Die Trinity-Anomalie (German Edition)
Vordertür.
»Wir sehen uns später«, sagte sie.
»Das hoffe ich doch.« Ein schneller Kuss, dann schloss er die Tür auf und sie ging hinaus ins helle Tageslicht.
Er sah ihr nach, bis sie um die Ecke ging.
Ein großer, blonder Priester ging an ihm vorbei in die Trainingshalle und sagte: »Hallo Daniel.«
Ach du Scheiße, Conrad …
Daniel lief ihm hinterher.
79
Conrad rümpfte die Nase und verzog sein Gesicht. »Mein Gott, Daniel, Sie riechen ja immer noch nach dieser Frau.«
»Was machen Sie denn hier?«
»Sie sind katholischer Priester«, sagte Conrad.
»Nicht mehr. Hat Nick es Ihnen nicht erzählt?«
»Es gibt ein Protokoll, das befolgt werden muss. Sie könne nicht einfach davonlaufen.«
»Doch, das sehen Sie ja.« Daniel holte einen Energydrink aus dem Kühlschrank und machte ihn auf. »Ihr Tribunal darf mich gern
in absentia
verurteilen und mich zur Ausgeburt des Teufels erklären. Sie können machen, was Sie wollen, aber ich bin nicht mehr dabei und komme auch nicht mehr zurück.«
»Und dann? Dann leben Sie glücklich bis ans Ende Ihrer Tage mit dieser Isebel?«
»Sie können mich mal, Conrad.«
Conrad Winter seufzte dramatisch. »Pater Nick ist schon ganz krank deswegen, wissen Sie? Sie haben dem alten Mann das Herz gebrochen.«
»Sagen Sie ihm, es tut mir leid«, sagte Daniel und meinte es ernst.
»Er hat sogar Kardinal Allodi überreden können, für den Fall, dass Sie zurückkommen und bereuen, eine vollständige Begnadigung zu unterzeichnen.«
»Sagen Sie ihm danke, aber ich verzichte.« Daniel nahm einen Schluck von seinem Energydrink. »Wenn das alles ist, begleite ich Sie jetzt hinaus.«
Conrad nickte, als hätte er diese Abfuhr erwartet und keine Lust, lange zu diskutieren. Während Daniel ihn durch den Trainingsraum führte, sagte Conrad: »Wenn Sie Ihr Priesteramt niederlegen und Ihr Gelübde brechen wollen, dann müssen Sie das mit Gott ausmachen. Und ich verstehe ja, Trinity ist Ihr Onkel, aber bei allem, was Ihnen heilig ist, bedenken Sie doch, was Sie anrichten, indem Sie ihm helfen. Denken Sie an die Folgen. Vielleicht ist er tatsächlich der
Antichrist
!«
»Verschonen Sie mich …« Daniel führte ihn die Treppe hinunter zur Tür.
»Wenn Sie zulassen, dass er diese Ansprache heute hält«, sagte Conrad, »wird Sie ein Leben voller Kummer erwarten. Ich habe Sie gewarnt, Daniel.«
»Schön.« Daniel schloss die Tür auf. »Danke für die Warnung.« Er deutete mit dem Finger nach draußen. »Und ein schönes Leben noch.«
Als Conrad zurück zu seinem Wagen lief, wählte er eine Nummer, die er erst kürzlich in seinem Handy gespeichert hatte, und wartete darauf, dass ein verirrtes Schaf dranging.
Sie hatten den jungen Mann drei Tage ununterbrochen bearbeitet. Drei Tage in einem fensterlosen Raum mit grellen Lichtern, die rund um die Uhr schienen; nur eine Stunde Schlaf pro Tag; zur Ernährung ausschließlich fett- und kohlehydratereiches Fastfood, fast ohne Nährwert oder Ballaststoffe, und dazu stark gezuckerte Softdrinks, die den Insulinhaushalt völlig durcheinanderbringen; Lautsprecher, aus denen ununterbrochen Choräle dröhnten; an jeder Wand ein Kruzifix und dazu noch ein Priester in vollem Ornat, der in einem steten Schwall religiöse Reden schwang.
Es war erstaunlich einfach, ein verirrtes Schaf weiter in die Finsternis und über den Rand des Wahnsinns zu treiben. Man musste es nur wollen.
Schließlich ging der junge Mann dran.
»Pater Carmine hier«, sagte Conrad. »Ja, richtig, der Hirte des Herrn. Weißt du noch, worüber wir letzte Nacht geredet haben?«
Er schloss den Wagen auf und stieg ein.
»Es ist so weit, mein Sohn. Der Herr braucht deine Hilfe.«
Er schloss die Tür und steckte den Schlüssel ins Zündschloss.
»Weißt du, irgendwie beneide ich dich. Von all Seinen Kindern hat der Herr dich erkoren. Jeder Mensch braucht Gott, aber dass Er dich braucht, ist ein ungeheures Privileg. Du bist etwas ganz Besonderes, mein Sohn.«
Er startete den Wagen.
»Richtig, heute Nachmittag. Weißt du noch, wo? Apartment 301, Schlüssel unter der Matte. Du findest dort alles, was du brauchst. Wie wir es besprochen haben. Denk dran, um halb zwei, nicht früher.«
Er fuhr los.
»Du bist wahrhaft gesegnet, mein Sohn. Gottes Gnade ist mit dir und im Himmel wirst du reich belohnt.«
Er unterbrach die Verbindung, warf das Handy auf den Beifahrersitz und dachte bei sich:
ALEA IACTA EST.
Der Würfel ist gefallen.
80
Daniel saß auf dem Beifahrersitz und
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