Die Trinity Verschwörung
der Uxbridge Road ging und Peters Nummer wählte. Die Leitung war tot. Keine Nachricht, kein Tonzeichen. Einfach nur Leere am anderen Ende der Leitung. Hungrig und übermüdet nahm er die U-Bahn zum UCL , sah seine Post und seine E-Mails durch, bevor er sich in einem Laden in der Great Marlborough Street ein neues Jackett kaufen ging; die blutjunge Verkäuferin ließ ihren Kaugummi knallen, als sie seine Kreditkarte durch den Schlitz in der Ladenkasse schob.
Er brauchte Bargeld. Er brauchte ein neues Mobiltelefon. Er brauchte eine Lebensweise, die seiner gläsernen Existenz wenigstens ein Mindestmaß an Privatheit zurückgab. Heutzutage hinterließ man mit allem seine Spur: Auf sein Auto würden sie eine automatische Nummernschilderkennung ansetzen, und mit jeder Benutzung der Oyster Card, jeder Online-Verbindung zu seinem Bankkonto löste er von nun an einen Alarm aus. Gaddis musste davon ausgehen, dass er, zumindest in den ersten Wochen nach seinem Arrangement mit Tanya, unter ständiger Überwachung des MI 6 stand, der sichergehen musste, dass er Wort hielt. Seine Anrufe, seine E-Mails, seine Bewegungen im Raum London – alles würde von einer Armee von Beobachtern, von denen er nichts spüren und niemanden zu Gesicht bekommen würde, registriert werden.
Er zog 900 Pfund aus einem Bankautomaten in der Shaftesbury Avenue, das Tageslimit auf seinen drei Konten, jetzt, nachdem NatWest ihm die Bewilligung eines weiteren Privatkredits über 20 000 Pfund avisiert hatte. Er kaufte sich eine Nahverkehrsmonatskarte. Ein neues Nokia Handy bezahlte er bar und ließ die SIM -Karte auf die Adresse einer Wohnung in Kensal Rise registrieren, in der er nach der Scheidung von Natasha vorübergehend gewohnt hatte. Die Telefone würde er abwechselnd benutzen und das neue nur für Gespräche und Textnachrichten einsetzen, die mit Crane zu tun hatten. Er würde die Nummer nicht an Freunde weitergeben – nicht einmal an Natasha oder Holly –, damit sie nicht in die Sache reingezogen wurden.
Holly. Er musste unbedingt ihre Geschichte überprüfen, sie fragen, warum sie ihm die Unterlagen ihrer Mutter überlassen hatte. War tatsächlich Katya Levettes Bewunderung für Charlottes Arbeit der Grund, wie Holly behauptet hatte, oder steckte ein anderes, bedrohlicheres Motiv dahinter? Irgendetwas ließ ihn an Tanyas Behauptung zweifeln, Holly sei eine ganz und gar ahnungslose Beteiligte.
Er rief sie aus der Eingangshalle eines großen, schmucken Hotels an der Southampton Row an. Sie hatte Zeit, mit ihm am Abend essen zu gehen, und allein das erregte schon seinen Verdacht. Warum hatte eine fantastisch aussehende 28-jährige Schauspielerin an einem Samstagabend nichts vor? Warum war Holly jederzeit für ihn verfügbar, auch kurzfristig? Es kam ihm so vor, als wäre sie mit Vorsatz in sein Leben gesetzt worden, ein weiteres Augenpaar, ein zusätzliches Instrument der Observation neben Tanya/Josephine Warner und den Berliner Spionen.
Sie stand um halb neun vor der Tür. Gaddis hatte am frühen Abend die KGB -Schachteln heruntergetragen und in der Ecke seiner Wohnküche gestapelt. Holly trug Plateauschuhe mit Korksohle, ein Kleid im Stil der 40er-Jahre und – dem Träger des BH s nach zu urteilen – sündhaft teure Unterwäsche. Sie musste zweimal hinschauen beim Anblick der Kartons, die den Zugang zu Gaddis’ Garten versperrten, und sah ihn an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank.
» Frühjahrsputz?«
» Recherche«, sagte er. » Die Kartons hab ich von dir. Das Arbeitsmaterial deiner Mutter.«
Ihre Reaktion verstärkte seinen aufkeimenden Verdacht. Wie zum Gebet faltete sie die Hände vor dem Mund und entließ einen bühnenreifen Seufzer der Erleichterung.
» Bin ich froh, dass du mich daran erinnerst. Sechs von den verfluchten Schachteln verstopfen seit zwei Wochen meinen Kofferraum. Willst du sie haben?«
Ein etwas unheimlicher Zufall. » Was? Es gibt noch mehr Unterlagen?«
» Das hört gar nicht auf. Neulich im Keller haben wir etliche Kartons übersehen. Nimm sie einfach das nächste Mal mit, ja?«
Er suchte in ihrem Gesicht nach der Lüge. Warum hatte sie über einen Monat gewartet, um den nächsten Schub Informationen aus dem Archiv ihrer Mutter bei ihm abzuladen? Warum jetzt? Hatte Tanya mit ihr gesprochen, seit sie in Gatwick gelandet waren? Die Sache erschien ihm wie ein Test: Man wollte sehen, wie ernst es ihm mit seinem Versprechen war, Crane fallen zu lassen.
» Ich helf dir beim Reintragen«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher