Die Troja-Mission
während ein anderer mit einem Nachtglas das Meer absuchte. Offenbar fühlten sie sich auf der Anhöhe, auf der die Scheinwerfer standen, sicher und rechneten nicht damit, dass sich jemand von hinten anschlich.
Giordino kam lautlos aus der Dunkelheit, doch das Quietschen seiner Gummifüßlinge verriet ihn, worauf der Mann mit dem Nachtglas herumfuhr und gerade noch sah, wie eine Schattengestalt auf ihn losging. Er griff zu dem Schnellfeuergewehr, das an der Scheinwerferaufhängung lehnte, und brachte es in Anschlag. Zum Abdrücken kam er jedoch nicht mehr. Pitt war von der anderen Seite angerückt, fünf Schritte vor seinem Freund.
Er riss dem Posten das Gewehr aus den Händen und zog ihm den Kolben über den Schädel. Im nächsten Moment stürzte sich Giordino auf den anderen Posten, der im Sand lag und sich ausruhte, und schlug ihn mit einem gut platzierten Schwinger an die Kinnlade bewusstlos.
»Mit einer Knarre in der Hand ist einem doch gleich wohler zumute«, sagte Giordino leichthin, als er die Wachen entwaffnete und Pitt ein Gewehr reichte.
Ohne darauf einzugehen, öffnete Pitt die Glasabdeckung der Suchscheinwerfer und zerschlug die Glühbirnen so leise wie möglich. »Wir checken zuerst das Haus. Danach die Attrappe.«
Kein Mond stand am Himmel, aber sie gingen trotzdem kein Risiko ein und rückten langsam und vorsichtig vor, zumal sie kaum den Boden erkennen konnten. Die festen Gummifüßlinge schützten sie vor den scharfen Korallen, die hie und da im weichen Sand lagen, und ihre Spuren verwischten sie mit einem abgerissenen Palmwedel, den sie gefunden hatten. Wenn sie nicht vor Tagesanbruch von der Insel wegkamen, mussten sie sich irgendwo verstecken, bis Moreau und Gunn eine Rettungsaktion in die Wege geleitet hatten.
Das Haus war eine große Villa im Kolonialstil mit einer breiten Veranda, die sich um das gesamte Gebäude zog. Ein schmaler Lichtstrahl fiel durch eine Ritze zwischen den Brettern, die zum Schutz vor starken Sturmwinden vor den Fenstern angebracht waren. Pitt kroch auf allen vieren näher und spähte hindurch. In dem Zimmer, in das er blickte, stand kein einziges Möbelstück. Allem Anschein nach hatte sich seit Jahren keine Menschenseele in diesem Haus aufgehalten.
Da er der Ansicht war, dass sie hier nicht mehr heimlich, still und leise herumschleichen mussten, stand Pitt auf und wandte sich in normalem Tonfall an Giordino. »Die Hütte steht leer, und zwar schon seit langem.«
Giordinos verdutzte Miene war in der Dunkelheit kaum zu erkennen. »Das begreife ich nicht. Da besitzt jemand eine exotische Insel in der Karibik, wohnt aber nicht im einzigen Haus, das es dort gibt. Wozu legt man sich dann so was zu?«
»Moreau hat gesagt, dass zu bestimmten Jahreszeiten Flugzeuge starten und landen. Folglich muss es irgendwo noch eine andere Unterkunft geben, in der die Gäste absteigen.«
»Die müsste dann aber unter der Erde sein«, erwiderte Giordino. »Die einzigen Gebäude, die es hier gibt, sind das Haus, die Attrappe und ein kleiner Flugzeughangar.«
»Und warum bieten sie dann ein bewaffnetes Empfangskomitee auf?«, sagte Pitt versonnen. »Was versucht Epona zu verbergen?«
Die Frage wurde prompt beantwortet, als unverhofft eine seltsame Musik ertönte, gefolgt von einer Reihe bunter Lichter, die in und um den Stonehenge-Nachbau aufflackerten.
Die Tür zu Dirks Zelle knallte scheppernd an die Wand, als die Wärterin sie aufstieß und ihn mit dem Lauf ihres Gewehres hinaus auf den Gang winkte. Obwohl es in dem kleinen Gelass, in dem sich die Nachmittagshitze staute, noch immer kochend heiß war, fröstelte Dirk mit einem Mal. Er bekam Gänsehaut an Armen und Rücken, als ob ihn ein kalter Windhauch erfasst hätte. Er wusste, dass es sinnlos war, die Wärterin zu fragen, wohin sie ihn brachte. Sie würde ihm sowieso nichts verraten.
Diesmal traten sie nicht in den überladenen Vorraum, sondern gingen durch eine Tür, die in einen langen Betonkorridor führte. Er hatte den Eindruck, als ob sie fast anderthalb Kilometer weit gingen, bevor sie zu einer Wendeltreppe kamen, die sich seiner Schätzung nach über vier Stockwerke nach oben wand. Dort angekommen, wurde er durch einen steinernen Torbogen zu einem großen, thronartigen Steinsessel gebracht, der in schummrigen goldenen Lichtschein getaucht war. Zwei Frauen in wallenden blauen Gewändern traten aus der Dunkelheit und ketteten ihn an Ringe, die in die Armlehnen eingelassen waren. Eine verband ihm mit einem seidenen Tuch
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