Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Wyndham
Vom Netzwerk:
und dann zu Michael, der seine Blicke durch die Reihen der Zuhörerschaft wandern ließ, um ihre Reaktion festzustellen.
    »Michael sieht etwas besorgt aus«, bemerkte ich.
    »Völlig unnötig«, meinte Josella. »Was Brigham Young Mitte vorigen Jahrhunderts zuwege brachte, ist heute ein Kinderspiel.«
    »Manchmal wundere ich mich über dich, Josella«, sagte ich. »Hattest du schon irgendwelche Informationen?«
    »Eigentlich nicht, aber ich bin schließlich nicht ganz dumm. Während du weg warst, hat man außerdem die meisten dieser blinden Mädchen in einem Autobus hergebracht. Alle aus einem Blindenheim. Ich habe mich gefragt, weshalb werden sie extra von dort geholt, wenn man doch von der Straße Tausende auflesen kann? Die Antwort darauf war, dass sie, erstens, da sie schon seit langem blind sind, eine Art Schulung erhalten haben, und, zweitens, dass es ausnahmslos Mädchen sind. Nicht schwer, einen Schluss zu ziehen.«
    »Hm«, sagte ich. »Kommt, vermute ich, auf die Einstellung an. Ich muss gestehen, dass mir das alles nicht aufgefallen wäre. Glaubst du …?«
    »Pst! Pst!«, unterbrach sie mich, als es still wurde im Saal.
    Die Frau, die sich erhoben hatte, war groß, dunkel, noch jung und sah energisch und zielbewusst aus.
    »Haben wir den letzten Redner so zu verstehen«, fragte sie mit messerscharfer Stimme, »dass er für freie Liebe plädiert?« Und sie setzte sich mit einer Entschiedenheit, die Befürchtungen für ihr Rückgrat erregte.
    Professor Vorless sah sie an und glättete sein Haar.
    »Ich nehme an, die Fragestellerin erinnert sich, dass von Liebe nicht die Rede war, weder von freier, noch käuflicher oder verkäuflicher. Darf ich um eine präzisere Fragestellung bitten?«
    Die Frau stand nochmals auf.
    »Ich nehme an, der Redner hat mich verstanden. Ich frage, ob er vorschlägt, die Ehegesetze abzuschaffen?«
    »Die Gesetze, die wir bisher gekannt haben, sind durch die Umstände abgeschafft worden. Unsere Aufgabe ist es nun, Gesetze aufzustellen, die der neuen Lage entsprechen, und ihnen, nötigenfalls mit Gewalt, Geltung zu verschaffen.«
    »Die Gesetze Gottes und des Anstands gelten aber noch immer.«
    »Gnädige Frau. Salomon hatte dreihundert – oder waren es fünfhundert? – Frauen, und anscheinend hat Gott ihm das nicht übelgenommen. Der sittenstrengste Mohammedaner kann vier Frauen haben. Das sind Fragen der jeweiligen Tradition. Welche Gesetze in diesen und anderen Dingen gelten sollen, darüber werden wir, zum Wohl der Gemeinschaft, später alle entscheiden.
    Das Komitee hat nach eingehender Beratung beschlossen, dass zur Sicherung eines ungestörten Aufbaus und um die sehr naheliegende Gefahr eines Rückfalls in die Barbarei auszuschalten, alle Beitretenden sich mit gewissen Verpflichtungen einverstanden erklären müssen.
    Keiner von uns wird je wiederfinden, was wir verloren haben.
    Was wir bieten, ist ein arbeitsreiches Leben unter den uns erreichbaren günstigen Bedingungen und das Glücksgefühl, das eine unter widrigen Umständen vollbrachte Leistung verleiht. Dafür verlangen wir Willigkeit und Fruchtbarkeit. Niemand wird gezwungen. Jeder kann wählen. Allen, denen unser Angebot nicht zusagt, steht es vollkommen frei, anderswohin zu gehen und eine Gemeinschaft nach ihrem Gutdünken zu gründen.
    Aber ich bitte jeden, sich sehr sorgfältig zu überlegen, ob er von Gott das recht hat oder nicht, einer Frau das Glück zu nehmen, das sie in der Erfüllung ihrer natürlichen Bestimmung finden kann.«
    Die sich anschließende Diskussion glitt häufig zu Mutmaßungen und Detailfragen ab, auf die es jetzt noch keine Antworten geben konnte. Aber niemand stellte einen Antrag auf Schluss der Debatte. Je länger man über die Sache sprach, umso mehr würde sie ihren befremdlichen Charakter verlieren.
    Josella und ich begaben uns zu dem Tisch, wo Nurse Berr ihres Amtes waltete. Nachdem wir mehrere Injektionen in den Arm erhalten hatten, kehrten wir auf unsere Plätze zurück, um dem Wortgefecht weiter zuzuhören.
    »Wie viele, glaubst du, werden mitmachen?«, fragte ich Josella.
    Sie blickte um sich.
    »Bis morgen früh – fast alle«, erklärte sie.
    Ich bezweifelte das. Immer neue Einwände und Bedenken wurden laut. Josella sagte: »Du musst dich an die Stelle einer Frau versetzen, die sich heute vor dem Einschlafen eine Stunde oder zwei überlegt, wofür sie sich entscheiden soll. Für Babys und eine Organisation, die sich um einen kümmert, oder für ein Prinzip, bei dem es

Weitere Kostenlose Bücher