Die Trolle
davon gehört. Ist das ein Teil des Imperiums?«, fragte Sten, was seinem Gesprächspartner ein Stöhnen und einen entsetzten Blick entlockte.
»Nie davon gehört? Wie kann jemand … das ist doch … Haltet Ihr mich zum Narren?«, verlangte Sargan empört zu wissen.
»Nein«, erwiderte Sten wahrheitsgemäß.
»Unglaublich! Natürlich gehört Masya zum Dyrischen Imperium. Es liegt sogar in Dyria selbst, weit im Osten, wo die Handelsrouten sich kreuzen. Es ist eine gewaltige Stadt, voller Schönheit und Wunder!«
»Äh, das ist doch gut für Euch?«
Der rothaarige Mann schwieg einen Augenblick, so als ob es darauf nun wirklich nichts mehr zu sagen gäbe. »Woher stammt Ihr, mein Herr, wenn ich fragen darf?«, meinte er dann.
»Dabrân«, antwortete Sten knapp.
»Dabrân, Dabrân. Sten aus Dabrân, irgendwie … natürlich! Ihr seid Sten cal Dabrân! Dieser Sten! Ihr seid ein echter Held !«, rief Sargan erfreut aus. »Eine Legende!« Offensichtlich hatte er ihm seine Entrüstung über das Unwissen bereits vergessen.
»Ich bin kein Held und sicher keine Legende!«, widersprach Sten schnell.
»Doch! Ich habe sogar ein Lied über Euch gehört. Bei den Burlai, den Treidlern auf dem Magy. Wartet, wie ging es noch einmal? Ach ja: Durch des finst’ren Schurken Mauern …«, begann Sargan unmelodiös zu singen.
Sten stöhnte laut: »Nein, bitte nicht! Verschont mich damit!«
»Ihr mögt es nicht?«, fragte Sargan erstaunt.
»Nein, absolut nicht.«
»Aber man besingt Eure Taten und Euren Heldenmut!«
Wütend erwiderte Sten: »Ich tue, was getan werden muss. Ich bin kein Held!«
»Aber … Ihr habt doch …«
»Schluss damit! Sonst beginne ich mich für Pards Meinung zu erwärmen«, fiel Sten dem Mann abrupt ins Wort, der sich verwirrt abwandte. Erbost starrte Sten ihn an, dann fiel sein Blick auf Druan, und er bemerkte, dass der Troll die Unterhaltung zwischen den Menschen aufmerksam verfolgt hatte.
»Was?«, fragte der Wlachake brüsk, aber Druan grinste nur breit und entblößte dabei seine Hauer.
Zdam beugte sich zu Anda und sagte: »Ich habe auch ein Liedchen über Sten: In einem Käfig saß…«
Aber bevor der Troll weiterbrummen konnte, brachen Anda und Druan schon in wieherndes Lachen aus, das ihnen ein lautes »Ruhe, verflucht!« von Pard einbrachte.
»Ihr kennt doch gar keine Lieder«, rief Sten gereizt.
Aber Druan erwiderte: »Doch. Aber wir haben selten Grund zu singen.« Dabei wirkte sein Blick fern vom Hier und Jetzt, als sähe er in eine andere Welt. Im Stillen fragte sich Sten, wie wohl das Leben der Trolle in den Eingeweiden der Erde aussah.
Lange vor Morgengrauen führte sie ihr Weg in immer lichtere Teile des Waldes, und Sten wusste, dass sie sich Teremi näherten. Drängend stellte sich ihm die Frage, was er hier mit den Trollen anfangen sollte. Es würde für ihn schon nicht gerade einfach werden, unerkannt in die Stadt zu gelangen, doch wie sollte er eine Gruppe drei Schritt großer, lauter und überdies noch äußerst geruchsintensiver Kreaturen einschmuggeln? Zunächst einmal mussten sie ein Versteck für den Tag suchen, denn in dieser dicht besiedelten Gegend mochten sich Menschen auch in den Wald wagen, und mit jedem Schritt wurde die Gefahr größer, dass man sie entdeckte. Deshalb begannen sie früh mit der Suche nach einem Unterschlupf und wurden nach einiger Zeit auch fündig, denn Roch fand einige rußgeschwärzte Mauern, Überreste eines Waldbauernhofes, der wohl nach einem Feuer aufgegeben worden war.
Der Wald hatte sich die eingestürzten Gebäude zu Eigen gemacht, die von Kletterpflanzen und niedrigen Büschen bewachsen waren, sodass sie einen akzeptablen Sichtschutz abgaben. Die anderen Trolle ignorierten Pards Flüche und ließen sich einfach auf die Erde fallen, während Sargan umständlich damit begann, eine Lagerstatt vorzubereiten und ein Stück Boden von Steinen und Ästen zu befreien. Belustigt sah Sten dem Städter bei seinen fruchtlosen Bemühungen zu.
»Ihr schlaft nicht häufig unter freiem Himmel?«
»Nein, nicht wirklich. Ich bevorzuge Ortschaften, in denen es Betten gibt. Und Thermen.«
»Thermen? Ihr meint Bäder?«, erkundigte sich Sten.
»Ja. Gibt es hier welche?«
»Es gibt heiße Quellen im Süden, aber in Teremi badet man hauptsächlich im Magy, wenn man badet«, erläuterte Sten.
»Das hatte ich befürchtet«, seufzte Sargan, was Roch und Anda auflachen ließ.
»Was ist schlecht daran, im Fluss zu baden?«, erkundigte sich Roch neugierig,
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