Die Trinity Verschwörung
sie und wandte ihm das Gesicht zu, » ist Ihnen eigentlich klar, was gerade passiert ist?«
Gaddis bewegte sich in seinem Sitz. Er war in Schweiß gebadet. Der Ärmel seines Jacketts war übersät mit Blutspritzern. Er fühlte sich wie eingesperrt, gefangen, und musste dem Impuls widerstehen, das Lenkrad herumzureißen und den Wagen in einen Zeitungskiosk am Straßenrand zu lenken.
» Ich geh zur Polizei«, sagte er. Er musste jetzt die Ruhe bewahren. » Bitte halten Sie sofort an.«
» Ich fürchte, das kann ich nicht tun.« Die Scheibenwischer räumten Dreck von der Frontscheibe. » Wenn Sie zur Polizei gehen, wird Crane enttarnt. Und das darf auf keinen Fall passieren. Die deutschen Behörden würden sehr schnell eins und eins zusammenzählen. Mit großer Wahrscheinlichkeit arbeitet der Mann, den Sie heute Abend getötet haben, für die Platow-Regierung. Ich muss Sie raus aus Berlin und zurück nach London bringen.«
Gaddis’ Blick fiel wieder auf seinen Ärmel, Straßenlichter schimmerten in dem Blut.
» Wie wollen Sie mich aus Berlin herausbekommen?«, fragte er. » Es gibt Fingerabdrücke auf der Waffe. Auf der Treppe ist mir ein Mädchen begegnet. In dem Café bin ich zusammen mit Meisner gesehen worden. In ein paar Stunden hat die Polizei meine Beschreibung. Ich muss mich stellen und ihnen erzählen, was passiert ist. Warum ich mich mit Meisner getroffen habe, warum ich nach Berlin gekommen bin, warum die Russen seinen Tod wollten.«
» Das dürfen Sie nicht.«
Er war fassungslos, obwohl er wusste, warum sie ihn daran hindern wollte. Es war eine Vertuschungsaktion des MI 6. Niemand durfte von Crane, von ATTILA , von Dresden erfahren.
» Warum?«, fragte er. » Sagen Sie mir warum? Was kann an einem verfluchten, fast ein Vierteljahrhundert alten Geheimnis so wichtig sein, dass Menschen sterben müssen, damit es bewahrt bleibt? Ich hab heute Abend in das Gehirn eines Mannes geschaut, Meisners offenen Schädel, eine Hälfte komplett weggesprengt.«
» Wir versuchen einfach nur, die Beziehungen zwischen London und Moskau zu schützen«, erwiderte Tanya lahm. Sie wusste, dass sie sich auf Plattitüden zurückzog, und konnte den Ekel in Gaddis’ Stimme hören.
» Was? Was sagen Sie da, Josephi–« Er wollte sie bei ihrem Tarnnamen nennen und kam sich vor wie ein Idiot. » Was für eine Beziehung zwischen London und Moskau? Es gibt keine Beziehung zwischen London und Moskau. Ihr hasst euch gegenseitig wie die Pest.«
Tanya machte noch einen Versuch, obwohl sie wusste, dass Gaddis der Wahrheit sehr nahe war. » Die Deutschen dürfen auf keinen Fall Wind von der Geschichte bekommen, auch nicht von Ihrem Interesse an Crane.«
Gaddis schüttelte den Kopf.
» Was ist in Dresden passiert?«, fragte er sie.
» Wie bitte?«
» Dresden. Irgendetwas ist in Dresden passiert. Während ATTILAS Zeit dort, im Zwielicht seiner Karriere. Etwas, das im Zusammenhang mit Sergej Platow und Robert Wilkinson steht. Sagen Sie mir, was das war.«
» Sam, ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon Sie sprechen.« Das war die Wahrheit. Sie dachte an Brennan und fragte sich, ob Gaddis vielleicht genau über das Geheimnis gestolpert war, das der Chef vor ihr verstecken wollte. » Im Augenblick müssen wir uns auf Sie konzentrieren. Wir müssen Sie aus Berlin herausschaffen. In London haben wir dann alle Zeit der Welt, uns über Ihre Sorgen zu unterhalten.«
» Meine Sorgen«, wiederholte er verächtlich. Tanyas Handy piepte, und er schaute zum Seitenfenster hinaus, während sie sich meldete.
» Ja?« Gaddis hörte eine männliche Stimme am anderen Ende und vermutete, dass es der Mann war, der sie im Café beobachtet hatte. » Nein, ich habe ihn«, sagte sie. » Es ist etwas passiert. Ja, alles okay. Ich kann jetzt nicht reden. Geht alle zurück in eure Wohnung. Ich melde mich.«
» Ein Freund von Ihnen?«, fragte er, nachdem sie aufgelegt hatte.
» Ein Freund von mir«, antwortete sie.
» Richten Sie ihm aus, dass mir der Mantel seiner Freundin gefällt.«
Tanya fuhr über eine gelbe Ampel. » Erzählen Sie mir, an was Sie sich erinnern können. Gab es Videoüberwachung in dem Haus? Ist Ihnen eine Kamera aufgefallen?«
» Ich hab nicht darauf geachtet. Wir wollten ja nur seine Zigaretten holen. Das Café hatten wir verlassen, um Ihren Freunden zu entkommen.«
» Sie haben gesagt, dass Ihnen auf der Treppe ein Mädchen begegnet ist.«
» Ja. Ein Grufti.«
Tanya setzte die Teile zusammen, dachte über einen Weg nach,
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