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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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fragte eine Kinderstimme.
    Er war gerade im Begriffe, sich zu entfernen und verabschiedete sich bereits von der schönen Frau Saccard, mit der er auf dem besten Fuße stand, seitdem sie nichts von ihm wissen wollte. Dieser sonderbare Liebhaber bewunderte die Launen anderer Leute. Im Triumph brachte man ihn aus dem Vestibule zurück. Er wehrte sich, sagte lächelnd, daß man ihn blosstelle, daß er ein ernster Mann sei. Und als sich ihm die vielen weißen Hände entgegenstreckten, sagte er:
    »Bitte also Ihre Plätze einzunehmen, meine Herrschaften. Doch ich sage Ihnen im Vorhinein, daß ich nach klassischem Muster arbeite und nicht Phantasie für zwei Sous besitze.«
    Die Paare ließen sich rings an den Wänden auf Stühlen und Fauteuils nieder, deren man gerade habhaft werden konnte und die jungen Leute holten sogar die eisernen Stühle aus dem Wintergarten. Es war ein Riesen-Kotillon. Herr von Saffré, der die feierliche Miene eines zelebrirenden Priesters angenommen hatte, erwählte zu seiner Dame die Gräfin Vanska, deren Korallenkostüm ihn in hohem Grade fesselte. Als Jedermann auf seinem Platze war, ließ er einen langen Blick über diesen Kreis von bunten Röcken schweifen, deren jeder von einem Frack flankirt war und darauf winkte er dem Orchester, welches rauschend einfiel. Renée hatte es abgelehnt, an dem Kotillon theilzunehmen. Seit dem Beginne des Balles war sie von nervöser Heiterkeit; dabei tanzte sie wenig und mengte sich immer unter die verschiedenen Gruppen, unfähig, auf einem Platze ruhig auszuharren. Ihre Freundinen behaupteten, sie sei so sonderbar heute. Sie hatte erwähnt, sie gedenke nächster Tage mit einem berühmten Aëronauten, von dem ganz Paris sprach, eine Auffahrt mit seinem Ballon zu machen. Als der Kotillon begann und sie nicht mehr unbehindert kommen und gehen konnte, hielt sie sich in der Nähe des Vestibuls auf und reichte dort den Herren, die nach Hause gingen, die Hand, oder sie plauderte mit den Freunden ihres Mannes. Der Baron Gouraud, den ein Diener in seinen Pelzmantel gehüllt, mit sich nahm, machte ihr noch ein letztes Kompliment über ihr entzückendes Kostüm; er habe noch kein herrlicheres gesehen, meinte er geziert.
    Herr Toutin-Laroche reichte Saccard die Hand.
    »Maxime rechnet auf Sie,« sagte der Letztere.
    »Gewiß, gewiß,« erwiderte der neue Senator und sich zu Renée wendend, fügte er hinzu: »Ich habe Ihnen meine Glückwünsche noch nicht dargebracht, Madame ... Das geliebte Kind ist doch jetzt gut untergebracht und ich ...«
    Sie lächelte erstaunt und Saccard sagte:
    »Meine Frau weiß noch nichts ... Wir haben heute Abend die Vermählung zwischen Maxime und Fräulein von Mareuil festgesetzt.«
    Sie lächelte noch immer und verbeugte sich vor Herrn Toutin-Laroche, der sich mit den Worten entfernte:
    »Am Sonntag wird der Kontrakt unterzeichnet, nicht wahr? Ich reise allerdings in geschäftlichen Angelegenheiten nach Nevers, gedenke aber bis dahin wieder hier zu sein.«
    Einen Augenblick blieb sie allein im Vestibule. Sie lächelte nicht mehr und in dem Maße, als sie das soeben Vernommene begriff, erfaßte sie ein wachsender Schauer. Starr blickte sie die rothen Sammttapeten, die wenigen Pflanzen, die Majolikagefäße an. Dann sprach sie laut vor sich hin:
    »Ich muß mit ihm sprechen.«
    Damit kehrte sie in den Salon zurück; doch mußte sie lange an der Thür stehen bleiben, da eine Kotillonfigur den Weg versperrte. Gedämpft spielte das Orchester einen Walzersatz, Die Damen hielten sich an den Händen gefaßt und bildeten einen Kreis, wie ihn kleine Mädchen zu bilden und dazu Kehrreime zu singen pflegen. Dabei drehten sie sich mit möglichster Raschheit im Kreise, zogen sich gewaltsam an den Händen, lachten und strauchelten. In der Mitte des Kreises stand ein Ritter – der boshafte Herr Simpson – mit einer langen, rosenrothen Schärpe, die er mit der Bewegung eines Fischers, der ein Netz auswerfen will, wurfbereit hielt. Doch beeilte er sich durchaus nicht damit; offenbar bereitete es ihm Vergnügen, die Damen sich im Kreise drehen und sich ermüden zu lassen. Schon keuchten dieselben und baten um Gnade. Nun schnellte er die lange Schärpe vor und dies mit solcher Geschicklichkeit, daß sie sich um die Schultern der Marquise von Espanet und der Frau Haffner wand, die sich mit einander drehten. Es war das ein Scherz des Amerikaners. Er wollte mit beiden Damen zu gleicher Zeit tanzen und hatte dieselben bereits umschlungen – die eine mit dem

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