Die Treue Des Highlanders
euch keinen Zwang an«, sagte Anna mit säuerlichem Lächeln. »Ich weiß über die Frau Bescheid, die angeblich verrückt gewesen sein soll und die eure Familie auf dem Dachboden eingesperrt hatte, bis sie starb.«
»Du weißt das?« Helen war ehrlich überrascht. »Wer hat dir davon erzählt?«
»Duncan war es, und ich finde, ihr habt euch damit nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Aber wahrscheinlich ist die ganze Geschichte sowieso nicht wahr und gehört zu dieser perfiden Inszenierung.«
Helens Ausdruck wandelte sich in Bewunderung. »Wenn Duncan dir davon erzählt hat, dann muss er dir aber sehr vertrauen, denn sonst spricht er nie darüber. Obwohl die Frau wirklich nur eine sehr entfernte Verwandte war, ist es besser, zu verschweigen, wenn es einen Fall von Irrsinn in der Familie gegeben hat.«
»Und er scheint nicht der Einzige zu sein«, murmelte Anna und musterte die drei Mädchen von oben bis unten. »Sagt mal, wie lange lebt ihr eigentlich schon auf dieser Burg?« Es interessierte Anna sehr, seit wann diese Serie bereits gedreht wurde.
»Unser ganzes Leben lang«, antwortete Marla. »Wir haben sie noch nie verlassen, das heißt, Helen durfte vor ein paar Wochen mit in die Stadt zum Markt.«
»Dort war es sehr schön«, fuhr Helen mit glänzenden Augen fort. »Da gab es so viele Dinge zu sehen: einen Feuerschlucker, eine furchtbar dicke Frau mit einem Vollbart und einen ganz kleinen Mann, der auf einer Ziege geritten ist und Kunststücke vorgeführt hat.«
»Nicht zu vergessen die Wahrsagerin, Schwesterchen!«, mahnte sie Marla mit scherzhaft erhobenem Zeigfinger.
Helen errötete, als Marla fortfuhr: »Die Frau hat Helen nämlich gesagt, dass sie eines Tages eines großen blonden Mann mit blauen Augen heiraten wird. Du musst aber wissen, Anna, dass Helens Verlobter klein und dunkelhaarig ist.«
»Verlobter? Aber sagtest du vorher nicht, dass Duncan meint, du würdest nie einen Mann finden? Und dann bist du schon verlobt? Wie alt bist du eigentlich?«
»Letzten Mai wurde ich fünfzehn.« Helen seufzte. »Viele Mädchen sind in dem Alter schon verheiratet, und Marla übertreibt mal wieder maßlos. Ich bin noch gar nicht richtig verlobt, Duncan meint nur, dass James mich vielleicht nehmen würde.«
»Und was meinst du, Helen?«, fragte Anna besorgt. »Magst du diesen James denn?«
In Helens Augen stand Erstaunen über Annas Frage. »Ich kenne ihn doch gar nicht, habe ihn nur einmal gesehen, aber Duncan wird die richtige Entscheidung fällen, er ist schließlich unser Bruder.«
Nun reichte es Anna wirklich. Gut, wenn man Erwachsene hinters Licht führte und Schabernack mit ihnen trieb, war das eine Sache. Aber diese Kinder hier schienen tatsächlich an all das zu glauben und danach zu leben. Wie konnte man nur so verantwortungslos sein!
Marla kicherte, und Anna konnte die Worte, die das Mädchen ihrer Schwester ins Ohr flüsterte, deutlich verstehen: »Arme Alice Skelton! Das wird ihr gar nicht passen!«
Helen musterte Anna eindringlich und nickte.
»Wer ist Alice Skelton?«, fragte Anna genervt.
»Die Frau, mit der Duncan seit drei Jahren verlobt ist, aber er schiebt die Hochzeit immer wieder hinaus. Nun hat Mutter gefordert, dass Duncan Alice Weihnachten zu seiner Frau machen muss. Aber da er dich hierher gebracht hat und dir sogar von unserer Tante erzählt hat ...« Sie brach ab und errötete.
Annas Herzschlag beschleunigte sich. Was ging es sie an, wenn Duncan verlobt war? Das konnte ihr doch gleichgültig sein, trotzdem beunruhigte es Anna. »Was hast du noch sagen wollen?«, beschwor sie Helen und sah ihr fest in die Augen.
»Nun ja, ich glaube, dass Duncan dich mag. Sonst würde er sich nicht so sehr um dich sorgen und ...
»Helen, ich glaube, du gehst jetzt in euer Zimmer!«
Laut und donnernd dröhnte seine Stimme durch den Raum. Weder Anna noch die Mädchen hatten bemerkt, wie Duncan eingetreten war. Unwillig zogen sich seine buschigen Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammen, und Anna sah, wie auf seinen Wangen schon wieder die ersten Bartstoppeln sprossen. Die Mädchen reagierten sofort, und Anna sah mit Erstaunen, wie sie alle vor Duncan knicksten, bevor sie das Zimmer verließen. Hier herrschte eine seltsame Erziehung! Anna schmunzelte bei dem Gedanken, sie hätte jemals vor ihrem älteren Bruder geknickst.
»Zieht Euch vollständig an, meine Mutter möchte Euch sehen!« Duncan sprach in einem solch barschen Ton mit ihr, dass Anna zusammenzuckte.
»Gut, das ist der erste vernünftige Vorschlag des
Weitere Kostenlose Bücher