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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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Noch eine. Langsam tat der Arm ihm weh, und die unwillkürliche Verlegenheit ließ ihn erröten. Was sollte Neame denken, wenn er ihn in einem solchen Buch blättern sah? Er stellte es zurück ins Regal, nahm die Zeitung in die rechte Hand und hatte das Gefühl, mitten auf einer großen Bühne vor einem Publikum von Tausenden von Menschen zu stehen. Ob Neame sich ihm in der Gegenwart des Mädchens überhaupt näherte? Würde er sich mit einem Kopfnicken zu erkennen geben und von Gaddis erwarten, dass er ihm folgte? Er kam sich vor wie in der Uraufführung eines Stücks, das er nie geprobt hatte.
    Punkt elf Uhr erschien ein zweiter Kunde, ein kahlgeschorener Mann Mitte zwanzig, oben auf dem Treppenabsatz. Gaddis’ Erregung beim Klang der Schritte auf der Treppe war schnell verflogen. Der Mann trug zerschlissene Jeans, weiße Adidas-Turnschuhe und ein blaues Chelsea-Trikot mit dem Namenszug » LAMPARD « auf dem Rücken. Eher kein Mitarbeiter von Thomas Neame. Ohne Blickkontakt zu suchen, ging der Mann an Gaddis vorbei und steuerte auf einen Stapel reduzierter Paperbacks auf der anderen Seite des Raums zu. Gaddis gab sich weiter den Anschein des Schmökernden, zog ein zweites Buch aus der Ratgeber-Ecke, nachdem er zu diesem Zweck die Herald Tribune wieder unter den Ellenbogen geklemmt hatte. Es trug den Titel: Die Mäusestrategie für Männer, Veränderungen erfolgreich begegnen, und Gaddis ersetzte es rasch durch ein anderes Hochglanz-Taschenbuch, und diesmal vermochte der vielversprechende Titel Der letzte Ratgeber, den Sie je benötigen werden ihm immerhin ein breites Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
    Wo blieb Neame? Er schaute hinüber zur Treppe, aber dort war außer Werbeplakaten, einem schwankenden Licht und einem von jahrelangem Gebrauch ausgetretenen, beigefarbenen Teppichboden nichts zu sehen. Fünf lange Minuten später erhob sich das Mädchen mit den Rastalocken endlich vom Fußboden, stellte den Asienführer zurück ins Regal und stieg die Treppe hinab. Lampard war jetzt seine einzige Gesellschaft.
    Auf einmal ging alles ganz schnell. Kaum war die Frau verschwunden, drehte Lampard sich um und kam direkt auf Gaddis zu. Gaddis wollte schon einen Schritt zur Seite treten, um den Mann vorbeizulassen, bis er verblüfft bemerkte, dass er ein Stück Papier aus der Gesäßtasche zog und ihm zusteckte.
    » Sie ha’m was verloren, Chef«, murmelte er mit ausgeprägtem Cockney-Akzent. Gaddis nahm den Zettel mit erregter Verwunderung entgegen. Ehe er etwas sagen konnte, war Lampard schon halb die Treppe hinunter, eine Wolke Schweiß und die Erinnerung an ein blasses, unterernährtes Gesicht zurücklassend.
    Gaddis faltete das Blatt Papier auseinander. Dort stand in spinnenhafter Krakelschrift eine kurze Nachricht:
    GEHEN SIE ZUR KATHEDRALE . AUS DEM WATERSTONE ’S NACH RECHTS , DANN LINKS IN DIE SOUTHGATE STREET . AM EXCHANGE PUB LINKS ABBIEGEN IN DIE ST . CLEMENT STREET . BEI BLINKERS NOCH MAL LINKS . DANN RECHTS AB IN DIE HIGH STREET . BIS ZUM DENKMAL .
    GEHEN SIE AN DER PASTETENBÄCKEREI VORBEI UND DANN NACH RECHTS INS CAFÉ MONDE UND BESTELLEN SICH EINEN ESPRESSO . NICHT ANS FENSTER ODER AN EINEN DER AUSSENTISCHE SETZEN . NACH DEM VERLASSEN DES LOKALS GERADEWEGS ZUR KATHEDRALE GEHEN . SETZEN SIE SICH IM SCHIFF – ETWA AUF HALBER HÖHE – AUF DIE RECHTE SEITE DES MITTELGANGS .
    Gaddis las die Wegbeschreibung ein zweites Mal. Er hatte genug Agentenfilme gesehen, um zu wissen, dass Neame sichergehen wollte, dass ihm vom Waterstone’s Bookshop zur Kathedrale niemand folgte. Lampard war offensichtlich ein bezahlter Helfer, ein Mittelsmann. Ein alter Mann von neunzig Jahren wäre zu keiner Observation mehr in der Lage, außerdem würde er sich nicht in der Öffentlichkeit zeigen, solange er nicht wusste, ob er Gaddis vertrauen konnte. Das alles erschien logisch und verständlich, trotzdem verspürte er ein seltsames Unbehagen, der Furcht vor dem Gesetz nicht unähnlich, als er den Buchladen verließ und sich auf der Hauptstraße nach links wandte. In der Southgate Street faltete er den Zettel ein zweites Mal auf, fürchtete schon, damit Aufmerksamkeit zu erregen. Er versuchte, sich die Wegbeschreibung einzuprägen, aber bei Blinker’s, einem kleinen Friseurladen in einer schmalen Gasse, in der Spatzen auf dem Gehsteig herumhüpften und durch die eine Mutter ihren Kinderwagen schob, musste er bereits wieder einen Blick darauf werfen. Als er aus der St. Clement Street herauskam, sah Gaddis ein paar Meter weiter

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