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Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Wyndham
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machen, wir würden ein wenig, ein klein wenig von dem, was wir ihnen schulden, zurückzahlen. Das verstehst du doch, Bill.«
    Ich dachte darüber nach.
    »Das ist das sonderbarste Argument, das ich heute – wenn nicht überhaupt jemals – gehört habe. Und doch …«
    »Und doch ist es richtig, nicht wahr, Bill? Ich weiß, es ist richtig. Ich muss mich nur in eines dieser blinden Mädchen hineinversetzen, und ich weiß es. Wir können zumindest einigen von ihnen die Chance eines möglichst erfüllten Lebens bieten. Als Zeichen unserer Dankbarkeit. Oder sollen wir ihnen dies, nur wegen der Vorurteile, die man uns beigebracht hat, vorenthalten? Darauf läuft es doch hinaus.«
    Ich saß eine Weile schweigend da. Keinen Augenblick zweifelte ich, dass Josella jedes Wort so meinte, wie sie es sagte. Ich murmelte etwas über die subversiv umstürzlerischen Frauen wie Florence Nightingale und Elizabeth Fry. Sie ließen sich durch nichts beirren – und sehr oft stellte sich heraus, dass sie schließlich recht hatten.
    »Nun gut«, sagte ich endlich. »Wenn du glaubst, dass es sein sollte. Aber ich hoffe …«
    Sie fiel mir ins Wort: »O Bill, ich wusste, du würdest es verstehen. Ich bin froh – so froh. Du machst mich glücklich.«
    Später: »Ich hoffe …«, begann ich zögernd.
    Josella tätschelte mir die Hand.
    »Mach dir keine Sorgen. Ich werde zwei nette, vernünftige Mädchen auswählen.«
    Hand in Hand blieben wir auf dem Mauerstück sitzen und schauten auf die Schattengestalten der Bäume – ohne sie richtig zu sehen, zumindest muss ich das von mir sagen. Dann schaltete jemand in dem Gebäude hinter uns ein Grammophon ein und spielte einen Straußwalzer. Heimweh weckend, klangen die Töne durch den leeren Hof und verwandelten die Straße vor uns für einen Augenblick in einen gespenstischen Ballsaal; ein buntes Gewimmel, mit dem Mond als Kronleuchter.
    Josella glitt von ihrem Sitz. Die Arme ausgebreitet, Gelenke und Finger im Takt bewegend, schwebte sie leicht wie Distelflaum in einem großen, vom Mondlicht erhellten Kreis. Sie tanzte zu mir heran, winkend und mit leuchtenden Augen.
    Und so tanzten wir. Tanzten am Rand einer unbekannten Zukunft zum Echo einer versunkenen Vergangenheit.

8 Vereitelte Pläne
    8
    Vereitelte Pläne
    Bei dumpfem Glockengeläut durchschritt ich eine unbekannte, verödete Stadt, und eine hohle Grabesstimme rief ins Leere: »Das Tier ist los! Seid auf der Hut! Das Tier ist los!« – als ich erwachte und wirklich eine Glocke läuten hörte. Es war eine Handglocke, die so erschreckend gellte und klirrte, dass ich mich zuerst gar nicht entsinnen konnte, wo ich war. Noch ganz schlaftrunken setzte ich mich auf, da erscholl der Ruf »Feuer«, und ich sprang, so wie ich war, von meiner Schlafstätte und lief in den Flur. Dort spürte ich Brandgeruch und hörte hastige Schritte und das Zuschlagen von Türen. Der Hauptlärm schien von rechts zu kommen, wo das Glockengeläut und das Geschrei andauerten. Ich lief in diese Richtung. Am Ende des Flurs sickerte Mondlicht durch hohe Fenster und verbreitete so viel Helligkeit, dass ich mich in der Mitte des Korridors halten konnte und nicht den Leuten in den Weg lief, die an den Wänden entlangtappten.
    Ich erreichte die Treppe. In der Halle unten gellte die Glocke noch immer. Ich eilte hinunter, so schnell ich konnte, in immer dickeren Qualm geratend. Beinahe am Ende der Treppe stolperte ich und stürzte. Die Dämmerung wurde plötzlich schwärzeste Finsternis, aus der Licht aufstach wie eine Wolke von Nadeln, und dann nichts mehr …
    Das Erste war ein hämmernder Schmerz im Kopf, das zweite etwas Blendendes, als ich die Augen öffnete. Was aber beim ersten Blick grell wie ein Scheinwerfer zu leuchten schien, erwies sich, als ich die Augenlider vorsichtig hob, als ein ganz gewöhnliches, noch dazu ziemlich schmutziges Fenster. Ich sah, dass ich in einem Bett lag, weitere Erkundungen ließ das schmerzhafte Kolbengestampf in meinem Kopf nicht zu. Ich blieb reglos liegen und starrte zur Zimmerdecke empor – bis ich plötzlich entdeckte, dass meine Handgelenke zusammengeschnürt waren.
    Das schreckte mich, trotz des Hämmerns in meinem Kopf, aus meiner Lethargie. Die Fesselung war zwar nicht schmerzhaft eng, aber vollkommen zweckentsprechend. Einige Wicklungen von Isolierdraht um jedes Handgelenk und ein komplizierter Knoten an einer Stelle, wo man mit den Zähnen nicht hinkonnte. Ich fluchte ein wenig und schaute umher. Ein kleines Zimmer, ganz

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