Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
wir gerade erfahren haben, dass man den neuesten Stand dieses Fachgebiets versteht. Nur dann kann man gewissermaßen über den Rand spähen und die dahinter liegende Menge der möglichen neuen Nachbarn erkennen, in der sich Innovationen tummeln wie Goldfische im Teich. Natürlich möchte ich Ihnen meinen Durchbruch nicht vorenthalten, der aus der Phase stammt, als ich mich gleichzeitig mit Pardis Sabeti und Johnsons Theorie über Innovationen befasste:
Eine gute Karrieremission lässt sich durchaus mit einem wissenschaftlichen Durchbruch vergleichen – es handelt sich um eine Innovation, die in der Menge der möglichen neuen Nachbarn nur darauf wartet, entdeckt zu werden.
Deshalb steht fest: Möchten auch Sie einer Mission in Ihrer Arbeit folgen, müssen Sie sich zunächst den aktuellen Stand der | 157 | Dinge klarmachen. Denn nur hier werden Sie Ihre Mission erkennen können.
Diese Erkenntnis erklärt Sarahs Kampf: Sie versuchte verzweifelt, eine Mission für sich und ihre berufliche Zukunft festzulegen, noch bevor sie sich über den neuesten Stand ihres Wissenschaftsbereichs im Klaren war. Sie hatte gerade mal zwei Jahre ihres Aufbaustudiums hinter sich, als sie in Panik geriet, weil sie sich nicht darüber im Klaren darüber war, welche Richtung sie nun einschlagen sollte. Von ihrem Ausgangspunkt als Doktorandin war sie noch viel zu weit weg, um den neuesten Stand ihres Fachgebiets kennen, geschweige denn beurteilen und einen Blick in die Menge der möglichen neuen Nachbarn werfen zu können. Und damit war für sie zum damaligen Stand ausgeschlossen, dass sie ihre Arbeit in eine neue interessante Richtung würde lenken können. Johnsons Theorie zufolge wäre Sarah mehr damit gedient, wenn sie eine vielversprechende Nische besetzte (ein solches Vorhaben kann Jahre dauern) und sich dann die passende Mission suchte.
Der große Abstand zu der Menge der möglichen neuen Nachbarn hat auch Janes Pläne vereitelt. Sie wollte eine gemeinnützige Organisation gründen, die das Leben der Menschen ändern sollte. Für den Erfolg einer Wohltätigkeitsorganisation ist ein passendes Motto, besser eine Philosophie, unerlässlich, dessen Effizienz sich eindeutig nachweisen lässt. Das traf im Fall von Jane nicht zu. Sie hätte sich zuerst einmal einen Blick auf die Menge der möglichen neuen Nachbarn in ihrem Bereich ermöglichen müssen, doch das wäre erst möglich gewesen, wenn sie fachlich in der Lage gewesen wäre, das Leben ihrer Mitmenschen zu verbessern. Und bis sie so weit gewesen wäre, hätte das ebenso wie im Fall von Jane Jahre dauern können. Jane wollte partout eine Mission verfolgen, doch sie war noch Lichtjahre davon entfernt, auch nur eine Idee zu haben, die Aufmerksamkeit erregen und die Leute neugierig machen würde, geschweige denn, dass sie den Praxistest bestanden hätte.
In Nachhinein betrachtet scheinen diese Beobachtungen nur allzu logisch und vernünftig. Wäre es tatsächlich so einfach, unsere Welt jeden Tag ein kleines bisschen besser zu machen, wenn | 158 | man nur eine Mission braucht, die mit ein wenig Nabelschau und einer optimistischen Grundhaltung in greifbare Nähe rückt, könnte wirklich jeder die Welt ändern. Doch das ist eben kein Kinderspiel und kommt allein schon deshalb äußerst selten vor. Dazu muss man zu den Besten zählen, und davon gibt es ja nur eine Handvoll. Wer zu den Meistern seines Fach gehören will, muss hart arbeiten – und Hand aufs Herz: Davor drücken wir uns doch nur allzu gerne.
Dem aufmerksamen Leser ist es sicherlich nicht entgangen, dass »sich den neuesten Stand der Dinge zu eigen machen« meiner Regel 2 entspricht, in der ich den Begriff des Karrierekapitals eingeführt habe. Wie Sie sich bestimmt erinnern, bezeichnete ich damit seltene und wertvolle Fähigkeiten. Und wie ich weiter ausführte, ist das Ihr Chip, den Sie in der Arbeitswelt gegen einen Traumjob eintauschen können. Die meisten Leute, denen ihr Job Spaß macht, haben zunächst Karrierekapital aufgebaut und dieses dann gegen die Elemente eingetauscht, die einen Traumjob ausmachen. Zu den Besten seines Fachs gehören und immer auf dem Laufenden zu sein lässt sich ebenfalls so übersetzen: Auf dem Weg dorthin eignet man sich wertvolle und seltene Fähigkeiten an, das heißt das Lager mit Karrierekapital füllt sich. Die Definition einer packenden Mission, sobald man an der Spitze angelangt ist, lässt sich auch mit diesen Worten beschreiben: Sie investieren Ihr Karrierekapital in ein von
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