Die Trinity-Anomalie (German Edition)
Vegas bei Sportwetten drei Milliarden Dollar gesetzt. Für die Wettbüros blieben davon unterm Strich 4,5 Prozent. Wenn die Marge unter 4 Prozent fiel, suchte man sich besser einen neuen Job, aber wenn man 5 Prozent machte, war man ein Superstar. William Lamechs Wettbüro war mit seinen über dreißig riesigen Bildschirmen und den bequemen Polstermöbeln mit persönlichen Monitoren eines der größten der Stadt. Es erzielte im Schnitt eine Marge von 5,6 Prozent. Er war der Beste. Die Finanzbuchhalter sollten doch die Klappe halten. Die konnten ihn mal kreuzweise. Vieles hatte sich geändert in der Wüste von Nevada, aber Glücksspiel blieb Glücksspiel und Geld blieb Geld. William Lamech hatte sich dreiundfünfzig Jahre lang immer allen Herausforderern gestellt und nicht einen Kampf verloren.
Wer auch immer die Drahtzieher hinter dieser seltsamen neuen Bedrohung waren, sie hatten sich ganz schön verrechnet. Und wenn sie noch so einflussreich waren, es würde ihnen nichts nutzen. Er war ein knallharter alter Schurke, und wenn es sein musste, würde er es ihnen schon zeigen.
Und dann wehe ihnen.
»Ach, das ist doch ein Schwindel«, sagte Michael Passarelli. »Ich glaube es einfach nicht.«
»Ich auch nicht«, sagte Jared Case. »Das muss nach dem Spiel aufgenommen worden sein.«
»Wie wenn einer beim Roulette setzt, wenn nichts mehr geht«, fügte Pete DeFazio hinzu. Die anderen am Vorstandstisch nickten und murmelten beipflichtend.
William Lamech wusste, es würde nicht einfach sein, sie zu überzeugen. Wer allzu leichtgläubig war, brachte es im Sportwettgeschäft nicht weit, und diese zwölf waren die scharfsinnigsten und skeptischsten Männer in der ganzen Branche. Bevor er die DVD und die entschlüsselte Tonaufnahme abspielte, hatte er schon angekündigt, dass es sehr unglaubwürdig klingen würde.
»Das ist nicht nach dem Spiel aufgenommen worden«, sagte Lamech, »ich habe die Sendetermine unabhängig überprüfen lassen. Er hat die Ergebnisse tatsächlich vorausgesagt. Und er hat sich kein einziges Mal geirrt.« Er machte eine Pause, damit sie diese Information verarbeiten konnten. »Ich weiß, was ihr denkt. Ich konnte es auch nicht glauben … anfangs. Und ich weiß immer noch nicht, wie er es macht. Aber es gelingt ihm, und wenn das an die Öffentlichkeit dringt …« Lamech schaltete den Fernseher aus. Er machte eine Pause und sah jedem Einzelnen an dem langen Glastisch in die Augen. »Ihr kennt mich gut genug. Ich mache keine Witze. Die Aufnahmen sind echt.«
DeFazio pfiff durch die Zähne. »Verdammt«, sagte er. »Woher hast du die Aufnahmen?«
»Vor zwei Tagen von einem meiner Buchmacher in Atlanta gekriegt. Ein Kunde von ihm – irgend so ein spielsüchtiger junger Typ – ist darüber gestolpert und wollte damit seine Spielschulden begleichen. Der Buchmacher hat ihm natürlich nicht geglaubt, aber der Junge hat ihm die Aufnahmen vorgespielt. Der Buchmacher hat mich daraufhin direkt angerufen und ich habe die Sache überprüft.«
»Was treibt dieser Trinity für ein Spiel?«, sagte Darwyn Jones, der am anderen Ende des Tischs saß. Neben Lamech war Jones der klügste Kopf in der Runde. Vielleicht sogar genauso klug wie er. »Meinst du, er will uns erpressen?«
»Er hat sich nicht mit uns in Verbindung gesetzt«, sagte Lamech.
»Wer steckt dahinter?«, fragte Passarelli.
»Wissen wir nicht«, sagte Lamech.
»Na, toll.«
»Verdammt«, sagte DeFazio, »wir können doch nicht einfach tatenlos zusehen. Der Kerl hat immerhin den Ausgang des
Super Bowl
vorausgesagt!« Er nahm das Blatt, das vor ihm auf dem Tisch lag – die Abschrift der entschlüsselten Botschaft –, und überflog es: »Er hat alles
ganz genau
vorausgesagt. Sogar die Gesamtpunktzahl. Und das war zehn Tage vor dem Spiel. Wenn das rausgekommen wäre …«
Es wurde still. Dann sagte Jared Case: »Das hätte für uns das Aus bedeutet. Unsere Margen sind bei der jetzigen Wirtschaftslage schon knapp genug.«
»Wir müssen sofort etwas unternehmen«, sagte DeFazio.
»Aber was?«, fragte Sam Babcock.
»Ich glaube, William hat eine Idee«, sagte Darwyn Jones und alle Blicke richteten sich auf Lamech.
»Stimmt.« Lamech nippte an seinem Perrier und ließ sie warten. »Informationen sind unser Geschäft, meine Herren. Also besorgen wir uns Informationen. Der Prediger ist sicher auch kein Unschuldslamm. Wer ist das schon? Also finden wir heraus, ob Trinity irgendetwas zu verbergen hat, womit wir ihn unter Druck setzen
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