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Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt

Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt

Titel: Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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durchschnittlich ist. Im Jahr 2005 veröffentlichte ein Forschungsteam der State University Florida unter der Leitung des Psychologen Neil Charness die Ergebnisse einer über mehrere Jahrzehnte angelegten Studie über das Training von Schachspielern. 29 In den 1990er Jahren hatte Charness’ Team mithilfe von Zeitungsanzeigen und Prospekten, die sie auf Schachturnieren verteilten, nach hochrangigen Schachspielern gesucht, die bereit waren, an ihrer Studie mitzuwirken. Im Rahmen dieser Untersuchung führten sie Gespräche mit über 400 Spielern aus aller Welt. Gegenstand der Studie war die Frage, weshalb manche Schachspieler besser sind als andere. Jeder Teilnehmer erhielt einen Fragebogen über seinen Werdegang zum Großmeister. Im Wesentlichen sollten die Probanden also den zeitlichen Ablauf ihrer Entwicklung zum Schachspieler skizzieren und Fragen wie diese beantworten: In welchem Alter haben Sie das Schachspielen erlernt? Wie haben Sie jedes Jahr trainiert? An wie vielen Turnieren haben Sie teilgenommen? Hatten Sie einen Trainer? Wie oft trainierten Sie mit ihm? Und so weiter.
    Aus früheren Studien weiß man, dass es mindestens zehn Jahre dauert, bis man es zum Großmeister geschafft hat. Der Psychologe K. Anders Ericsson wird nicht müde zu betonen, dass es selbst bei Wunderkindern wie Bobby Fischer zehn Jahre gedauert hatte, bis sie internationale Anerkennung erhielten. Der einzige Unterschied war, dass er zu diesem Zeitpunkt viel jünger war als die meisten anderen Spieler. Diese Erkenntnis wird als die »10-Jahre-Regel« oder auch die »10 000-Stunden-Regel« bezeichnet und kursiert seit den 1970er Jahren in wissenschaftlichen Kreisen. Malcolm Gladwell hat sie in seinem 2009 erschienenen Bestseller Überflieger 30 aufgegriffen. Er schreibt:
    Die 10 000StundenRegel. Die Erkenntnis, dass Bestleistungen nur durch ein gehöriges Maß an Übung zu erreichen sind, taucht in den unterschiedlichsten Studien auf. Scheinbar haben sich Wissenschaftler un | 91 | terschiedlicher Disziplinen auf eine allgemeingültige Regel, eine magische Zahl, geeinigt: die 10 000 Stunden-Regel.
    Weiter führt Gladwell aus, dass diese Regel der Beweis dafür sei, dass es bei Spitzenleistungen weniger auf Talent ankäme, sondern vielmehr darauf, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein, um die hohe Anzahl an erforderlichen Übungsstunden ableisten zu können. Bill Gates? Er hatte das Glück, eine der ersten Highschools zu besuchen, die einen Computer anschafften und ihren Schülern erlaubten, ihn unbeaufsichtigt zu nutzen. Das verhalf ihm als einem der Ersten seiner Generation zu der Möglichkeit, sich stundenlang mit dieser neuen Technologie zu beschäftigen. Ein anderes Beispiel: Mozart wurde von seinem Vater zum Üben gezwungen. Als das Wunderkind dann durch ganz Europa reiste und die Welt mit seinem Können begeisterte, hatte es etwa doppelt so viele Klavierstunden hinter sich wie Gleichaltrige.
    Charness ging mit seiner Studie noch einen Schritt über die 10 000-Stunden-Regel hinaus, da er sich nicht nur die Frage stellte, wie lange die Probanden übten, sondern auch, wie sie dabei vorgingen. Dabei konzentrierte er sich auf Spieler, die eines gemeinsam hatten: Sie alle hatten mehr als 10 000 Stunden Schach gespielt. Und doch hatten es nicht alle davon zum Großmeister geschafft, sondern manche blieben durchschnittliche Spieler. Beide Gruppen hatten aber gleich viel Übungsstunden hinter sich, was bedeutet, dass ihre unterschiedliche Fertigkeit davon abhing, was genau sie in diesen Stunden gemacht hatten. Charness’ Ziel lautete, ihrer unterschiedlichen Entwicklung auf den Grund zu gehen.
    In den 1990er Jahren stieß diese Fragestellung auf reges Interesse, da man in Schachkreisen auf der Suche nach den besten Strategien zur Verbesserung der Fähigkeiten eines Spielers war. Doch es gab die unterschiedlichsten Auffassungen: Ein Lager war davon überzeugt, dass Turniere eine wesentliche Rolle für den Erfolg spielten, da die Spieler dort ausreichend Gelegenheit zur Übung erhielten, sich an einen engen Zeitrahmen halten und mit Ablenkungen umzugehen lernen mussten. Das andere Lager | 92 | vertrat die Auffassung, dass man nur durch eine hoch konzentrierte, leistungsorientierte Lerntechnik erfolgreich sei: nämlich durch das Lesen von Fachbüchern sowie die Unterstützung von Lehrmeistern. So ließen sich die eigenen Schwächen entdecken und beheben. Das gesteckte Ziel, Großmeister zu werden, ließe sich so erreichen. Die Teilnehmer

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