Route waren. Ashlin war der fitteste von denen, die ins Dorf zurückkehrten und hielt ein Seil, das an den Zügeln der anderen beiden Pferde befestigt war. Schon beim Gedanken, nach Hause zurückzukehren, hatte sich der Zustand von Horan und Kragen gebessert. Ihre Stimmung war gestiegen, trotzdem dachten sie nicht daran, ihre Meinung zu ändern, und Mallorys Entschluss wurde mit erstaunlichem Gleichmut akzeptiert. Kragen sah, dass sie gesund und fest entschlossen war. Er verabschiedete sich herzlich von ihr und war glücklich, wieder nach Norden zu reiten.
    Die anderen ritten nach Süden, dem schwer auszumachenden Fluss folgend, und obwohl Mallory sich immer wieder umdrehte und ihrem Mann nachsah, solange er in Sicht blieb, bestand kein Zweifel an ihrem Entschluss.
    Das Gelände wurde immer schroffer, aber zumindest gab es hier Wasser und daher auch Laub sowie ausgedehnte Waldgebiete. Über ihnen zogen ein paar Wolken, im Süden jedoch wesentlich mehr. In großer Entfernung befanden sich riesige schneebedeckte Berge - etwas, das Mallory noch nie gesehen hatte.
    »Es ist wunderschön«, meinte sie leise zu Gemma. Sie dachten beide dasselbe: Kommt der Gesang vielleicht von dort? Zum erstenmal seit ihrem Eintreffen auf dem Südkontinent spürte Gemma eine stechende Kälte während der Tagesstunden.

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