Die Trinity-Anomalie (German Edition)
peitschender Regen leise rüttelten. Triumphierend hob er sein Glas.
»Fick dich, Katrina«, sagte er. »Mach, was du willst! Mir kannst du nichts anhaben.«
Dann nahm er einen großen Schluck und merkte, dass er viel betrunkener war als beabsichtigt. Als er die Treppe hinaufging, musste er sich schon ein wenig konzentrieren. Den Rest des Sturms bekam er nicht mehr mit, denn im Schlafzimmer im ersten Stock angekommen, sackte er auf seinem Riesenbett voll bekleidet in die Seidenlaken mit Leopardenmuster und schlief ein.
Aber die Furie erschien ihm im Traum.
14
Im Traum lag Trinity auf dem Rücken, längs zwischen zwei Schienen. Es waren die Bahngleise zwischen der Tchoupitoulas Street und dem Flussufer, und über ihn donnerte ein Güterzug hinweg, nur ein paar Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. Der Lärm war ohrenbetäubend, und der Fahrtwind drohte, ihn gegen die Räder zu drängen. Sein Herz pochte wild gegen seinen Brustkorb, und er musste sich zum Atmen zwingen. Plötzlich hörte er noch ein anderes Geräusch, ein tiefes Ächzen wie von einem Elefanten. Er drehte seinen Kopf nach rechts und sah verschwommen zwischen den rasenden Rädern den mächtigen Mississippi. Eine Welle rollte den Fluss entlang und schwappte ans Ufer. Dann noch eine und wieder eine, und mit jeder Welle schwoll der Fluss weiter an und trat über die Uferbefestigung. Das Wasser floss stetig in den tiefer liegenden Rangierbahnhof und auf das Gleis zu, auf dem Trinity lag. Es schien, als würde der Zug niemals enden. Es waren vielleicht zwanzig Waggons über ihn hinweggerollt, aber er konnte seinen Kopf nicht anheben, um zu sehen, wie viele noch kamen. Das Wasser floss jetzt schneller und schwappte seitlich gegen seinen Körper. Wenn der Zug nicht bald endete, würde Trinity ertrinken.
Und plötzlich wurde es ihm bewusst. Der Zug würde nicht rechtzeitig enden, und er würde ganz sicher ertrinken. Und er wusste auch warum. Es war Gottes Strafe für seinen Unglauben.
Als er in der Ruhe nach dem Sturm aus seinem Albtraum erwachte, wusste er, es war die Stille, die ihn geweckt hatte. Der Sturm war weitergezogen. Er schüttelte die letzten Fetzen des Traums ab, nahm sich die Taschenlampe und stolperte mit hämmernden Kopfschmerzen ins Bad. Im Badezimmerschrank hatte er BC-Kopfschmerzpulver. Er fingerte zwei Tütchen aus der Schachtel und streute den bitteren Inhalt auf seine Zunge. Dann drehte er den Wasserhahn auf und hielt seinen Mund darunter. Nichts.
Dann fiel es ihm wieder ein.
Na klar, natürlich gab’s kein Wasser.
Er griff nach dem Krug, den er neben das Waschbecken gestellt hatte, und trank gierig das warme Quellwasser.
Im Haus war es wie in einer Sauna. Auf dem Treppenabsatz schien er mit der Taschenlampe nach unten und rechnete damit, dass im Erdgeschoss etwas Wasser stand. Aber im Entree stand das Wasser hüfthoch und stieg immer noch an. Ein Stuhl trieb an der Treppe vorbei.
Scheiße.
Er ging zurück ins Schlafzimmer, öffnete die Sturmschutzläden und streckte den Kopf zum Fenster hinaus.
Der Himmel war eine durchgehend blaue Decke, und die Sonne schien ihm weiß glühend ins Gesicht. Die Luft war dick und schwer. Sie roch nach Salz und Schlamm. Abgesehen vom sanften Murmeln fließenden Wassers war es ganz still. Kein Hundebellen, kein Vogelgezwitscher, kein Anzeichen menschlicher Zivilisation. Nichts. Die meisten Bäume in der Straße waren umgeknickt und die, die noch standen, hatten keine Blätter mehr. Ihre nackten Äste hingen herunter wie gebrochene Arme. Die Stromkabel waren verschwunden, und die Masten standen krumm und schief herum wie betrunkene Wachposten, die das verlassene Viertel beschützten. Die ganze Straße hatte sich in einen See verwandelt, und das schlammige Wasser floss so schnell, dass er meinte sehen zu können, wie der Pegel anstieg.
So viel Wasser.
Trinity reckte den Kopf nach links. Das Wasser schwappte etwa in Brusthöhe gegen die Garagentore. Seine aufgemotzten Cadillacs waren sicher unter Wasser, ruiniert.
Er ging vom Fenster weg und schaltete seinen Kurzwellenempfänger ein. Es war tatsächlich zum Schlimmsten gekommen.
Der Damm des 17th-Street-Kanals war gebrochen und der Pontchartrain-See tat, wozu er bestimmt war, verleibte sich Lakeview ein und überflutete Mid-City, Carrollton, Gentilly, City Park …
Zweiundfünfzig weitere Dämme waren gebrochen, und 80 Prozent der Stadt waren bereits oder wurden gerade überschwemmt.
So viel Wasser. Und es kam immer mehr.
Ein paar Stunden
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