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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Chercover
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später war das Entree in Trinitys Haus vollkommen unter Wasser, ebenso die halbe Treppe. Draußen war es immer noch still, aber hie und da waren die surrenden Hubschrauber der Küstenwache und in der Ferne das Geknatter von Schusswaffen zu hören. Ein toter Schäferhund trieb die Straße entlang. Wenige Minuten später schwamm ein drei Meter langer Alligator vorbei.
    »Okay, der Spaß ist vorbei«, sagte Trinity laut. »Das ist wirklich nicht mehr komisch.« Er hatte eigentlich vorgehabt, ein paar Tage irgendwo zu campieren, und hatte sich gut mit allem Nötigen eingedeckt, aber jetzt wollte er nur noch weg. Er konnte immer noch später zurückkommen.
    Trinity schlug sein Lager auf dem Balkon des vorderen Gästezimmers auf, und als er wieder einen Hubschrauber in der Nähe hörte, begann er, Leuchtmunition in die Luft zu schießen.
    Aber ohne Erfolg.
    In der Ferne waren weiterhin Pistolenschüsse zu hören, immer öfter, und laut Radio war in New Orleans die Anarchie ausgebrochen. Es hieß, Zehntausende seien auf Hausdächern gestrandet und niemand würde sie retten. Was zum Teufel machte die Regierung?
    Es war eine lange Nacht.
    Der nächste Tag verging wie der erste. Trinity aß Dosenkost, trank lauwarmes Quellwasser, und immer wenn ein Hubschrauber in die Nähe kam, schoss er eine Leuchtpatrone ab. Dann, als die Sonne langsam unterging, kam wieder ein Hubschrauber vorbei;und diesmal bemerkte die Besatzung seine Leuchtkugel. Sie ließen ein Seil hinunter und zogen ihn gen Himmel empor.
    Die Stadt unter ihm – 
seine
Stadt – ging unter und stand gleichzeitig in Flammen. Trinity zählte die brennenden Gebäude, die aus dem schlammigen Wasser ragten, bis er es nicht mehr ertragen konnte und die Augen schloss.
    Ein junger Mann in Küstenwachenuniform hievte Trinity in den Hubschrauber, die Seitentür ging zu und das Getöse der Rotorblätter wurde gedämpft. Trinity gab dem Piloten mit erhobenem Daumen ein Zeichen, und der Vogel drehte nach Westen ab. Der junge Mann schaute lange aus dem Seitenfenster und brüllte dann dem Piloten zu: »Unglaublich, was?«
    Der Pilot rief zurück: »Unglaublich ist gar kein Ausdruck. Das ist wie in der Bibel, Mann.«
    Der Hubschrauber flog ganz niedrig über Trinitys zerstörte Stadt. Der aber hielt die Augen geschlossen, bis sie weit draußen auf dem Louis-Armstrong-Flughafen im Jefferson Parish landeten, wo eine Ambulanz eingerichtet worden war. Trinity wurde schnell von einem Sanitäter untersucht und in einen Evakuierungsbus nach Baton Rouge gesteckt. Er kam neben einer sehr alten schwarzen Frau zu sitzen, die ihre Perücke verloren hatte und sich übermäßig für ihren kahlen Schädel entschuldigte.
    »Macht doch nichts«, sagte Trinity, als der Bus sich schaukelnd in Bewegung setzte. »Ach, wenn Fess noch leben würde, würde der Lieder über Sie singen.« Er lachte freundlich und hielt ihr seine Hand hin. »Tim Trinity.«
    Die alte Frau sog hörbar die Luft ein. »Ach Herrje, Sie sind Reverend Tim?«
    »Ja, Ma’am.«
    Sie schüttelte seine Hand. »Sie kamen mir zwar gleich bekannt vor, aber ich habe so schlimmen grauen Star, ich kann überhaupt nichts mehr sehen.« Sie lächelte ihn an und ihre Lippen legten dunkles Zahnfleisch frei. Sie hatte im Sturm auch ihr Gebiss verloren. »Ich bin Miss Carpenter. Sie können mich Emogene nennen.«
    »Schön, Sie kennenzulernen, Miss Emogene.«
    Miss Emogene sah auf die dunkle Straße hinaus. »Haben Sie Verwandte in Baton Rouge? Meine Tochter wohnt Gott sei Dank in der Gegend.«
    »Nein, Ma’am, aber ich bleibe nicht lange, ein paar Tage vielleicht. Sobald ich zurückdarf, widme ich mich wieder dem Werk Gottes. Ich habe eine Suppenküche im Lower Ninth Ward.«
    Die Alte machte ein gequältes Gesicht, und ihre milchigen Augen jagten Trinity eine Riesenangst ein. »Da komme ich gerade her. Ich fürchte, dahin können Sie nicht zurück.«
    »Aber ja doch.«
    »Mann, Sie verstehen mich nicht. Es
gibt
keinen Lower Ninth Ward mehr. Das ganze Viertel ist … 
weg

    Miss Emogene zog sich in ihre Traurigkeit zurück, und den Rest der Fahrt schwiegen sie. Trinity sah sich im Bus um und bemerkte, dass er der einzige Weiße war. Ein Mann in mittleren Jahren, der gegenüber saß, stellte sein altes Transistorradio an, und der ganze Bus verstummte, während alle angespannt den letzten Meldungen lauschten.
    Auf die schlechten Nachrichten folgten noch mehr schlechte Nachrichten. Die alte Frau hatte recht, der Ninth Ward war von der

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