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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Cumming
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Bedienung in beigefarbener Bluse und langem braunen Rock trat an ihren Tisch. Tretiak bestellte einen Tee mit Zitrone. Ihre beinahe eisige Ruhe ging Gaddis zunehmend auf die Nerven. » Sie hat mir erzählt, sie sei Journalistin und wisse Bescheid über die Umstände, unter denen mein Mann ums Leben gekommen war. Tatsächlich gebrauchte sie fast wörtlich den Satz, der auch in Ihrem Brief steht: › Ich weiß, was 1992 mit Ihrem Mann passiert ist.‹ Nur das. Nicht mehr, nicht weniger.«
    Gaddis wusste, er hätte antworten, sich erklären müssen, aber Tretiaks selbstsichere und zugleich seltsam entrückte Art verwirrte ihn.
    » Vielleicht sollte ich Ihnen sagen, warum ich gekommen bin«, schlug er vor.
    » Vielleicht.«
    Ein jähes Lächeln verzerrte ihr Gesicht zu einer schrillen, falschen Grimasse. Hatte sie eine Pille geschluckt, bevor sie ihre Wohnung verließ? Ein paar Gläser Wodka gekippt? Mit irgendetwas hatte sie ihre Angst milder gestimmt, ihre Nerven beruhigt. Es kam ihm vor, als würde er mit einer Puppe sprechen.
    » Ich bin Dozent am Institut für osteuropäische und slawische Studien am University College London. Charlotte und ich waren befreundet. Sie recherchierte eine Geschichte, die im Zusammenhang mit den NKWD -Aktivitäten in Großbritannien vor dem Zweiten Weltkrieg stand und bei der ein Student aus Cambridge namens Edward Crane eine Rolle spielte. Nach Charlottes Tod habe ich die Geschichte mit der Absicht übernommen, sie zu einem Buch zu verarbeiten. Meine wichtigste Informationsquelle ist ein Mann namens Thomas Neame, ein Brite, der in England lebt. Von Neame habe ich Ihren Namen bekommen.«
    » Den Namen habe ich nie gehört.« Tretiak bekam ihren Tee in einem hohen Glas serviert, und sie rührte drei Tütchen Zucker hinein, der Löffel ließ die winzigen Körner um sich herumwirbeln. Während Gaddis gebannt zusah, wie sie sich auflösten, dachte er darüber nach, wie viel er ihr über ATTILA verraten durfte.
    » Gegen Ende seiner Karriere lebte Edward Crane in Berlin. Ihr Mann war sein letzter KGB -Betreuer.«
    Tretiaks Blick zeugte von völligem Desinteresse an der Karriere ihres Mannes.
    » Über Fjodors Arbeit wusste ich nicht viel«, antwortete sie. » Ich war noch sehr jung, als wir geheiratet haben. Mein Mann war ein aufgehender Stern im Komitet Gosudarstwennoi Besopasnosti.« Das war der offizielle, nicht abgekürzte Name des KGB . » Als er mit siebenundvierzig starb, war ich gerade mal sechsundzwanzig. Wir hatten ein kleines Baby, meinen Sohn Alexej. Man hat uns in Ruhe gelassen, wir mussten uns allein durchschlagen. Aber das ist in Ordnung.«
    Kurz ging eine Bruchlinie durch ihr Gesicht, wie ein Sprung in der Fassade ihrer Persönlichkeit. Was immer sie für ein Mittel genommen hatte, die Wirkung musste für einen Augenblick ausgesetzt haben. In dem Bemühen, die Miene intelligenten Hochmuts zurückzugewinnen, trank Tretiak mit steifem Rückgrat einen Schluck Tee.
    » Sind Sie jemals Informanten Ihres Mannes begegnet?«, fragte Gaddis. Er hörte seine eigene Stimme und kam sich vor wie ein Schnüffler der übelsten Sorte. Diese Frau war offensichtlich nicht stabil; er benahm sich nicht viel besser als die Bluthunde der Revolverblätter, die trauernden Witwen auf den Pelz rücken.
    » Natürlich nicht. Glauben Sie etwa, dass die Agenten bei uns in Dresden ein- und ausgegangen sind? Und dass ich für sie gekocht habe, während Fjodor im Wohnzimmer das Dienstliche mit ihnen besprach?«
    » Dresden? Warum Dresden?«
    » Weil wir dort gewohnt haben, Doktor Gaddis.« Sie schaute ihn an wie eine Tante einen ihrer Neffen, von dem sie nicht viel hält. » In Dresden.«
    Gaddis war verwirrt. Er konnte nur vermuten, dass Fjodor Tretiak von Dresden nach Berlin gefahren ist, wann immer er sich mit Crane treffen musste. Das war eine Entfernung von – wie viel? – ein paar Hundert Kilometern? Als er den Blick hob, schaute Tretiaks Witwe ihn noch immer an, und ihm war, als würde er in dem Gespräch an Boden verlieren. Wenn er nicht in den nächsten paar Minuten etwas Brauchbares zutage förderte, würde er die Reise nach Moskau als Misserfolg abschreiben müssen.
    » Sehen Sie«, sagte er und kratzte allen verfügbaren Charme zusammen, » aus meinem begrenzten Verständnis geheimdienstlicher Tätigkeit weiß ich, dass Ehefrauen eine nützliche Rolle bei der Tarnung ihrer Ehemänner spielen können. Ein berühmtes Beispiel lieferte der MI 6-Agent in Moskau, dessen Frau Informationen an einen

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