Die Treue Des Highlanders
Schweigen breit, denn keiner wusste genau, was er sagen sollte. Schließlich sprach Duncan zuerst: »Wann ... wirst du es versuchen? Sollen wir gleich abreisen, wobei ich allerdings vermute, die Wege ins Hochland werden durch Eis und Schnee unpassierbar sein. Wahrscheinlich ist der See auch zugefroren.«
Anna schüttelte den Kopf. »Nein, erst versuche ich, mit der Königin über Darnley und Bothwell zu sprechen. Niemand weiß, ob es in unserer Macht liegt, die Geschichte zu ändern, aber wir müssen es zumindest versuchen.«
Der Gedanke daran, dass es eine Möglichkeit der Rückkehr geben könnte, machte Anna glücklich. Sie verglich es mit dem Gefühl, das sie vor Jahren empfunden hatte, als sie das Rauchen aufgab. Damals hatte sie trotzdem Zigaretten im Haus behalten, und der Gedanke: »Ich kann rauchen, wenn ich will, aber ich will nicht!«, hatte sie so stark gemacht, dem Laster ein für alle Mal Adieu zu sagen.
Nein, noch würde sie den Versuch nicht wagen, wobei Duncans Überlegungen auch eine Rolle spielten. Anna hatte wenig Lust, bei diesem Wetter die weite Strecke ins Hochland zu reiten. Jetzt kam es auf ein paar Wochen länger auch nicht mehr an. Unter gesenkten Lidern beobachtete sie Duncan, wie er die Papiere ordnete und in eine Schublade schob. Bei dem Gedanken, Duncan vielleicht niemals wieder zu sehen, zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Sie räusperte sich und musste dreimal ansetzen, bevor sie hervorpresste: »Duncan, möchtest du, dass ich in meine Zeit zurückkehre?«
Er hielt inne und sah sie überrascht an. »Es ist wohl nicht wichtig, was ich will, Anna. Du gehörst nicht in diese Zeit und in dieses Leben, das in deinen Augen von Armut, Krankheiten und Leid geprägt ist. Zudem – was würdest du hier machen? Wo und von was leben? Wenn sich deine Prophezeiungen erfüllen, dann sind die Tage der Königin, und damit dein Leben am Hofe, gezählt.«
Du könntest mich zum Beispiel bitten, deine Frau zu werden, dachte Anna mit einem Anflug von Bitterkeit, aber sie hätte sich eher die Zunge abgebissen, als Duncan dies zu sagen. Es beunruhigte sie, dass sie sich vorstellen konnte, Duncan zu heiraten und mit ihm auf Glenmalloch zu leben. Nach der Enttäuschung mit Bruce hatte sie sich geschworen, niemals wieder ihr Herz derart an einen Mann zu verlieren und dabei ihre eigenen Wünsche zu verleugnen. Was hatte Duncan nur an sich, dass ihre Meinung nun so ins Wanken geriet?
Hastig stand sie auf. »Du hast Recht, das sechzehnte Jahrhundert ist nicht meine Welt.« Es klang bitterer, als Anna es meinte, aber die offensichtliche Ablehnung Duncans hatte sie verletzt. »Ich möchte wieder duschen und mich dabei mit einem Pflegeschaum verwöhnen, möchte mich in ein Flugzeug setzen und an einen Strand unter südlicher Sonne fliegen und in einer Disco so richtig abtanzen. Und ich möchte endlich wieder eine Cola trinken. Eisgekühlt, mit einer Scheibe Zitrone darin.«
Duncan kaute auf der Unterlippe, um nichts Unbedachtes zu sagen. Zwar verstand er nicht alles und wusste nicht, was eine Cola sein sollte, aber Annas Worte hatten ihm bestätigt, wie unglücklich sie war. In manchen schlaflosen Nächten hatte er darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn Anna immer bei ihm bliebe. Sie wäre eine wunderbare Herrin für Glenmalloch, aber das war ein Opfer, das er niemals von ihr fordern durfte. Außerdem liebte sie ihn gar nicht. Ja, ihr Verhalten ließ darauf schließen, dass sie ihn attraktiv fand, aber Duncan hatte in Annas Zeit erlebt, wie leichtfertig die Menschen mit dem Thema Liebe umgingen. Was hinderte ihn eigentlich daran, mit Anna ein paar leidenschaftliche Nächte zu verbringen? Das hatte er schließlich schon mit anderen Frauen gemacht, aber Anna war ... anders. Nein, er würde sie nicht entehren, auch wenn sie es vielleicht sogar wollte. Anna war etwas Besonderes, und er würde alles tun, damit sie glücklich wurde. Und das war eben nur dann möglich, wenn sie dorthin zurückging, wo sie hingehörte. Seine eigenen Empfindungen waren zweitrangig.
Als Anna an diesem Abend in den Palast zurückkehrte, erfuhr sie, dass Maria Stuart am gleichen Tag nach Glasgow aufgebrochen war.
»Offenbar ringt Darnley mit dem Tod«, berichtete Claire. »Die Königin will an seiner Seite sein, um ihn zu pflegen.«
»Warum tut sie das?«, fragte Anna ehrlich erstaunt. Wenn Darnley wirklich schwer krank war, dann bestünde die Hoffnung, dass er sterben könnte und sich damit die Probleme von selbst lösen würden. Sofort
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