Die Troja-Mission
nicht beendet. Und wenn wir uns das nächste Mal begegnen, werden Sie mir in die Fänge geraten. Seien Sie sich darüber im Klaren.«
Pitt verkniff sich die bissige Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, und schenkte ihr ein kühles, etwas rätselhaftes Lächeln. »Noch mal?«, versetzte er. »Das kann ich mir nicht vorstellen, Epona. Sie sind nicht mein Typ.«
Wieder verzog sie wütend den Mund. Im nächsten Moment aber wurde sie sichtlich blass, und ihr Blick wirkte wie gebrochen, als sie von den Marshals durch eine Seitentür abgeführt wurde. Pitt war hin und her gerissen. Einerseits bewunderte er sie wegen ihrer Schönheit, der Anmut und Erhabenheit, die sie hier bis zum bitteren Ende demonstriert hatte. Andererseits graute ihm beim bloßen Gedanken daran, dass er ihr eines Tages wieder begegnen könnte.
Loren kam in den Zeugenraum herunter und umarmte Pitt in aller Öffentlichkeit. »Du tolldreister Dummkopf. Du hättest erschossen werden können.«
»Entschuldige den theatralischen Auftritt, aber meiner Meinung nach war das der richtige Rahmen und der rechte Zeitpunkt, um diese Hexe zu entlarven.«
»Wieso hast du mir nicht Bescheid gesagt?«
»Weil ich nicht wollte, dass du mit reingezogen wirst, falls ich mich irren sollte.«
»Warst du dir deiner Sache etwa nicht sicher?«
»Ich hatte eine bestimmte Vermutung, aber restlos überzeugt war ich nicht.«
»Wie bist du ihr auf die Schliche gekommen?«
»Am Anfang war es nur eine Ahnung. Noch als ich hierher kam, war ich mir nur zu sechzig Prozent sicher. Aber als ich Specter persönlich vor mir sitzen sah, fiel mir auf, dass seine ganze Haltung nicht zu einem Mann passte, der gut dreieinhalb Zentner auf die Waage bringt.« Pitt hielt die Hand hoch und zeigte ihr die frisch verheilte Wunde. »Dann erkannte ich den Ring am Zeigefinger der rechten Hand, den gleichen Ring, mit dem mich Epona auf Branwyn verletzt hat. Damit war die Sache klar.«
Dunn rief zur Ordnung, damit das Verfahren fortgesetzt werden konnte. Loren gab Pitt einen kurzen Kuss auf die Wange, ohne sich darum zu scheren, was die anderen davon hielten.
»Ich muss wieder an die Arbeit. Du hast etwas losgetreten, das den ganzen Verlauf der Untersuchungen in völlig neue Bahnen gelenkt hat.«
Pitt wandte sich ab, als wollte er weggehen, drehte sich dann wieder um und ergriff Lorens Hand. »Wie wär’s am Sonntag in einer Woche?«
»Was soll am Sonntag in einer Woche sein?«, fragte sie arglos.
Er schenkte ihr ein teuflisches Grinsen, das sie nur zu gut kannte. »Unser Hochzeitstag. Ich habe die Washington Cathedral reservieren lassen.«
Damit ließ er die Kongressabgeordnete aus Colorado kurzerhand stehen, die ihm ihrerseits wie benommen hinterherblickte, als er hinausging.
49.
11. Oktober 2006 Washington, D. C.
Loren dachte nicht daran, in zehn Tagen zu heiraten. Sie bestand darauf, dass die Trauung vier Wochen später stattfand, was ihrer Ansicht nach kaum reichte, um das große Ereignis entsprechend vorzubereiten. Immerhin galt es, einen Raum für die Vermählung zu reservieren, eine Schneiderin zu finden, die das Hochzeitskleid ihrer Mutter änderte, und den Empfang zu organisieren, der inmitten von Pitts alten Autos in dessen Hangar stattfinden sollte.
Die Trauung fand in der Washington National Cathedral statt, die auf dem Mount Saint Alban steht, einer Anhöhe inmitten der Skyline der Hauptstadt. Der Grundstein zur Cathedral Church of St. Peter and St. Paul, wie sie offiziell heißt, wurde 1907 im Beisein von Präsident Theodore Roosevelt gelegt, aber erst 1990 war das Gotteshaus, immerhin der sechstgrößte Sakralbau auf der Welt, fertig gestellt. Das T-förmige Gebäude hat drei Türme, je einen zu beiden Seiten des Portals, sowie einen über hundert Meter hohen Glockenturm. Die Architekten der Kathedrale orientierten sich an achthundert Jahre alten europäischen Vorbildern, weshalb sie als das letzte gotische Bauwerk der Welt gilt.
Viele der zweihundertfünfzehn Fenster bestehen aus Buntglas. Manche sind mit Blüten verziert, auf anderen sind Szenen aus der Bibel oder Episoden aus der amerikanischen Geschichte dargestellt. Am eindrucksvollsten ist das so genannte Space Window, ein hinreißendes Kunstwerk, in das ein Stück Mondgestein eingelassen ist.
An die fünfhundert Freunde und Angehörige wohnten dem großen Ereignis bei. Lorens Eltern waren von ihrer Ranch im Westen von Colorado angereist, desgleichen ihre beiden Brüder und Schwestern. Senator George Pitt und
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