Die Treue Des Highlanders
nicht, obwohl sich bisher alle deine Prophezeiungen erfüllt haben.«
»Es sind keine Prophezeiungen, sondern Tatsachen«, widersprach Anna.
Rastlos ging Duncan im Zimmer auf und ab. »Was wird als Nächstes geschehen?«
»Ich weiß nicht, wann, aber Darnley soll in ein Haus vor den Toren Edinburghs gebracht werden. Ich glaube, er ist krank, und Maria will ihn dort pflegen. Dort wird dann der Mord geschehen.«
Duncan nahm den Krug vom Tisch und schenkte roten Wein in zwei Becher, einen bot er Anna an. »Wir müssen nachdenken, vielleicht fällt uns noch eine Lösung ein. Heute ist der zwanzigste Januar, viel Zeit haben wir folglich nicht mehr.«
Anna erstarrte in der Bewegung, den Becher zum Mund zu führen. »Der zwanzigste Januar?«, flüsterte sie. Sie hatte keine Ahnung über das genaue Datum gehabt, denn in Craigmillar gab es keine Kalender.
»Ja, was ist daran so ungewöhnlich?«, fragte Duncan.
Anna lächelte wehmütig und hob den Becher. »Dann Prost! Möchtest du mit mir auf meinen Geburtstag anstoßen?«
»Geburtstag?« Duncan war verblüfft. »Du hast heute Geburtstag?« Er riss Anna in seine Arme und küsste sie unvermutet auf den Mund, ließ sie aber, zu Annas Bedauern, gleich wieder los. »Ich wünsche dir alles Gute und Glück, liebe Anna.«
Seine Stimme war vor Zärtlichkeit weich wie Samt, und Anna hätte sich am liebsten wieder an seine Brust geworfen und ihn angefleht, sie endlich zu lieben. Um dieser Gefühlsregung nicht zu verfallen, sagte sie schnell: »Wann bist eigentlich du geboren?«
Duncan lächelte und leerte seinen Becher in einem Zug, auch Anna nahm einen kräftigen Schluck. »Auch an einem zwanzigsten, allerdings im Monat Mai. Vor knapp fünfunddreißig Jahren habe ich das Licht der Welt erblickt. Ich habe es meiner Mutter nicht leicht gemacht, denn ich brauchte drei volle Tage, um ihren schützenden Leib zu verlassen«, sagte Duncan versonnen. »Sie erzählte, es sei ein sehr kühler und regnerischer Tag gewesen, kein Wunder, dass ich nicht –«
»Duncan, der zwanzigste Mai!«, unterbrach Anna und klammerte sich so heftig an seinen Arm, das der Rest ihres Weines aus dem Becher schwappte und ihren Rock beschmutzte. »Hast du etwas zum Schreiben?«
»Auf dem Tisch ist Papier und eine Feder«, antwortete Duncan erstaunt.
Annas Wangen glühten, als sie zur Feder griff, diese ins Tintenfass tauchte und auf einem Pergament die Zahlen 20 05 schrieb.
»Ich glaube, ich habe es. Mein Gott, ja, es könnte funktionieren ...«
»Hättest du die Güte, mir zu sagen, wovon du sprichst? Weißt du, wie wir den Mord verhindern können?«
Anna sah ihn mit großen, leuchtenden Augen an. »Nein, aber vielleicht habe ich erkannt, wie man die Zeit bestimmt, in der man landet, wenn man in den See geht.«
Duncan fühlte einen dumpfen Druck im Magen. Seit Wochen hatte er nicht mehr daran gedacht, dass Anna eines Tages gehen würde. Sie war so sehr ein Teil seiner Zeit geworden, dass er sich nicht vorstellen konnte, irgendwann ohne sie zu sein. Trotzdem nahm er das Papier in die Hand und starrte auf das Datum seines Geburtstages.
»Ich fürchte, ich verstehe nicht ...«
»Hier, du bist am zwanzigsten Mai geboren ... wenn man das Datum in Zahlen schreibt, dann liest man das so, aber es könnte genauso gut auch ...«
»... zweitausendundfünf heißen«, vollendete Duncan ihren Satz, und die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz.
»Du hast mir erzählt, damals, als du vor den Verfolgern in den See gesprungen bist, ist für ein paar Momente dein ganzes Leben an dir vorbeigezogen. Hast du dabei auch an deine Geburt gedacht?«
Duncan nickte langsam, sein Blick löste sich nicht von den Zahlen. »Als der Sog immer stärker wurde und ich kurz davor war, die Besinnung zu verlieren, dachte ich daran, dass ich am zwanzigsten Mai nun niemals wieder ein Fest feiern werde. Du musst wissen, dass ich meinen Geburtstag immer gerne mit lieben Freunden verbracht habe.«
»Und als du zurückgingst, hast du da auch an das Jahr, in das du reisen willst, gedacht?«
»Ja, an fünfzehnhundertsechsundsechzig, und du hast dich in diesem Augenblick an mir festgeklammert, deswegen bist du mit mir hierher gekommen.«
Fordernd streckte Anna ihm ihren Becher hin. »Gib mir noch einen Wein, bitte! Ich glaube, wir haben die Lösung, wie man die Zeitreise kontrollieren kann. Ich muss ganz fest an meine Zeit glauben, dann werde ich auch in sie versetzt werden. Hoffe ich zumindest«, fügte Anna hinzu.
Plötzlich machte sich zwischen ihnen ein
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