Die Treue des Highlanders (German Edition)
Kellner würde das Essen bringen. »Was machst du denn hier?« Überrascht starrte Anna Lilian an, die sich an ihr vorbei in den Raum drängte. Noch erstaunter war aber Anna, als sie sah, dass Lilian ebenfalls nur einen Morgenmantel trug. Sie musste also unmittelbar aus ihrem eigenen Zimmer, das auf derselben Etage lag, gekommen sein.
Lilian wurde blass und starrte Anna an. »Bruce hat mir nicht gesagt, dass du hier bist«, stammelte sie und zog ihren über der Brust aufklaffenden Morgenmantel enger zusammen. Der kurze Moment, in dem sich der Stoff verschoben hatte, hatte Anna gereicht, um zu sehen, dass Lilian darunter nackt war. Das konnte nur eines bedeuten ...
»Ach, du wolltest wohl Bruce einen Besuch abstatten. Wahrscheinlich, um mit ihm über das Script zu sprechen?«, entgegnete Anna kalt. Die Erkenntnis, warum Lilian in sein Zimmer gekommen war, schwappte wie bittere Galle in ihre Kehle.
»Na und? Die letzten Abende hatte er nichts dagegen gehabt, ganz im Gegenteil!« Offenbar ging Lilian zum Angriff über und war nicht halb so entsetzt wie Anna, sie in Bruces Zimmer vorzufinden. »Er hätte mir aber ruhig sagen können, dass er dich hergebracht hat, weil er immer gesagt hat, dass du in diesem kleinen Kaff im Hochland gut aufgehoben bist und uns hier nicht störend dazwischenfunken wirst.«
Anna schluckte und versuchte, ruhig zu atmen. Nein, sie würde sich nicht die Blöße geben, diesem naiven Ding eine Szene zu machen. Auch wenn es Lilian offensichtlich nicht störte, dass Bruce zu ihnen beiden eine sexuelle Beziehung unterhielt, sie, Anna, störte es im erheblichen Maße. Es entsetzte sie und machte sie unendlich traurig. Auch wenn Anna schon öfters den Verdacht gehegt hatte, nicht die einzige Frau in Bruces Leben zu sein, zog ihr die Erkenntnis, dass er sie mit diesem kleinen, dummen Mädchen betrog, den Boden unter den Füßen weg.
»Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst«, sagte Anna kühl und öffnete die Tür. »Wenn Bruce kommt, werde ich ihm sagen, dass du hier warst. Ich denke, er kennt deine Zimmernummer, oder?«
Lilian lächelte dümmlich. »Ich finde es klasse, dass du es so leicht nimmst, Anna. Wir wissen doch beide, dass ein Mann wie Bruce nicht nur für eine Frau da sein kann. Dazu ist er viel zu charmant und sieht zu gut aus.«
Raus jetzt!, lag es Anna auf der Zunge, aber sie schaffte es, immer noch zu lächeln, während sie Lilian aus dem Zimmer schob. Dann ließ sie sich auf das Bett sinken und fühlte sich, als würde sie in ein tiefes, schwarzes Loch fallen. War es wirklich erst fünf Stunden her, dass sie und Bruce sich leidenschaftlich geliebt hatten? Tief in Anna war immer die Hoffnung gewesen, dass er sie eines Tages bitten würde, ihn zu heiraten, und dass sie sich gemeinsam ein Haus in einem ruhigen Londoner Vorort kaufen und gemeinsam einrichten würden. Annas Träume zerplatzten wie eine Seifenblase. Mehr aber als die Enttäuschung über Bruces Betrug machte Anna die Erkenntnis zu schaffen, dass Lilian ganz offenbar die Affäre eingegangen war, obwohl sie wusste, dass Bruce nach wie vor mit Anna das Bett teilte. Auf einmal fühlte sich Anna nicht mehr traurig, sondern wütend. Sie wusste, sie würde es keinen Moment länger in dem Zimmer aushalten, um auf Bruce zu warten. Schnell zog sie sich an, schnappte den Autoschlüssel und ihre Reisetasche und stürmte in die Hotelhalle hinunter. Sie wollte nur noch fort, zurück nach Glenmalloch in das kleine Cottage. Dort würde sie sich überlegen, wie ihre Beziehung zu Bruce weitergehen würde.
Ob
sie überhaupt weitergehen würde. Anna war fast schon an der Tür, als sie Bruce und Peter, den Regisseur, in Begleitung zweier älterer Männer aus dem Restaurant kommen sah. Bruce runzelte die Stirn, als er sie erkannte, und rief: »Anna, wo willst du denn hin?«
Anna zögerte nur einen Moment, dann trat sie Bruce entschlossen entgegen. »Ich habe das Gefühl, dass meine Anwesenheit hier nicht sonderlich erwünscht ist, jedenfalls nicht von Lilian, deiner kleinen Bettgenossin. Am besten gehst du gleich nach oben, sie wartet nämlich ungeduldig auf dich.«
Bruce wurde erst bleich, dann rot. Er fasste Anna am Arm und zog sie zur Seite. »Da liegt eine Verwechslung vor«, zischte er. »Lass uns in Ruhe darüber sprechen, nicht jetzt.«
»Warum nicht jetzt und hier?« Anna sah keine Veranlassung, ihre Stimme zu senken. Die beiden Vertreter vom
National Trust
schauten betreten in eine andere Richtung. »Keine Angst, ich werde dir
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