Die Trinity-Anomalie (German Edition)

kamen ihm doch leise Zweifel. Sprach Reverend Tim wirklich im Namen Gottes? Plötzlich war er nicht mehr so fest davon überzeugt wie in der Cafeteria.
    Er stieg in seinen rostigen, alten Ford F-150 und fuhr vom Gelände. Ein paar Blocks weiter wendete er und parkte mit Blickauf die Raffinerie. Er kurbelte die Fenster herunter, machte seine Lunchbox auf und steckte sich Kautabak in die rechte Backe. Dann öffnete er eine Dose Dr Pepper und wartete.
    Er dachte nur:
Entweder bin ich der klügste Mann in ganz Louisiana oder der dümmste.

26
    Der Vorarbeiter hasste den Begriff »Produktivitätsbesprechung«. Für ihn waren diese Besprechungen das Unproduktivste, was sich die Leute in der mittleren Führungsebene je ausgedacht hatten, und das wollte schon was heißen. Diese Business-Schnösel waren Weltmeister der Zeitverschwendung. Zu ihren anderen herausragenden Fähigkeiten gehörten Rückenfreihalten, Schuldzuschieben und Arschkriechen. Aber er war stellvertretender Produktionsleiter und gehörte damit zur unteren Führungsebene, deshalb musste er das Spiel mitspielen.
    Wenigstens wurden die Besprechungen in der Cafeteria abgehalten. Damit wollten die Business-Schnösel zeigen, dass sie »ganz normale Leute« waren. Diese Typen mischten sich gern unter die einfachen Arbeiter, die für ihr Geld richtig was leisten mussten.
    Der Vorarbeiter nahm einen Schluck Kaffee und versuchte, sich auf die Sitzung zu konzentrieren. Der Informatik-Mensch mahnte die Runde wieder, keine Witze über die Firmen-E-Mail zu verschicken. Er nannte keine Namen, aber die Übeltäter wüssten schon, dass sie gemeint waren, und er ließ eine unterschwellige Drohung los für den Fall, dass das nicht aufhörte.
    Dem Vorarbeiter knackten die Ohren wie bei einer Aufzugfahrt.
Plötzliche Luftdruckveränderung
, dachte er.
Irgendwas stimmt hier nicht. Irgendwas …
    Eine Explosion erschütterte das Gebäude. An der gegenüberliegenden Wand flogen die Fenster heraus. Schreiende Männer. Alle hielten sich am Tisch fest …
    Es wurde dunkel …
    Heiz- und Klimasystem, Kühlschränke und Verkaufsautomaten schalteten sich ab, und es wurde ganz still in der Cafeteria …
    Ein dumpfes Grollen dröhnte durch die Mauern. Rote Warnleuchten begannen zu blinken und die Sirenen heulten, einmal pro Sekunde. Die Notstromaggregate schalteten sich ein und weiße Leuchtstreifen am Boden wiesen den Weg zum Ausgang.
    Da die meisten seit Jahren monatliche Brandschutzübungen gewohnt waren, setzte bei ihnen das motorische Gedächtnis ein. Die Männer ließen all ihre Habseligkeiten zurück und gingen schnell Richtung Ausgang. Einige fassten die Tür an, um die Temperatur zu fühlen. Der Vorarbeiter und der Informatiker nahmen sich die Feuerlöscher, die zu beiden Seiten der Tür hingen. Jemand öffnete die Tür und der Vorarbeiter führte die anderen Männer in den Gang.
    Die Leuchtstreifen führten nach links, den Gang entlang bis zum nächsten Notausgang. Der Vorarbeiter packte den Informatiker an der Schulter und zeigte nach links.
    »Sie haben das Kommando«, brüllte er ihm ins Ohr. Das Grollen war zu einem Tosen angewachsen, deshalb musste er laut schreien. »Bringen Sie die Leute raus.«
    Die Gruppe folgte dem Informatiker nach draußen in Sicherheit. Der Vorarbeiter bog nach rechts ab und lief durch das blinkende rote Licht zur Doppeltür am Ende des Gangs.
    Die Tür wurde aufgerissen und drei Männer kamen hereingestolpert. Rauch stieg aus ihrer verkohlten Kleidung auf. Die Haut an ihren Händen und Gesichtern war weggesengt. Hinter der offenen Tür lag ein wütendes Flammenmeer. Rauchschwaden quollen in den Gang.
    Zwei der Männer taumelten weiter, am Vorarbeiter vorbei, zum nächsten Notausgang. Der dritte fiel vornüber zu Boden. Der Vorarbeiter ließ den nutzlosen Feuerlöscher fallen, rannte zu dem Mann am Boden, hob ihn hoch und hievte ihn auf seine Schulter.
    Dann rann er Richtung Ausgang. Dann wieder eine gewaltige Explosion hinter ihm. Die Doppeltüren flogen auf und eine Feuerwoge rollte über ihn hinweg.
    Der ganze Gang stand in Flammen.

    Andrew Thibodeaux konnte die Explosion hören. In der Ferne stieg ein Feuerball durch das aufgerissene Metalldach des Hauptgebäudes auf. Das obere Drittel der Wand darunter brach zusammen und noch mehr Flammen züngelten aus dem Gebäude. Dicker, schwarzer Rauch stieg in den Himmel.
    Eine ganze Minute lang saß er nur da und schaute zu, wie das Feuer sich ausbreitete, ohne bewusst an etwas zu denken. Dann