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Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Titel: Die träumende Welt 01 - Der Traumstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
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verstümmelten Leichen, die zurückblieben, Grund genug, allen Reisen mit äußersten Vorsicht zu begegnen. Zudem hatte die Zahl der Himmelsraben in letzter Zeit zugenommen. Zwar hatten die Dorfbewohner, abgesehen von dem Lärm, keinen Schaden davongetragen, trotzdem begegneten sie den metallenen Vögeln mit Angst und Ehrfurcht. Arden erzählte seinen Begleitern, was er in Erfahrung gebracht hatte.
    »Graue Vandalen! Hier!« Gemma war bestürzt.
    Arden nickte. »Wir werden vorsichtig sein müssen«, meinte er. »Wir wollen nicht, dass man unser Ziel missversteht.« Er sah, wie Gemma mit unangenehmen Erinnerungen kämpfte.
    Arden bot sich den Dorfältesten als Kontaktperson an, schließlich kannte er sich besser als seine Begleiter mit dem Leben in den Bergen aus, Gemma und Mallory dagegen fanden unter den Kindern ihre Freunde. Sie ließen sich von ihnen bei der Pferdepflege und der Essenszubereitung helfen. Besonders letzteres war für die Kleinen von Interesse, denn sie lernten, dass ihre Besucher kein Fleisch aßen - ein Gedanke, der ihnen ziemlich seltsam vorkam. Die Dorfbewohner stellten so viel Proviant zur Verfügung, wie sie erübrigen konnten und es die Gesetze der Gastfreundschaft verlangten, Arden bestand jedoch darauf, dass sie es sich bezahlen ließen. Die wenigen Münzen, die sie mitgebracht hatten, wurden dankbar angenommen, da Braith recht regelmäßigen Kontakt zur Außenwelt unterhielt.
    Bei der Lage des Flusses konnte keiner der Dorfbewohner helfen. Sie wussten gerade mal, dass er durch das Obertal floss, von seinem Oberlauf dagegen hatten sie keine Ahnung.
    Dringendere Sorge bereitete jedoch der Zustand von Horan und Kragen. Beide hatten mittlerweile Fieber und waren sehr schwach, und keines der Mittel, das ihre Begleiter oder die Wahrsagerinnen aus dem Dorf ausprobiert hatten, zeigte irgendeine Wirkung. Schlimme Träume quälten sie im Schlaf und Schmerzen in den wachen Stunden. Nach zwei Tagen in Braith wurde offenkundig, dass keiner von ihnen weiterreiten konnte. Das Tal strafte sie dafür, dass sie es verlassen hatten. Selbst Ashlin, der bis dahin relativ fit gewesen war, beschwerte sich mittlerweile über Schmerzen in der Brust und musste eingestehen, dass es ihn unkontrollierbar zurück nach Hause zog.
    Das brachte die anderen in Verlegenheit. Arden bestand darauf, notfalls alleine weiterzureiten, obwohl ihn das Leiden seiner Freunde bestürzte und er gerne die Zeit gehabt hätte, sie sicher nach Hause zu bringen. Auch Gemma war hin und hergerissen, doch in ihrem Herzen wusste sie, dass sie mit Arden reiten würde. Mallory fiel die Entscheidung am schwersten. Die Vorstellung, umzukehren, war ihr zuwider, andererseits waren ihr Mann und ihr Bruder krank und brauchten sie. Sie sah ein, dass sie ins Tal zurückkehren mussten. Mehrere Stunden verbrachte sie gedankenverloren an ihren Betten, doch als ihre Entscheidung schließlich feststand, hatten Kräfte sie bewirkt, die über ihr Begreifen hinausgingen.
    Es begann mit der Dämmerung. Gemma hörte die Himmelsraben als erste. Kurz darauf jedoch hörten auch die anderen das Geräusch, als die gigantischen Metallvögel über das Tal dahinzogen. Alle waren erleichtert, als der Lärm endlich nachließ.
    »Sie sind weg«, meinte Arden leise.
    Doch dann vernahm Gemma ein anderes Geräusch, eines, das lange unterdrückte, in der letzten Zeit vergessene Gefühle in ihr wachrief. Der Süden rief sie wieder - mit einem Sirenengesang außerhalb des Hörbereiches der meisten Menschen. Sie stand auf und bewegte sich wie in Trance.
    »Wo willst du hin?« fragte Arden, ohne aufzusehen.
    »Nach draußen.«
    Gemma verließ die Hütte und blickte in den dunkler werdenden Himmel. Die Himmelsraben waren längst abgezogen, der Gesang jedoch blieb, zog sie weiter, machte jeden vernünftigen Gedanken unmöglich. Wieso verschwende ich hier meine Zeit? fragte sie sich gequält. Ich sollte nach Süden gehen. Wo meine Bestimmung liegt. Sie drehte sich um und betrachtete die hoch auf ragenden Berge, die ihr den Weg versperrten, doch sie wusste, dass sie jedes Hindernis überwinden konnte. Dort, an der Quelle des Gesangs, würden sicher all ihre Sehnsüchte befriedigt werden - und das war jede Mühe wert.
    Das Wort >Quelle< ließ sie nicht mehr los. Vielleicht sind die Quelle des Gesangs und die Quelle des Flusses ein und dieselbe - sie liegen beide im Süden -, und alles ist miteinander verbunden. In ihrem hypnotisierten Zustand erschien ihr die Theorie zu schön, um sie zu

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