Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich
Raum.«
»Daher weißt du also, dass die Revolution gelingen könnte», stellte Mallory fest. »Sie ist also nicht aussichtslos.«
»In dieser Bibliothek würde ich auch gerne etwas herumstöbern«, sagte Hewe leise. »Ich frage mich ... könntest du sie wiederfinden?«
»Wenn es so bestimmt ist, dann werden wir sie wiederfinden«, erklärte Gemma. Sie klang so sicher, dass niemand an ihren Worten zweifelte.
»Wir werden dafür sorgen, dass es sich herumspricht«, sagte Dale, »aber vielleicht ist es nicht ganz so einfach.«
Hewe dachte ein paar Augenblicke nach, dann fuhr er mit seiner Geschichte fort.
»Es sah ziemlich schlimm aus, und die Macht des neuen Oberlords nahm ständig zu. Die Gilde hätte alles für ihn getan - und ihr wisst, wie skrupellos sie sein kann. Bei aller Rivalität und Korruption im großen Stil, die sie entzweite, sie war noch immer ein ernstzunehmender Gegner. Und jetzt, wo sie wieder als Einheit handelt, ist sie noch gefährlicher geworden.«
»Erzähl ihr von dem neuen Palast«, warf Dale ein.
»Das wollte ich gerade tun.« Hewe hielt inne. »Es dauerte nicht lange, und man begann mit der Errichtung eines neuen Gebäudes auf dem Gelände des zerstörten Palastes. Die Soldaten trieben Hunderte von Handwerkern zusammen - Steinmetze, Schmiede, Holzarbeiter ebenso wie gewöhnliche Arbeiter. Man ließ ihnen keine Wahl. Wer sich weigerte, wurde alsbald überzeugt. Auf ganz subtile Weise, wie zum Beispiel durch die Ermordung eines seiner Kinder. Und wer erst einmal mit der Arbeit angefangen hatte, den sah man nie wieder. Das gesamte Gelände ist abgesperrt.
»Wir konnten nicht erkennen, was sie dort tun, aber nach der Masse an Betroffenen zu urteilen, die man dorthin schafft, dürfte er gewaltig werden.«
»Es kursieren natürlich alle möglichen Gerüchte«, meinte Dale. »Eins besagt, dass der Mittelturm einhundert Stockwerke hoch werden soll.«
»Das ist unmöglich!« rief Gemma. Selbst der höchste Turm auf ihrer Heimatinsel maß bestenfalls ein Viertel dieser Höhe - und der war mit Hilfe von Zauberei aus alten Zeiten erbaut worden.
»Kann sein«, meinte Hewe. »Wie auch immer, das ist alles nur vom Hörensagen bekannt. Wichtiger jedoch ist, es ist mehr als nur ein Gebäude. Aus dem Innern des Geländes dringen alle möglichen seltsamen Geräusche und Schwingungen, und man berichtet von seltsamen, unglaublich hel len Lichtern, von Geistern und anderen wundersamen Dingen.«
»Was wirklich geschieht, weiß niemand, aber wer noch einen Funken Verstand besitzt, hat Angst davor«, sagte Dale bitter. »Die Gilde ist natürlich begeistert und behauptet, es sei ein Geschäft für die Stadt und dergleichen Unsinn. Der eigentliche Grund ist selbstverständlich der, dass sie jede Menge Geld mit den Materialien verdient und sich die besten Arbeiten der Künstler selbst unter den Nagel reißt.«
»Irgendwann werden sie ihren Fehler einsehen, aber dann wird es zu spät sein«, sagte Hewe. »Sobald ihre Nützlichkeit sich erschöpft hat ...« Er zuckte vielsagend mit den Achseln.
»Aber wo komme ich ins Spiel?« fragte Gemma. »Wieso sucht die Gilde nach mir?«
»Weil der neue Oberlord ein paar Tage nach seiner Machtergreifung eine Liste von Leuten herausgegeben hat, die wegen einer >Befragung< gesucht werden. Die meisten auf dieser Liste sind irgendwelche Irre - Propheten und dergleichen -, aber alle haben sie ein gewisses Interesse an Magie oder an den Elementalen: begeisterte Anhänger der blauen Flammen, selbsternannte Zauberer und dergleichen mehr. Eine ganze Reihe von ihnen hat sich freiwillig gemeldet, man hat sie nie wieder gesehen. Ein paar der Namen jedoch sind offenkundig politisch. Ganz oben auf der Liste standen sechs Personen, für deren Ergreifung eine riesige Belohnung ausgesetzt ist.«
»Einer von ihnen war Jordan. Du warst auch dabei.«
Gemma fröstelte. Die Wichtigkeit, die man ihrer Ergreifung offensichtlich beimaß, machte ihr Angst. Ihr wurde schwindelig.
»Und warum?« hauchte sie.
»Du hast einen gewissen Ruf, musst du wissen«, erklärte Hewe gleichmütig, »und offenkundig interessieren sie sich für Magie.«
»Einige aus der Gilde haben ein gutes Gedächtnis«, fügte Dale hinzu. »Besonders die, die bei deinem Feuer verletzt wurden. Aber mehr als alles andere haben deine Bemühungen den Handel für einige Zeit unterbunden - und das ist in ihren Augen ein unverzeihlicher Fehler.«
»Ich habe immer schon gesagt, Brandstiftung führt zu nichts«, bemerkte
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