Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
Fakultäten, die weniger gute Kandidaten (das heißt Akademiker ohne viel Karrierekapital) mit den Vorzügen eines autonomen Forscherdaseins locken, wobei diese aber dann größtenteils mit Lehrveranstaltungen und Verwaltungsarbeit beschäftigt sind. Auch hier muss man also höllisch aufpassen, sich keiner Illusion hinzugeben, was Selbstbestimmung anbelangt.
Bei der zweiten Falle verfügt jemand zwar über ausreichend Karrierekapital, um es gegen mehr Freiheit im Job einzutauschen, aber leider stößt er dabei auf heftigen Widerstand, weil nur er selbst von einem Mehr an Selbstbestimmung profitieren würde. Zu meinem Glück ermutigten mich meine engsten Kollegen am MIT, mich für Georgetown und die damit verbundene Freiheit zu entscheiden. Andererseits gab es natürlich auch Gegenstimmen, wenn auch nicht aus meinem direkten Umfeld. Für sie war der von vielen anderen so und nicht anders eingeschlagene Weg in einer etablierten Universität die einzig wahre Option, die früher oder später in einer Festanstellung und einem guten Ruf als Forscher münden würde. Was eine Anstellung in Georgetown und der weitaus größere Entscheidungsfreiraum für mich persönlich bedeuten würden, war nicht auf ihrem Radar, sodass eine Entscheidung gegen den sicheren Weg sämtliche Alarmglocken bei ihnen schrillen ließ.
Bei meinen Recherchen zu Regel 3 entdeckte ich ein nützliches Werkzeug, das einem dabei hilft, beide Fallen erfolgreich zu umgehen: das Gesetz von der finanziellen Machbarkeit . Dieses Gesetz besagt: Wenn Sie am Überlegen sind, ob Sie eine Idee verfolgen, mit deren Hilfe Sie mehr Entscheidungsfreiheit in Ihren beruflichen Alltag integrieren können, sollten Sie nachweisen können, dass Sie damit auch wirklich Ihre Brötchen verdienen können. Wenn ja, verfolgen Sie diese Idee weiter.
Letztendlich war es dieses Gesetz, das den Ausschlag für meine berufliche Entscheidung gab. Georgetown bot mir wesentlich größeren Freiraum. Dort könnte ich entscheiden, wie ich was erledigen würde. So weit, so gut. Außerdem hatten sie mir nicht | 207 | nur eine mehr als annehmbare Bezahlung angeboten, sondern auch signalisiert, dass sie meine Forschungen finanziell fördern würden. Dem Gesetz von der finanziellen Machbarkeit zufolge konnte ich mir also sicher sein, dass eine Entscheidung für Georgetown auch bedeuten würde, beiden Fallen aus dem Weg zu gehen. Zum einen verfügte ich über ausreichendes Karrierekapital, um es gegen ein hohes Maß an Flexibilität im Job einzutauschen, und konnte zugleich ignorieren, dass es Leute in meinem Umfeld gab, die mir davon abrieten, weil eine Entscheidung gegen Georgetown hieße, den sicheren Status quo abzulehnen. Damit war ich mir sicher, was ich zu tun hatte, sagte das Vorstellungsgespräch an der anderen Universität ab und begann, meine Koffer zu packen.
Wie ich Regel 4 anwendete
Wie ich unter Regel 4 dargelegt habe, ist eine Mission nichts anderes als der Sinn und Zweck eines Arbeitslebens. Eine Mission beflügelt Leute, dafür bekannt zu werden, was sie beruflich tun, und dieser Bekanntheitsgrad sorgt wiederum dafür, dass sich ihnen weitere Möglichkeiten eröffnen. Mich hat das schon immer fasziniert.
Die akademische Welt eignet sich sehr gut für Missionen. Fragen Sie doch einmal einen Professor mit einer bahnbrechenden Karriere, was er anders als seine Kollegen gemacht hat. In den meisten Fällen werden Sie zu hören bekommen, dass bei seiner Arbeit eine Mission die Hauptrolle spielt. Sehen wir uns zum Beispiel mal das Leben des renommierten Professors für Physik Alan Lightman an. Er entschloss sich nach Jahren der Karriere am MIT dazu, Schriftsteller zu werden. Zunächst hatte er neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit am MIT geschrieben – vor allem Sachbücher, aber auch Romane, in denen es um die menschliche Seite der Wissenschaften ging. Am bekanntesten wurde er mit dem Bestseller Und immer wieder die Zeit. Einstein’s Dreams 47 , der mit einigen Buchpreisen ausgezeichnet wurde.
| 208 | Lightmans Karriere dreht sich um seine Mission, die menschliche Seite der Wissenschaft auszuloten. Sie hat ihn schon zu den erstaunlichsten Orten geführt. Er hat die anstrengende Jobsuche als Akademiker bestens gemeistert und wurde der erste Professor am MIT für Natur- und Geisteswissenschaften. Er war maßgeblich an der Weiterentwicklung des Datenaustauschs am MIT beteiligt und entwickelte dann einen Kurs über das Schreiben von Fachtexten. Als ich Lightman kennen lernte, war
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