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Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos

Titel: Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Wylie
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allen Dingen, die den senkrecht stehenden Stein betrafen, fragen konnten. An diesem Tag jedoch gehorchten sie ihrem Instinkt und waren auf seine telepathischen Botschaften fast gar nicht angewiesen. Nichtsdestotrotz sprang er wichtigtuerisch inmitten seines Clans umher, sorgte dafür, dass sie alle im gleichen Abstand standen und dass die jüngsten unter ihnen diesem Anlass den nötigen Respekt entgegenbrachten. Endlich war er zufrieden, sprang zu dem ihm zugedachten Platz hinüber und schloss damit den Kreis. Dann richtete er sich auf seinen Hinterbeinen auf, reckte den Kopf in die Höhe und ließ die langen Krallen seiner Vorderpfoten herabhängen. Nach einem letzten Blick auf die Versammlung, mit dem er sich vergewisserte, dass alles bereit war, richtete Od seine spitze Schnauze und die hellen, schwarzumrandeten Augen auf den Gott-Himmel-Feuer-Stein. Er spürte die Glut der Verantwortung und war plötzlich stolz auf seinen Clan. Er hatte befürchtet, durch ihre verminderte Zahl könnte ihre Aufgabe schwierig und für den Stein unzufriedenstellend ausfallen, doch jetzt waren alle Zweifel verschwunden.
    Wir singen.
    Als der Clan auf seine stumme Ankündigung reagierte, spürte jeder einzelne von ihnen, wie die Musik seine kleine Brust erfüllte. Selbst die Babys, die zu klein waren, um das Lied schon einmal gehört zu haben, fielen ein, angeleitet von ihren Eltern und ihren eigenen Empfindungen.
    Ihre hohen Stimmen erhoben sich schrill in die ruhige Wüstenluft. Jeder einzelne von ihnen kannte seinen Part im Krallen-Zyklus - fünf ineinander verflochtene Tonfolgen, verwoben zu einem vielschichtigen, dissonanten Gebilde -, und jeder einzelne erfüllte mit seinem Gesang sein Versprechen an den Gott im Innern des Steins, wie es die Tradition verlangte. Dieses Jahr jedoch sangen sie auch für die Clanmitglieder, die nicht mehr bei ihnen waren - die Wanderer. Der Steinclan war entschlossen, sich des Vertrauens ihrer Gefährten würdig zu erweisen. Die Musik erschallte noch immer, während die Sonne am Osthimmel aufging.
    Allein Gemma hatte bereits einmal gehört, wie die Meyrkats den Stein ansangen. Für die meisten Menschen hätte ihre Musik derb und unangenehm geklungen, Welten entfernt von den gängigen Vorstellungen musikalischen Wohlklangs. Und doch besaß ihre verschrobene Dissonanz eine unleugbare gefühlsmäßige Kraft, und während die einzelnen Worte für menschliche Ohren unverständlich blieben, erhob sich ihre Botschaft und stand in der Luft.
    Bitte meinen Bruder, sich zu rühren Denn das Jahr ist um Dann, eher als sie es erwartet hatten, begann der Monolith sich zu bewegen, und die Stimmen der Meyrkats wurden lauter und frohlockten bei diesem Anblick.
    Langsam, geräuschlos neigte sich der Schaukelstein, bis er schließlich mit einem kaum hörbaren Klicken in einer anderen Position zur Ruhe kam. Ihr Werk war getan, und die Meyrkats lösten den Kreis auf, heulten vor Freude und sprangen mit steifen Beinen in die Luft. Lediglich Od verharrte ruhig, und seine Augen leuchteten vor Zufriedenheit über ihre Leistung; er fragte sich aber, welchen Effekt sie auf die Welt außerhalb ihres Gebietes haben würde, auf Gemma und die Wanderer - wo immer sie waren.
    Während der Steinclan feierte, ertönte ein vertraute tiefes Rumpeln im Fels unter ihren Füßen.
    Weit entfernt im Süden veränderte ein anderer Schaukelstein als Antwort auf das unterirdische, aus Magie geborene Signal seine Stellung. Doch Od hätte darin keine Folge des Gesangs seines Clans gesehen. Der Schaukelstein hier hatte die Größe eines Berges, und die gewaltige Masse bewegte sich mit einem grauenhaft schwerfälligen Knirschen. Der Effekt glich dem eines kleinen, örtlich begrenzten Erdbebens. Der Boden bebte meilenweit im Umkreis und verursachte zahlreiche kleinere Steinschläge. Eine besondere Folge der Veränderung bestand jedoch darin, dass sie den Lauf des Flusses änderte, der gleich südlich des Berges in ein tiefes Becken stürzte. Wo zuvor die Wasser ein Tal westlich des Berges hinuntergerauscht waren, ergossen sie sich jetzt in eine frisch geöffnete Schlucht östlich von ihm. Drei Tage später würden die Bewohner des Tals des Wissens bemerken, dass der Wasserstand ihres Flusses dramatisch gefallen war. Noch ein paar Tage später, und das Flussbett wäre völlig trocken. Diese neue und ersehnte Dürre würde neue Hoffnungen wecken, dass die Krankheit, die sie befallen hatte, zurückging. Der Fluss trug seine tödliche Fracht an einen

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