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Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Die träumende Welt 01 - Der Traumstein

Titel: Die träumende Welt 01 - Der Traumstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
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sich geschämt.
    Zu gerne hätte Gemma mit Arden über ihre Erlebnisse gesprochen, doch er ging bestimmt davon aus, dass sie im Gasthaus blieb, und wäre mit Sicherheit verärgert, wenn sie ihm etwas anderes erzählte.
    Als sie schon annahm, Newport könnte sie nicht mehr überraschen oder anwidern, entdeckte sie zufällig noch einen anderen Aspekt der Stadt. Eine Entdeckung, die sie fast das Leben gekostet hätte.
    Sie waren seit zehn Tagen in der Stadt. Arden wirkte zunehmend erschöpft, und doch spürte Gemma seine brodelnde Erregung, als er sie an jenem Morgen verließ. Vielleicht heute, dachte sie, als die Tür sich schloss. Ich könnte ihm nachgehen. Ein paar Augenblicke lang kämpfte Abenteuerlust mit gesundem Menschenverstand, doch nachdem sie der Gedanke einmal gepackt hatte, ließ er sie nicht mehr los. Sie eilte die Treppe hinunter und hinaus auf die Straße - und dachte dabei an die Kinderspiele in den Schlössern, die in einem anderen Leben einmal ihr Zuhause gewesen waren.
    Arden bog gerade in eine Seitenstraße ein. Schnellen Schrittes ging sie ihm nach. Zum Glück waren bereits Menschen unterwegs. Sie linste um eine Ecke, sah seinen zielstrebigen Gang und folgte in sicherem Abstand. Sie konzentrierte sich so sehr auf ihr Opfer, dass sie mit mehreren Leuten zusammenstieß, sich flüchtig entschuldigte und dafür viele erboste und verwirrte Blicke erntete.
    Alles ging gut, solange Arden auf den Hauptstraßen blieb. Doch kurz darauf bog er in ein Viertel ab, das Gemma nicht vertraut war - ein Irrgarten aus winzigen Straßen und Gassen. Sic konnte ihn unmöglich auf seinem verschlungenen Weg die ganze Zeit im Blick behalten, also musste sie näher ran und bei jeder Abzweigung Vorsicht walten lassen. Arden führte sie tiefer und tiefer in das Labyrinth. Manchmal glaubte sie schon, ihn ganz verloren zu haben.
    Schließlich geschah, was geschehen musste. Gemma blickte in eine Gasse, in der sie Arden vermutete - doch sie war leer, eine Sackgasse. Trotz hektischer Suche in den umliegenden Gassen fand sie ihn nicht, und erst jetzt wurde Gemma das Ausmaß, ihrer misslichen Lage bewusst. Sie hatte sich schlicht verlaufen. Das alleine war schon entsetzlich genug. Doch erst Ardens Verschwinden hatte ihr den Blick für ihre Umgebung geöffnet, und sie entdeckte andere beunruhigende Fakten. Es war kein Mensch in der Nähe, tatsächlich hatte sie niemanden gesehen, seit sie Arden aus den Augen verloren hatte. Die ungewohnte Stille wirkte bedrohlich. Die Gassen waren unglaublich schmal, manche von ihnen so eng, dass man sich zur Seite drehen musste, um aneinander vorbeizukommen. Die zweistöckigen Gebäude bedrängten sie, schienen sich nach innen zu neigen, den Himmel zu verdunkeln. Viele besaßen im Erdgeschoß keine Fenster, was ihnen etwas Trostloses, Unmenschliches verlieh. Und doch waren die Gassen erstaunlich sauber, ganz anders als in den anderen Vierteln, die sie gesehen hatte. Nicht einmal im reichsten Viertel war es so makellos sauber gewesen. Es war, als hätten sämtliche Einwohner diesen Teil der Stadt verlassen - wodurch sie unverfälscht wirkte, aber tot.
    Gemmas Herz schlug schneller.
    Stell dich nicht an, befahl sie sich. Denk nach!
    Sie versuchte, denselben Weg zurückzugehen, langsam, sich jede Abzweigung einprägend, für den Fall, dass sie umkehren musste. Es dauerte jedoch nicht lange, und all die unpersönlichen Gassen sahen gleich aus, so dass sie die Hoffnung aufgab, wirklich voranzukommen. Wieder endete eine Gasse vor einer geschlossenen Wand. Sie drehte sich um und stellte erschrocken fest, dass drei schweigende Männer ihr den Weg versperrten. Der kleinste von ihnen, der in der Mitte, war ganz in Weiß gekleidet. Gemma sah sofort, dass der Stoff seines Gewandes teuer war und weich. Seine Hände und das Gesicht waren sehr blass, doch das auffallenste waren seine Augen. Sie lagen hinter zwei kreisrunden Gläsern in einem Metallrahmen verborgen, wodurch seine blassblauen Augen doppelt so groß erschienen wie normal. Er starrte Gemma eulengleich und mit sichtlicher Neugier an.
    Die beiden großen Männer rechts und links von ihm wirkten derb und bunt im Vergleich. Sie standen mit verschränkten Armen da, die Beine leicht gespreizt, so als warteten sie auf Anweisungen.
    Der Blasse sprach. Seine Stimme klang ölig.
    »Dies ist Privatbesitz. Darf ich fragen, was Sie hier zu suchen haben?«
    »Entschuldigen Sie ...«, stammelte Gemma. »Ich habe mich verlaufen.«
    Einer der großen Männer

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