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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Menge ein dumpfes Beben, ein zunehmendes Klingen der Hundertsousstücke, das silberne Lachen der Frauen, das noch undeutliche Geräusch von Küssen und Tafelgeschirr. In der tiefen Stille der Ordnung, in dem Frieden der neuen Regierung machten sich gar liebliche Töne vernehmbar, goldene und wollüstige Verheißungen. Es schien, als ginge man vor einem jener kleinen Häuser vorüber, deren sorgfältig herabgelassene Vorhänge blos weibliche Schatten sehen und das Klingen der Goldstücke auf der Kaminplatte vernehmen lassen. Das Kaiserreich war im Begriffe, Paris zu dem Freudenhause Europa's zu stempeln. Diese Handvoll Abenteurer, die soeben einen Thron gestohlen, bedurfte einer abenteuerlichen Regierung, anrüchiger Geschäfte, verkaufter Gewissen, feiler Frauen und einer allgemeinen Versumpftheit. Und in der Stadt, in welcher das Blut des Dezember noch kaum getrocknet war, gedieh, anfänglich noch schüchtern, jener Freudenrausch, welcher das Vaterland in die Reihe der entehrten und verlotterten Nationen schleudern sollte.
    Schon seit den ersten Tagen fühlte Aristide Saccard diese Fluth der Spekulation herannahen, deren Schauer alsbald ganz Paris überschwemmen sollte. Mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgte er die Fortschritte, die dieselbe machte. Er befand sich in der Mitte des warmen Goldregens, welcher auf die Dächer der Stadt niederfiel. Auf seinen unablässigen Streifzügen durch das Stadthaus hatte er den umfassenden Plan zur Erweiterung und Verschönerung von Paris aufgegriffen, den Plan der Demolirungen, neuen Straßenzüge und der improvisirten Stadtviertel, des ungeheuren Aufgeldes bei Häuser- und Baugründeverkäufen, jenes Planes, welcher an allen Enden und Ecken der Stadt die Kämpfe der Interessen und den übertriebensten Luxus entfesselte. Von da an war seiner Thätigkeit ein Ziel vorgesteckt; zu dieser Epoche kehrte er den guten Jungen hervor. Er setzte sogar etwas Wohlbeleibtheit an und rannte nicht mehr gleich einer mageren Katze, die einer Beute nachstellt, durch die Straßen. In seinem Bureau wurde er gesprächiger und zuvorkommender denn je. Sein Bruder, den er von Zeit zu Zeit besuchte, beglückwünschte ihn ob der Geschicklichkeit, mit welcher er seine Rathschläge ins Praktische übertrug. Als das Jahr 1854 zu Ende ging, vertraute ihm Saccard an, daß er mehrere Angelegenheiten in Aussicht habe, zur Ausführung derselben aber ziemlich bedeutende Vorschüsse benöthige.
    »Man sucht sich dieselben zu verschaffen,« sagte Eugen.
    »Du hast Recht, ich werde suchen,« erwiderte er ohne jeden Aerger, dem Anscheine nach sogar ohne zu bemerken, daß sich sein Bruder weigerte, ihm diese ersten Vorschüsse zu bewilligen.
    Diese ersten Mittel waren es indessen, die ihm jetzt keine Ruhe ließen. Sein Plan war entworfen und reifte mit jedem Tage mehr. Doch vermochte er die ersten paar tausend Francs nicht zu finden, ohne daß sein Wille darum erlahmt wäre. Er blickte den Leuten jetzt nur mehr gereizt und nervös ins Auge, als hätte er in dem erstbesten Passanten auf der Straße Jemanden gewittert, der ihm die gewünschten Gelder vorstrecken würde. Daheim führte Angèle ihre bescheidene, glückliche Lebensweise weiter, während er auf eine günstige Gelegenheit lauerte und sein gutmüthiges Lachen immer unfreundlicher tönte, weil diese Gelegenheit zu lange auf sich warten ließ.
    Aristide hatte eine Schwester in Paris. Sidonie Rougon hatte einen Advokatengehilfen in Plassans geheirathet, der sich dann mit ihr in der Rue Saint-Honoré zu Paris niederließ, um einen Handel mit Südfrüchten zu betreiben. Als ihr Bruder sie daselbst aufsuchte, war der Gatte verschwunden und der Laden längst aufgegeben. Sie bewohnte jetzt in der Rue du Faubourg-Poissonnière ein aus drei Räumen bestehendes Halbgeschoß, hatte aber auch den sich unter ihrer Wohnung befindlichen Laden im Erdgeschoß gemiethet, einen engen, geheimnißvollen Laden, in welchem sie einen Spitzenhandel zu betreiben vorgab. Thatsächlich konnte man in einem gläsernen Schaukasten kleine Stückchen verschiedener Spitzenarten auf vergoldeten Messingstäben aufgehängt sehen; das Innere des Raumes aber glich infolge seines glänzenden Wandgetäfels einem Vorzimmer und zeigte keine Spur irgend welcher Waare. Thür und Schaufenster waren mit leichten Vorhängen versehen, die einerseits jeden unberufenen Blick von der Straße abwehrten, andererseits dem Laden das verschwiegene und verschleierte Aussehen eines Warteraumes verliehen, welcher

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