Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
Vom Netzwerk:
überredete er die Leute, die Arbeit niederzulegen.«
    » Wie haben sie das geschafft?«
    Neame schien verärgert über die Unterbrechung.
    » Weil sie alle beide, Guy und Eddie, jeder auf seine Art, fabelhaft mit Menschen umgehen konnten. Wenn Guy einem erzählte, dass am nächsten Tag die Sonne nicht aufgehen würde, glaubte man es ihm. Und Eddie genauso. Es gab jede Menge Angsthasen unter den Kellnern und dem Küchenpersonal, aber er überzeugte sie davon, dass es nicht nur in ihrem Interesse war, einen Streik zu beginnen, sondern dass sie damit ihre Anstellung in keiner Weise gefährdeten. Er konnte es ihnen natürlich nicht garantieren, doch wenn Eddie einem etwas erzählte, kaufte man es ihm ab. Und diese Geschichte war einer der seltenen Anlässe, bei denen er den Kopf über die Brüstung streckte. Nur ganz wenige Menschen wissen, welche zentrale Rolle Eddie bei der Organisation der ganzen Sache gespielt hat.«
    » Und wer wusste darüber Bescheid? Burgess? Blunt?«
    » Blunt ganz sicher. Er und Guy waren unzertrennlich, und soweit ich weiß, ständig auf der Suche nach neuen Talenten. Garantiert haben sie ihren NKWD -Führungsoffizier darüber informiert, dass Eddie vom richtigen Kaliber war.«
    » Und das reichte? Für die Russen musste die Parteimitgliedschaft doch wohl Grundvoraussetzung gewesen sein.«
    » Wenn Sie das sagen.«
    Gaddis ließ nicht locker.
    » Berichtet Eddie in dem Dokument über seine Anwerbung? Gibt er Auskunft darüber?«
    Er hielt es für klüger, die Memoiren einfach nur als Dokument zu bezeichnen. Neame sollte nicht das Gefühl bekommen, auf Material zu sitzen, das von unschätzbarem Wert für seine Untersuchungen war.
    » Sehen Sie, genau an dieser Stelle wird es interessant. Die Sowjets haben etwas sehr Kluges getan, und das ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass Eddie so lange unerkannt bleiben konnte.« Die nächste Touristengruppe, diesmal Japaner, kam durch den Mittelgang geschlurft. » Ein Gentleman namens Arnold Deutsch bekam von Guy einen Hinweis über Eddie. Haben Sie von Deutsch gehört?«
    Natürlich hatte Gaddis von ihm gehört. Deutsch – bekannt unter dem Codenamen » OTTO « – war verantwortlich für die Anwerbung des Rings der Fünf gewesen.
    » Ja, sicher.«
    » Nun, Deutsch hat Eddie rekrutiert, allerdings ohne Burgess oder Blunt darüber zu informieren.«
    » Das verstehe ich nicht.«
    » Moskau befürchtete, das Netz könnte zu groß werden. Sie hatten Kim. Sie hatten Anthony, Guy, Donald und John. Es hätte nur einer von denen auffliegen müssen, und die ganze Zelle wäre von den Briten enttarnt worden. Deshalb sollte Eddie auf eigene Faust arbeiten. Cairncross kam irgendwann dahinter, dass Crane ein Spion war, aber von den anderen merkte keiner etwas, nicht einmal Guy. Eddie bekam den Tarnnamen › ATTILA ‹. Burgess wurde von Deutsch darüber informiert, dass der Mann nicht bereit war, für die Partei zu arbeiten, und das war alles. Alle machten weiter.«
    Gaddis strich mit der Hand über den gusseisernen Heizkörper neben seinem Sitz. Er versuchte, Schlussfolgerungen aus dem zu ziehen, was Neame erzählt hatte, die Katze rückwärts laufen zu lassen.
    » Klingt alles schlüssig«, murmelte er, aber Neame unterbrach ihn.
    » Wie sich herausstellte, hatten die Sowjets dem MI 5 damit sogar einen Gefallen getan.«
    » Inwiefern?«
    Der alte Mann schien sich über einen privaten Gedanken zu amüsieren. Ganz offensichtlich bereitete es ihm Vergnügen, mit Gaddis’ Hunger nach Informationen zu spielen. » Tja, das wirft ein ganz neues Licht auf die Geschichte«, antwortete er leise. » Ich würde den Dingen vorgreifen, wenn ich es Ihnen erzähle.«
    » Tun Sie’s nur.«
    Neame lächelte. » Zuerst Oxford.«
    » Oxford?«
    » Wie, das wussten Sie nicht, Doktor?« Neame drehte sich in seinem Sitz zuerst nach links, dann nach rechts um, als wollte er sich vergewissern, dass auch wirklich niemand zuhörte. Gaddis meinte, das nächste Geheimnis bereits zu wittern. » Die Russen schickten Eddie nach Oxford.«

16
    Calvin Somers verließ das Michael-Sobel-Zentrum kurz nach sechs durch den Personaleingang und machte sich im bleichen Licht des frühen Abends zu Fuß auf den Weg zum Batchworth Heath. An Herbstabenden nahm er bevorzugt einen der schmalen, verwilderten Wege durch den Wald und ging dann quer über die Felder hinüber nach Harefield, wo er in der Ortsmitte ein Apartment bewohnte. Es war Mitte September; viele Gelegenheiten blieben nicht mehr für diesen

Weitere Kostenlose Bücher