Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin
Wohlerzogen. David bevorzugte einen ganz bestimmten Frauentyp. A. J. passte perfekt in dieses Schema. Aurora dagegen sprengte es vollkommen. Und gerade diese Gegensätze machten ihren ganz besonderen Reiz aus.
Er wusste, dass sie als Agentin äußerst zufrieden war, wie die Dreharbeiten bisher für Clarissa liefen. Auch das Van-Camp-Interview fand ihre Zustimmung. Als Tochter aber fürchtete sie die Auswirkungen, die dieser Film in der Öffentlichkeit auf ihre Mutter haben könnte.
Aber Vertrag ist Vertrag, sagte David sich, während er die halbrunden Stufen zum Portal hinaufschritt. Auch seine Gefühle in dieser Dokumentation waren zwiespältig. Als Produzent war er begeistert, wie reibungslos sich bisher alles gefügt hatte. Doch als Mann hätte er zu gern gewusst, wie er A. J.s Sorgen zer streu en könnte. Schonwieder war er mit seinen Gedanken bei ihr angelangt. Sie reizte ihn, sie machte ihn neugierig. Und sie befriedigte ihn wie noch keine Frau zuvor. Mehr als einmal hatte er sich in der letzten Zeit gefragt, ob seine Gefühle für sie Liebe waren. Und falls ja, wie, zum Teufel, er damit umgehen sollte.
„Sind Sie noch unsicher?“, fragte Alex, als David vor der Tür zögernd stehen blieb.
Über sich selbst verärgert, zuckte David die Schultern und drückte energisch den Klingelknopf. „Sollte ich?“, gab er zurück.
„Clarissa ist sehr zufrieden damit, wie alles läuft.“
Unruhig trat David von einem Bein aufs andere. „Und das genügt Ihnen?“
„Ja, das ist das Wichtigste. Ich verlasse mich auf Clarissas Gespür.“
Stirnrunzelnd suchte David nach den richtigen Worten. „Alex …“
Er hatte selbst nicht genau gewusst, was er sagen wollte. Deshalb war er erleichtert, als in diesem Moment die Tür geöffnet wurde und er nicht weitersprechen musste. Ein Hausmädchen, akkurat gekleidet mit schwarzem Kleid und weißer Spitzenschürze, öffnete ihnen und ließ sie eintreten. Gemeinsam mit dem Kamerateam schritten sie durch eine riesige Eingangshalle. Das Mädchen öffnete die Tür zu einem Salon und bat sie mit einem leichten französischen Akzent, dort zu warten.
Die Crew war nicht leicht zu beeindrucken, dafür waren alle Mitarbeiter schon zu lange im Filmgeschäft. Doch in diesem Moment hatte es allen die Sprache verschlagen. Das hier war reinstes Hollywood. Ausladende Möbel prägten den Raum, der in hellen Farben gestrichen war. In der Mit te stand ein schwarz glänzender Flügel, daraufein wuchtiger silberner Kerzenleuchter, an dessen Armen kunstvoll geschliffene Prismen glitzerten. David erinnerte sich, dass der Leuchter aus dem Fundus zu einem von Alice’ Filmen stammte.
„Nicht gerade ein bescheidenes Heim“, meinte Alex trocken.
„Nein, das kann man nicht sagen.“ Fasziniert sah David sich um. Kostbare Brokatteppiche bedeckten den schimmernden Parkettboden, die Möbel glänzten frisch poliert. „Alice Van Camp ist zweifellos eine der wenigen in der Filmbranche, die sich ihren ganz eigenen Stil bewahrt hat.“
„Vielen Dank.“ Würdevoll und leicht amüsiert stand Alice Van Camp an der Türschwelle. Sie war eine Frau, die wusste, wie sie auftreten musste. David, der sie bisher nur im Film gesehen hatte, war erstaunt, wie klein und zierlich sie war. Doch als sie näher trat, wirkte sie so kraftvoll und präsent, dass er keinen weiteren Gedanken daran verschwendete.
„Mr Marshall.“ Mit ausgestreckter Hand trat Alice auf Alex zu. Ihr pechschwarzes glänzendes Haar umrahmte ein blasses, ebenmäßiges Gesicht, das beinahe das eines Kindes zu sein schien. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, wäre David nicht auf die Idee gekommen, sie älter als dreißig zu schätzen. „Es freut mich, Sie kennenzulernen. Ich weiß gute Journalisten zu schätzen – solange sie nichts Schlechtes über mich berichten.“
„Mrs Van Camp.“ Alex ergriff ihre schmale Hand voller Herzlichkeit. „Sie sind in Wirklichkeit noch schöner als auf der Leinwand.“
Sie lachte, ein rauchiger, lockender Klang, der Männer seit zwanzig Jahren in ihren Bann zog. „Ich weiß Ihr Komplimentzu schätzen. Und Sie müssen David Brady sein.“ Als sie sich ihm zuwandte, war er in Sekundenschnelle ihrem Charme erlegen. „Ich habe viele Ihrer Dokumentationen gesehen. Mein Mann sieht nur Dokumentarfilme, er mag keine Spielfilme. Ich weiß gar nicht, warum er mich geheiratet hat.“
„Nun, ich kann es mir vorstellen“, erwiderte David, während er ihre Hand schüttelte. „Ich bin ein großer Fan von
Weitere Kostenlose Bücher