Die Trinity Verschwörung
Kensington?« oder » Mittagessen S. Café Anglais«. Am Morgen von Charlottes Begräbnis hatte Holly vermerkt: » SAM BEGRÄBNIS . ANRUFEN !«, und ihm fiel ein, dass sie sich in dem Haus in Hampstead telefonisch erkundigt hatte, ob alles in Ordnung sei. Ein erbärmliches Gefühl, ihr nicht über den Weg zu trauen.
Aber er war noch nicht fertig. Zwischen Staub und Krümeln am Boden der Tasche fand er Hollys Portemonnaie und machte sich daran, den Inhalt Stück für Stück auf dem Sofa auszubreiten. Alle Kredit- und Bankkarten liefen auf ihren Namen. Er fand abgegriffene Fotos kichernder Freundinnen vor Passfotoautomaten, Kundenkarten von Sainsbury’s und Tesco, eine Quittung aus einem Waschsalon in der King’s Road und den Miniausdruck eines Bankautomaten in Hammersmith. Langsam fragte er sich, wonach er suchte. Sir John Brennans private Handynummer? Tanya Acocellas Visitenkarte? Alles, was er gefunden hatte, legte nur einen Schluss nahe: Holly war nichts anderes als eine arbeitslose Schauspielerin mit überzogenem Bankkonto und erratischem Sozialleben.
Schließlich stellte er die Suche ein und verstaute das Portemonnaie ungefähr dort, wo er es gefunden hatte. In einer zweiten Seitentasche fand er zwei Schlüsselbunde, ein Paket Rizlas, einen kleinen Lippenfettstift und eine Stromrechnung auf Hollys Namen und die Adresse in der Tite Street. Außerdem war da noch eine E-Mail von einer Frau in Australien, die Holly auf einem DIN -A4-Blatt ausgedruckt hatte. Es war der Brief einer Freundin, voller Klatsch und Tratsch, und Gaddis schämte sich, ihn gelesen zu haben.
Er steckte sich die nächste Zigarette an, legte die Tasche zurück auf den Fußboden und schaute sich nach Hollys Handy um. Es lud in einer Steckdose neben dem Wasserkocher auf. Ohne das Netzkabel herauszuziehen, checkte er die eingegangenen und getätigten Anrufe, ihre Textnachrichten, sogar die Cookies auf ihrem Internet-Browser, aber er fand überhaupt nichts, was sein Misstrauen hätte erregen können, abgesehen von einem Mann namens » Dan C.«, auf dessen Einladung ins Theater Holly mit einer überaus koketten Textnachricht geantwortet hatte. Du hast es nicht besser verdient, dachte er sich. Dieser Dan schnüffelte jedenfalls nicht in ihrem Privatleben herum.
Endlich wurde er müde. Zeit, ins Bett zu gehen. Er legte das Handy zurück auf den Tisch, leerte den Aschenbecher aus, stellte sein Glas in die Spülmaschine und presste den Korken zurück in den Flaschenhals. Zwei der Schuhkartons standen noch offen auf dem Tisch, und er klaubte in dem halbherzigen Versuch, Ordnung zu schaffen, ein paar lose Seiten zusammen.
Dabei entdeckte er den Brief. Ein einzelnes taubenblaues Blatt Briefpapier mit Wasserzeichen, oben links war mit Stahlstich die Adresse aufgeprägt:
Robert Wilkinson
Drybread Road ( RD 2)
Omakau 9377
Central Otago
New Zealand
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Es war ein Liebesbrief.
Meine geliebte Katya,
hier kommt die letzte Lieferung des versprochenen Materials. Arbeite es gründlich durch, dann findest Du vielleicht ein paar Sachen, die auch die Öffentlichkeit interessieren könnten. Halte bitte die Augen nach Platow offen. Um ihn geht es in erster Linie. Mehr darf ich dazu nicht sagen.
Hier gleicht ein Tag dem anderen. Ich gehe spazieren, ich lese, ich fühle mich sehr fern von zu Hause. Die meiste Zeit macht mir das nichts aus. Rachel sehe ich oft, sie wohnt nur ein paar Stunden entfernt und hat mir zwei wunderbare Enkelkinder geschenkt. So nach und nach gewöhne ich mich sogar an ihren Mann – ich scheine mit den Jahren milder zu werden.
Aber Catherine fehlt mir, und Du fehlst mir, mein Liebling. Ich denke immerzu an Dich, und das, obwohl ich kein sentimentaler Mensch bin. Das weißt Du. Der Gedanke, dass Du nie mehr in meinen Armen schläfst, dass wir für immer getrennt sind, ist manchmal schwer zu ertragen. Ich habe viele Fehler gemacht, und jetzt ist es wohl zu spät.
Ich bedaure vieles, und am meisten von allem, dass ich meine Karriere über ein glückliches Leben mit Dir gestellt habe. Aber dieses Lamento hab ich Dir schon so oft vorgesungen. Bedauern hilft einem nicht weiter. Ich möchte Dich nur darum bitten, wenigstens einmal darüber nachzudenken, ein letztes Mal, ob Du nicht doch nach Neuseeland kommen könntest, und wenn es nur für ein, zwei Wochen wäre. Ich verspreche Dir, dass es Dir hier gefallen wird.
Viel Glück mit Deinem Buch, Katty. Ich habe versucht, Dir zu helfen, und wünschte, ich könnte mehr tun.
In tiefer Liebe,
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