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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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und lauschte auf mögliche Verfolger.
    Als sie sicher war, dass sie nichts hörte, setzte sie ihren Weg rennend fort, bis sie tatsächlich vor dem Haus des Schusters stand. Unwillig, durch lautes Klopfen die ganze Nachbarschaft zu wecken, hob sie einige kleine Steine von der Straße auf und warf sie vor die Fensterläden, bis sich einer öffnete und ein verschlafenes Gesicht im Fenster erschien.
    »Wer ist da?«, rief der Mann unwillig.
    Nach zwei Blicken die Gasse hinab, antwortete die Wlachakin: »Eine Freundin. Lass mich herein, ich habe Nachrichten!« Sehr leise fügte sie die Losung hinzu, die Suhai ihr genannt hatte: »Für Tirea!«
    Sofort verschwand der Kopf wieder, und die Läden wurden geschlossen. Nach einigen Augenblicken hörte Viçinia, wie im Inneren ein Riegel verschoben wurde, und dann öffnete sich die Tür. Aus dem Spalt spähte ein Mann in mittleren Jahren, dessen schon gelichtetes schwarzes Haar vom Schlaf zerzaust war und der ein Nachtgewand trug, über das er anscheinend hastig einen fadenscheinigen grauen Mantel geworfen hatte.
    »Wer ist da?«, fragte er unvermittelt und deutete die Straße hinab, doch als Viçinia herumwirbelte, konnte sie nichts erkennen.
    »Wo?«, fragte sie besorgt.
    »Ich dachte, ich hätte einen Schatten gesehen.« Angestrengt spähte er in die Dunkelheit, doch nichts regte sich. »Muss mich getäuscht haben. Komm herein.«
    Flink huschte Viçinia in das Haus, dessen gesamtes Erdgeschoss von einer Werkstatt samt Laden eingenommen wurde.
    Auf einer Werkbank lagen verschiedene Werkzeuge und Lederzuschnitte in vielen Größen und Formen. Mehrere halbfertige Schuhe und Stiefel standen in einem Regal daneben. Ein Kerzenstummel erleuchtete den Raum nur spärlich, aber die Wlachakin hatte sich bereits ihrem Gegenüber zugewandt.
    Unter dem Mantel verbarg Giorgas eine muskulöse Gestalt mit breiten Schultern und stämmigen Beinen. Seine Wangen waren rund und verliehen ihm das Aussehen eines wohlgenährten Händlers, doch seine Augen verrieten, dass er schon einiges gesehen und erlebt hatte. Der Schuster trug einen kurz geschnittenen Vollbart, den er sich verwirrt rieb.
    »Wer bist du?«, fragte er, als er die junge Frau vor sich offenbar auch nach eingehender Musterung nicht erkannte.
    »Viçinia cal Sares«, antwortete die Wlachakin, und der Schuster riss überrascht die Augen auf. Bevor er jedoch auf die Knie fallen konnte, packte sie ihn an der Schulter: »Nein. Hör mir zu, Giorgas, ich muss dir etwas berichten.«
    »Herrin, es ist viel zu gefährlich, hierher zu kommen. Was ist, wenn man Euch entdeckt?«, stotterte Giorgas.
    »Dieses Wagnis musste ich eingehen. Es ist von größter Wichtigkeit, dass ich meine Nachrichten überbringe. Es wird wieder Krieg geben, Giorgas. Zorpad rüstet bereits dafür, und ich fürchte, dass sein erster Schlag schnell fallen und hart sein wird …« Viçinia berichtete dem Mann in aller Eile, was sie in Erfahrung gebracht hatte.
    »Krieg«, hauchte der Schuster entsetzt. »Aber was ist mit Euch und den anderen Geiseln? Sollen wir Euch aus der Stadt …«
    »Nein«, unterbrach ihn Viçinia, »noch müssen wir den Anschein wahren. Ich bin allein gekommen. Wenn ich fliehe, wird Zorpad die anderen sicherlich töten.«
    »Eure Schwester muss davon erfahren, Herrin«, stellte Giorgas fest, und Viçinia nickte zustimmend.
    »Ja. Es ist unbedingt notwendig, dass Ionna so bald wie möglich von Zorpads Plänen Kunde erhält. Ich verlasse mich auf dich, Giorgas, wir alle verlassen uns auf dich. Wenn Zorpad zuschlägt, dann müssen wir gewappnet sein! Sonst wird der Tyrann unsere Gegenwehr zerschlagen und all unsere Hoffnung vernichten!«
    »Aber was ist mit Euch, Herrin? Wenn es Krieg gibt …«, hob Giorgas wieder an, beendete den Satz aber nicht, denn sie beide wussten, was er dachte.
    »Ich kann die anderen nicht im Stich lassen, Giorgas. Wir müssen einen Weg finden, gemeinsam aus Zorpads Klauen zu fliehen. Ich werde keinen Wlachaken zurücklassen und seinem Zorn aussetzen!«, schwor Viçinia.
    »Ich werde unsere Freunde in der Stadt benachrichtigen«, erklärte ihr der Schuster, und seine nächtliche Besucherin nickte.
    »Schick einen Boten nach Désa. Jemand zuverlässigen. Die Botschaft muss meine Schwester erreichen!«
    »Natürlich, Herrin«, versprach Giorgas. »Ich werde einen Boten finden. Vielleicht Octeiu …«
    Aber Viçinia hob die Hand. »Je weniger ich weiß, desto besser, Girogas. Ich muss mich beeilen, um in die Feste

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