Die träumende Welt 01 - Der Traumstein
Nachts teilten sie sich ein Zelt und drängten sich beim Schlafen zusammen, um sich zu wärmen.
Die Route, der zu folgen sie gezwungen waren, behinderte ihr Fortkommen zusätzlich. Es war nicht länger möglich, dem Flusslauf zu folgen - sie hätten manchmal über Felsbrocken reiten müssen, was für die Pferde eine sichere Katastrophe bedeutet hätte. Gelegentlich wurden sie zu großen Umwegen gezwungen, um einen steilen Anstieg zu umgehen, manchmal verirrten sie sich und musste umkehren. Verschiedene Male verloren sie den Fluss für Stunden aus den Augen, doch immer gelang es ihnen auf ihrem beschwerlichen Weg zur Quelle, ihn wiederzufinden.
Es ging frustrierend langsam voran. Dass sie nach einer Weile jagen mussten, um ihren Proviant aufzufüllen, machte es noch schlimmer. Wasser war inzwischen kein Problem mehr. Mallory aber brachte es nicht über sich, das Wild zu essen, das Arden geschossen hatte, die Folge war, dass sie sich von einer kargen Diät aus Wurzeln, Beeren und Blättern ernährte. Ihr Gesicht wurde hager, und oft zitterte sie. Nachts lag sie zwischen Gemma und Arden und ließ sich von ihrer Körperwärme trösten. Trotz ihrer Schwäche wurde sie im Gegensatz zu den anderen Bewohnern des Tals nicht krank.
Zwölf Tage nachdem sie Braith verlassen hatten, stießen sie auf den Anblick, den sie gefürchtet hatten. Der Fluss verlief durch ein kurzes, schmales Tal, das sie vom unteren Ende her betreten hatten. In der Ferne stieg das Gelände in einem geröllbedeckten Hang an, der in einen Berggipfel überging. Es gab keinen Hinweis darauf, wo der Fluss in das Tal eintrat. Beim Weiterreiten wurde ihnen mit schrecklicher Gewissheit klar, was sie erwartete.
Seit vielen Meilen war tief unten im Flussbett ein Bach dahingeplätschert, und als die Reiter das untere Ende der Geröllhalde erreichten, bestätigten sich ihre schlimmsten Befürchtungen.
Das Wasser sprudelte am Fuße des Berges wie aus einer Quelle zwischen Felsbrocken hervor. Dahinter floss der Bach unterirdisch, so dass sie ihm unmöglich folgen konnten.
Eine Untersuchung förderte mehrere kleine Höhlen ans Licht, in die Arden ein paar Schritte weit hineinkroch. Wei ter hineinzurobben hatte jedoch keinen Sinn. Entmutigt schlugen sie ihr Lager auf, obwohl es erst kurz nach Mittag war. Gemma zündete ein Feuer an, während Arden und Mallory ihren Proviant auffüllten, so gut es ging.
Später am Nachmittag saßen sie alle um das Lagerfeuer herum und drückten sich um die erforderliche Diskussion. Schließlich meinte Arden: »Wir haben gewusst, dass dies irgendwann passieren würde, und wahrscheinlich wird es wieder passieren. Seit Braith sind wir keinem anderen menschlichen Wesen mehr begegnet - die Entscheidung liegt also bei uns.«
»Umkehren hat keinen Sinn. Wir könnten höchstens die anderen Seiten dieser Grate ausprobieren«, meinte Mallory und zeigte auf die Hügel im Osten und im Westen.
»Und dort hinauf können wir nicht.« Gemma zeigte mit dem Kopf auf den Berg, der ihnen den Weg versperrte. »Selbst wenn es Sinn hätte. Der Fluss befindet sich im Berg.«
»Also bleibt uns nichts anderes übrig, als zu raten«, schloss Arden. »Welche Seite sollen wir nehmen?«
»Für die Pferde wird keine Seite einfach sein«, bemerkte Gemma mit Blick auf die steilen Hänge.
»Es könnte Tage dauern, bevor wir merken, dass wir den falschen Weg genommen haben. Wir müssten umkehren.« Frust und Wut war seiner Stimme anzumerken.
»Haben wir eine Wahl?« fragte Gemma.
»Wir könnten uns trennen«, schlug Mallory vor. »Wir könnten uns meilenweit gegenseitig im Auge behalten und ein Zeichen ausmachen, für den, der den Fluss als erster findet.
Arden schüttelte den Kopf. »Zu riskant«, meinte er. »Außerdem müssten wir vielleicht dieses Ding halb umgehen« - er zeigte auf den Berg, als hätte man ihn nur dahingestellt, um ihn zu ärgern - »bevor wir den Fluss erreichen, und dann können wir uns auf keinen Fall mehr sehen.«
»Wir bleiben zusammen«, beschloss Gemma entschieden.
»Welche Seite sollen wir also nehmen?« fragte Mallory. »Osten oder Westen?«
»Westen«, entschied Gemma. »Auf diese Weise haben wir frühmorgens Sonne.«
Nach diesem Entschluss versorgten sie ihre Pferde, sammelten zusätzliches Holz für das Feuer und versuchten, die beste Strecke ausfindig zu machen.
In dieser Nacht fing Mallory im Schlaf an zu husten und warf sich unruhig hin und her. Gemma streckte die Hand aus und streichelte ihrer Freundin sacht über
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