Die träumende Welt 03 - Das Zeitalter des Chaos
anderen Ort.
Als das Beben aufhörte, war D'vors Kontrolltrupp geteilt worden. Der Lärm und die Erschütterung waren ungeheuerlich gewesen, und in den Höhlen und Tunnels ringsum hatte es mehrere kleine Steinschläge gegeben. Hinter einem davon waren C'lin und V'dal gefangen.
J'vina reagierte als erste, rief nach ihren verschwundenen Kollegen und kletterte stolpernd auf der Suche nach einem Durchgang über die frisch herabgefallenen Gesteinsbrocken.
»Sei vorsichtig!« warnte D'vor sie. »Das Gestein hat sich« noch nicht wieder stabilisiert.«
»Und zerreiß die Seidenfischbandagen nicht«, fügte C'lin, ganz Heilerin, hinzu. »Die Verschmutzung ist hier so stark, dass selbst ein kurzes Entblößen sehr gefährlich sein könnte.«
J'vina ignorierte sie beide und stolperte weiter, dicht gefolgt von den Meyrkats. Die Wanderer hielten sich jetzt bereits einige Monate in dem ausgedehnten unterirdischen Reich auf, das bei den Überirdischen unter dem Namen Lichtloses Königreich bekannt war. Irgendein sechster Sinn hatte sie zu J'vina, ihrer kriegerischen Freundin, geführt, die sie in Great Newport kennengelemt hatten. Seit ihrer Ankunft war die besondere Verbindung zwischen dem Clan und der Soldatin gewachsen, und mittlerweile reagierten sie instinktiv auf die Wünsche des anderen. Mit ihr teilten sie nicht, wie mit Gemma, die Gedankenübertragung, aber dies war fast ebenso gut.
»V'dal! C'lin! Könnt ihr mich hören? Alles in Ordnung bei euch?« J'vinas Bemühungen wurden mit einer Reaktion belohnt.
»Wir sind unverletzt!« erwiderte V'dal mit durch den dazwischenliegenden Fels gedämpfter Stimme.
Die anderen Mitglieder des Kontrolltrupps atmeten gemeinsam erleichtert auf.
»Kommen wir bis zu euch durch?« rief D'vor und manövrierte sich vorsichtig an J'vinas Seite.
»Nein. Da sind ein paar dicke Brocken Geröll, und die Zwischenräume sind zu eng, um durchzukommen - selbst für die Meyrkats.«
»Kann man es umgehen?«
»Ja. Es sei denn, sämtliche anderen Tunnel sind ebenfalls blockiert.« V'dal, der Führer der Gruppe, klang zuversichtlich. »Aber möglicherweise müssen wir ein ganzes Stück zurück, es könnte also ein Weilchen dauern. Was wollt ihr machen?«
»Wir bleiben hier«, entschied D'vor, »dann könnt ihr uns finden.«
»In Ordnung. Bis später.« C'lin klang munter, so als mache ihm das Abenteuer Spaß.
»Seid vorsichtig!« warnte C'tis die beiden.
»Können wir irgendetwas tun, damit ihr uns besser findet?« wollte J'vina wissen.
»Zündet ein Feuer an«, gab V'dal zurück. »Und stoßt in regelmäßigen Abständen einen Schrei aus.«
»Bei deiner lieblichen Stimme müsste das gleichzeitig auch als Warnung vor irgendwelchen widerlichen Biestern dienen, die in der Nähe lauem«, fügte C'lin hinzu.
»Pass auf, dass der Witzbold sich nichts tut«, feuerte J'vina zurück. »Wir brauchen seine Muskelkraft noch, als Gegenstück für unseren Verstand.«
»Ich werde mein Bestes hm«, versprach V'dal, und sie konnten hören, wie C'lin neben ihm lachte. »Macht uns was Heißes zu trinken, dann sind wir umso schneller da.«
Also warteten sie und lauschten den schwachen Geräuschen, als V'dal und C'lin aufbrachen. Als J'vina und D'vor wieder zu ihren Kollegen stießen, schlugen sie in einem Teil der Höhle, der während des Bebens stabil geblieben war, ein behelfsmäßigen Lager auf. Sie zündeten ein Feuer an, wobei sie einen besonderen Brennstoff verbrannten, der glühte und Wärme erzeugte, ohne dabei in Flammen aufzugehen.
»Meint ihr, sie kommen durch?« fragte T'via. Sie war das sechste Gruppenmitglied, das man nicht so sehr wegen ihrer praktischen Fähigkeiten ausgewählt hatte, sondern weil sie eine Repräsentantin der Propheten war, jener schwarzgewandeten Mystiker, die das Lichtlose Königreich regierten.
»Wenn es irgend möglich ist, wird V'dal sie durchbringen«, antwortete D'vor ernst. V'dal war der Führungsspezialist der Gruppe, und seine ausgedehnte Kenntnis aller Tunnels und Höhlensysteme ihrer unterirdischen Welt übertraf bei weitem die der anderen. Selbst hier, in vergleichsweise wenig kartographierten Regionen, machte ihn sein Richtungsgefühl und sein Gedächtnis zum besten Navigator.
»Wollen wir's hoffen«, meinte J'vina mit dem für sie typischen Fatalismus. »Ich weiß nicht, ob einer von uns den Weg aus diesem Rattenloch fände.«
»Was hat eurer Ansicht nach das Beben ausgelöst?« fragte C'tis, als sie an ihren Getränken nippten.
»Der kürzeste Tag«,
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