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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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Zähne waren verwittert zu gelblichem Grau, die blauen Augen klar und tief wie gefärbtes Glas.
    » Dann wissen Sie auch, dass Eddies Tod vorgetäuscht war. Und dass sich das Office die ganze Geschichte ausgedacht hat, um ihn zu schützen.«
    » Ihn vor was zu schützen?«
    » Oder vor wem?« Neame streckte die Hand aus, um den Griff seines Gehstocks zu berühren. Die Antwort auf diese Frage schien ihm ein genauso großes Rätsel zu sein, wie sie es für Gaddis war. » Ich weiß nur, dass Eddie sich verabschieden wollte. Er hat mir erzählt, was sie mit ihm vorhatten. Ich wusste, dass ich ihn wohl zum letzten Mal gesehen hatte.«
    » Und? War es so?«
    Neame brachte noch so ein tiefes, bedauerndes Seufzen hervor. » Ach, ich vermute, er ist nicht mehr am Leben. Die wenigsten sind so alt geworden wie ich.«
    Gaddis quittierte die Bemerkung mit einem stillen Lächeln, gleichzeitig verspürte er einen Stich der Enttäuschung. Ein toter Cambridge-Spion war für ihn nicht halb so viel wert wie einer, der sich seines Lebens und bester Gesundheit erfreute. Mehr aus Enttäuschung als aus Vernunft beschloss er, die Grenzen von Neames Wissen zu erforschen.
    » Aber Sie wissen nicht, ob Edward Crane tot ist?«
    Neame lehnte sich ein winziges Stück zurück, wandte den Blick hinauf zur Kirchendecke. Nach ein paar Sekunden war klar, dass er auf diese Frage nicht antworten wollte. Gaddis schlug eine andere Richtung ein.
    » Kannten Sie ihn seit Ihrer Kindheit?«
    » Seit dem Trinity College. Das zählt wohl nicht mehr zur Kindheit. Aber ich will Ihnen was erzählen: Ein Jahr nach der St.-Mary’s-Operation hat Eddie mir ein Dokument geschickt, eine Art Kurzautobiografie, wenn man so will. Highlights aus dem Leben eines Meisterspions.«
    Gaddis atmete auf. Endlich etwas Konkretes. Wohlige Zufriedenheit breitete sich in ihm aus, endlich setzten sich ein paar Teile zusammen. Charlotte hatte von diesem Dokument gesprochen, aber er durfte Neame gegenüber nicht zu viel von seinem Wissen preisgeben.
    » Himmelarsch, das gibt’s doch nicht!«, sagte er und hatte für einen Augenblick vergessen, dass er im Schiff einer Kathedrale aus dem dreizehnten Jahrhundert saß. Neame lächelte.
    » Dieser Ort dient der Ehre Gottes, Dr. Gaddis. Hüten Sie Ihre Zunge.«
    » Begriffen.« Es war der erste Scherz zwischen ihnen, und wieder versuchte Gaddis, von Neames gehobener Stimmung zu profitieren. » Was ist mit diesem Dokument passiert? Haben Sie es noch? Haben Sie versucht, es zu veröffentlichen?«
    » Veröffentlichen?«
    » Was ist daran so komisch?«
    Neame musste husten, und wieder schien ein jäher Schmerz ihm durch die Brust zu zucken. » Machen Sie sich nicht lächerlich. Eddie hätte mir den Hals umgedreht.«
    » Warum?«
    » Weil er ein Gewohnheitstier war. Und Verschwiegenheit gehörte zu den Dingen, auf die er Wert legte. Er hat mir seine Erinnerungen im stillschweigenden Einvernehmen überlassen, dass ich sie nicht veröffentliche.«
    » Und davon sind Sie überzeugt?«
    Neame schaute, als hätte nach vier Jahrzehnten zum ersten Mal jemand sein Urteil bezweifelt. Gaddis versuchte es auf andere Art.
    » Wenn Crane einen Rechenschaftsbericht zu Papier gebracht und ihn Ihnen übergeben hat, könnte dahinter nicht unbewusst der Wunsch gestanden haben, dass seine Geschichte irgendwann einmal ans Licht kommt?«
    » Unbewusst?« Aus Neames Mund klang das Wort wie die größte Absurdität der Welt.
    » Ich entnehme Ihrer Reaktion, dass Sie kein ausgesprochener Freudianer sind.«
    Auf der Unterlippe des Mannes hatte sich ein weißer Speichelfaden gebildet, den er mit einem gefalteten weißen Taschentuch abtupfte, ein Vorgang, der ihn gleichzeitig zu ärgern und verlegen zu machen schien; das waren die kleinen Demütigungen des Greisenalters. Während er das Taschentuch in die Tasche seiner Tweedhose zurückschob, wandte er den Blick zum Altar.
    » Sehen Sie, ich habe diese Verabredung mit Ihnen getroffen, weil ich ein paar Dinge richtigstellen möchte in der Akte Eddie Cranes, der in meinen Augen ein Held des Vaterlands war.«
    » Ein Held.« Tonlos wiederholte Gaddis das Wort.
    » Ganz genau. Wenn auch kein Held im modernen Sinn. Heutzutage muss ein junger Mann nur die Zehenspitze auf afghanischen Boden gesetzt haben, schon hat er das Victoria Cross um den Hals baumeln. Was für ein Unsinn. Ich spreche vom wahren Heldentum, bei dem man nicht nur Leib und Leben aufs Spiel setzt, sondern seinen Ruf.« Die Anstrengung, seinen Standpunkt zu

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