Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
zurückkehrten.
    Eines Tages hatte Flores ganz unzeremoniell ihre Sachen gepackt und Désa und damit auch dem Krieg den Rücken gekehrt. Seitdem schlug sie sich auf eigene Faust durch, verdiente ihren Lebensunterhalt als bezahlte Klinge und Söldnerin. Und sie lebte nicht schlecht davon, denn in diesen unsicheren Zeiten waren Wachen von Händlern und anderen wohlhabenden Reisenden sehr gefragt.
    Ihren Namen und ihre Herkunft hatte sie abgelegt, und die einzigen Verbindungen zur Vergangenheit, die ihr noch blieben, waren ihr Bruder und Natiole, die sie hin und wieder traf, wenn diese sich in ihrer Nähe aufhielten. In das Mardew war sie nie wieder zurückgekehrt, und sie hegte auch nicht den Wunsch, dies zu tun.
    Am Vortag, als sie von einigen Wlachaken in der Taverne von Stens Gefangennahme erfahren hatte, war sie fast erleichtert gewesen, dass die grausame Zeit des Wartens vorbei war, und sie hatte wild und ungezügelt den Abschied von ihrem geliebten Zwillingsbruder gefeiert, so wie es bei den Wlachaken seit alter Zeit Sitte war. Unter Strömen von Alkohol hatte sie ihre Trauer ertränkt und mit den Fremden Lieder gesungen, die einem Wlachaken heutzutage den Kopf kosten konnten, wenn die Masriden davon erfuhren. Sie wusste, dass es Sten gefallen würde, wenn er wüsste, dass sie die alten Wege noch ehrte, aber in diesem Augenblick war sie eher wütend auf ihren verbohrten Bruder und die ganze Bande von Rebellen, mit denen er sich umgab.
    »Und? Hilfst du mir? Um der alten Zeiten willen?«, fragte Natiole verzweifelt.
    »Ja, Nati, um der alten Zeiten willen. Aber zieh mich nicht in euer Leben hinein.«
    »Nein, keine Sorge, es wird nicht lange dauern. Ich muss nur jemanden finden, dem ich Bescheid geben kann, dann bin ich wieder weg«, versicherte der groß gewachsene Mann, und Flores seufzte.
    »Wer kann solch wunderschönen blauen Augen schon widerstehen?«, fragte sie mit gespieltem Ernst, und der Rebell lachte schallend.
    »Ha, das sagt die Richtige! Ich fürchte, wenn ich mit einem Dabrân-Zwilling umherziehe, spiele ich immer nur die zweite Fidel, was Aussehen betrifft! Egal ob Sten oder du, meine Liebe!«
    »Zuvorkommend wie immer, Nati«, entgegnete Flores. »Vor allem, wenn man bedenkt, dass du gerade aus dem Wald kommst und entsprechend aussiehst. Lass uns gehen.«
    Mit einem letzten Blick zu Larea, der kam, um den Tisch abzuräumen und zu säubern, verließen sie die Gaststätte.

 
22
    Schweigend wanderte das seltsame Grüppchen durch den nächtlichen Wald. Sein letzter Wortwechsel mit den Trollen hatte Sten zu denken gegeben, und auch die gewaltigen Wesen schienen nicht auf eine Unterhaltung erpicht zu sein. Obwohl der Himmel sternenklar war, herrschte zwischen den Bäumen schattige Dunkelheit. Die mächtigen Stämme ragten wie Säulen in einer gewaltigen Halle auf, und ihre Kronen bildeten das Dach dieses Bauwerks. Immer wieder raschelte es im Unterholz, wenn die Wanderer kleines Getier aufscheuchten, und manchmal erklang der einsame Ruf eines Käuzchens in der Nacht.
    In der Finsternis wirkte der Wald bedrohlich, aber dennoch spürte der Wlachake keine Angst, denn zum einen hatten sie die tiefen und wirklich gefährlichen Gegenden schon hinter sich gelassen, zum anderen bezweifelte er, dass irgendeine Kreatur ihn angreifen würde, solange er sich in Begleitung der Trolle befand. Zudem hatte er schon mehr als eine Nacht in den Wäldern ausgeharrt, obwohl ihn das früher weitaus mehr Überwindung gekostet hatte. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er daran dachte, wie er mit Flores zum ersten Mal von Désa nach Dabrân gelaufen war, in einer Nacht wie dieser …
    Es war schon beinahe Mitternacht, als Flores und Sten den Waldrand erreichten und hinab auf die Stadtmauern von Dabrân schauten, das in einer flachen Senke zwischen zwei Hügelketten lag. Die fünf Türme der Stadtmauer waren durch Feuer erleuchtet, ebenso wie die Zinnen der Feste Rabenstein, die stolz auf ihrer Anhöhe über der Stadt thronte. Fragend sah Sten seine Zwillingsschwester an, damals ein Mädchen von sechzehn Sommern, mit schwarzem Haar, das sie so kurz geschnitten trug, dass es über den Ohren Löckchen bildete.
    »Was denkst du?«
    Mit einem wütenden Blick brachte Flores ihn zum Schweigen und wies auf die Burg: »Es sieht alles noch aus wie früher, Sten.«
    »Und? Der Schein trügt, jetzt schläft Házy in unseren Betten, der Hund!«
    »Und die Leute in Dabrân schlafen friedlich in ihren«, erwiderte Flores

Weitere Kostenlose Bücher