Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)
Adam die Kopien. Sein Gesicht war blass. Er sagte nichts.
»Ich werde jetzt verdammt noch mal gehen.« Dentman drehte sich um.
»Halt«, rief Adam ihm nach.
Erstaunlicherweise blieb Dentman tatsächlich stehen. Seine Hände zitterten. Sein Profil ähnelte etwas am Bug eines Piratenschiffes.
»Stimmt das?«, fragte Adam ihn.
»Scheiße. Ich hatte es nicht nötig, herzukommen.«
»Würden Sie bitte wieder Platz nehmen?«
»Ich muss Ihre gottverdammten Fragen nicht beantworten.«
Jetzt stand Adam auf. »Sie müssen mit mir auf das Revier kommen, Mr. Dentman.«
»Ich habe keine Zeit für so etwas.«
»Das war keine Bitte; wir gehen aufs Revier.«
»Ich will, dass er in den Bunker wandert«, erwiderte Dentman mich anstarrend. Seine Augen glichen Schlitzen, die man in roten Stoff – seine Gesichtshaut – geschnitten hatte. »Der Hurensohn soll wegen Belästigung einsitzen.«
Ich raffte die Blätter vom Tisch auf und erhob mich. »Bestens, dann fahren wir alle in die Stadt.«
»Du Scheißkerl!« Dentman stürzte sich auf mich und warf dabei den Tisch um.
Ich sprang zurück, als eine seiner Stahlfäuste wie eine Abrissbirne auf mich niederfuhr; der Wind, den er dabei machte, blies mir glatt das Haar von der Stirn. Ich bereitete mich auf einen zweiten Hieb vor, da Dentman gleich wieder ausholte. Gerade als er zuschlagen wollte, stürzte sich Adam auf ihn und verschränkte ihm eine Hand hinterm Rücken und warf sich mit vollem Gewicht gegen den wuchtigen Mann. Dentmans zweiter Angriff schlug fehl, er ging vorwärts auf die Knie.
Adam schrie etwas Unverständliches und stemmte sich von oben gegen Dentmans Schulter, als befürchte er, der Brocken könne davonfliegen. »Unten bleiben. Keine Dummheiten.«
Dann sah ich Handschellen. Die geriffelten Manschetten ratterten im Kreuz des Mannes.
Tooey stürmte hinterm Tresen hervor. »Was ist los?« Er hielt inne, als er die Handschellen sah.
»Aufstehen«, befahl Adam Dentman von hinten.
Zuerst bewegte er sich nicht. Als mich seine Augen wie zum Duell herausfordernd fixierten, vibrierten seine geröteten Wangen sichtlich, rechnete ich damit, dass wir alle so verharren müssten, bis der Weltuntergang hereinbrach und uns zu Staub zerbröseln ließ. Dann aber stützte Dentman einen Fuß auf den Boden und stand auf, wobei Adam ihm half.
Tooey bewegte sich als Nächstes; er eilte herbei und stellte den umgeworfenen Tisch wieder auf.
Adam drehte sich um und führte David Richtung Tür. »Gehen wir, Travis«, sprach er, ohne mich anzuschauen. »Los.«
Ich bückte mich nach den Kopien des Bauunternehmens und steckte sie zurück in den Umschlag. Während Tooey die Stühle am Tisch zurechtrückte, entdeckte ich noch etwas – die Nachricht, die ich in Dentmans Briefschlitz gesteckt und die er zerknüllt in der Faust mitgebracht hatte. Ich nahm sie ebenfalls mit.
Darauf stand:
David, komm morgen gegen siebzehn Uhr nach Westlake ins Tequila Mockingbird, oder Veronica wandert in den Knast.
Ich hatte sie nicht unterschreiben müssen.
Nachdem ich den Zettel in die Gesäßtasche meiner Jeans geschoben hatte, folgte ich Adam und David hinaus in den Regen.
Kapitel 31
Wie sich herausstellte, fungierte Strohmans Büro tatsächlich auch als Verhörzelle, wenngleich nur dann, wenn die eigentliche besetzt war. An jenem Abend führten zwei Uniformierte David Dentman in den wenig einladenden Verschlag, wo ihn Paul Strohman höchstpersönlich erwartete.
Vom Mockingbird bis zur Polizeistation waren wir nur vier, fünf Minuten gefahren, obwohl es mir fast wie eine halbe Stunde vorgekommen war. Adam hatte Dentman auf den Rücksitz gezwungen und mich dazu angehalten, vorne Platz zu nehmen. Nachdem er eingestiegen war, hatte Adam den Schlüssel umgedreht, dann Blaulicht und Sirene eingeschaltet. Geredet wurde nicht, bis wir auf dem Parkplatz vor der Wache eintrafen, wo Adam leise »Steig aus« zu mir sagte.
Als ich nun auf dem Flur vor Strohmans Büro saß, hörte ich, wie einer der Beamten Dentman seine Rechte vorbetete. Jedes Mal, wenn Adam an mir vorbeiging, versuchte ich halbherzig, aufzustehen und nicht fehl am Platz zu wirken, doch stets deutete er mir, ich solle sitzenbleiben, also blieb ich sitzen.
Einer der beiden Uniformierten kam heraus. Er wirkte perplex, mich zu sehen, seine Augen traten komikhaft hervor. Es war offensichtlich, dass ich hier nichts verloren hatte. Jemand
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