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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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und Sargan beeilte sich zu versichern: »Nichts, nichts.« Doch dann sah er Sten mit gerümpfter Nase an und sagte: »Vielleicht sollten wir alle einmal, nur so, ich meine …«
    »Nach ein paar Tagen fällt es einem gar nicht mehr auf«, erwiderte der Wlachake unbekümmert.
    Verwirrt blickte Roch von einem Menschen zum anderen und fragte: »Was?«
    »Nichts«, antworteten Sten und Sargan gleichzeitig.
    »Ihr schreibt Bücher?«, wollte Sten wissen, und als der Dyrier nickte, fuhr er fort: »Was für Bücher?«
    »Oh, alles Mögliche. Historien und Reiseberichte vor allem.«
    »Dann seid Ihr ein gebildeter Mann?«
    »Nun ja, gebildet«, sagte Sargan bescheiden, »ich kenne die Klassiker und habe das ein oder andere große Werk studiert, aber gebildet …«
    »Gibt es viele Bücher, dort, wo Ihr herkommt?«
    »Das kann man wohl sagen. Die Bibliothek des Tempels der Agdele in Masya umfasst über neunhundert Schriften, davon sicherlich ein Drittel gebundene Werke, der Rest Schriftrollen«, erklärte Sargan.
    »Neunhundert!«, entfuhr es Sten.
    »Wie gesagt, nur etwa dreihundert davon sind wirklich das, was Ihr Bücher nennen würdet. Aber in Colchas, der Goldenen Stadt, werden tausende von Werken aufbewahrt.«
    »Die Hauptstadt des Dyrischen Imperiums«, sagte Sten ehrfürchtig. »Kennt Ihr sie?«
    »Ich habe sie besucht, zwei- oder dreimal«, gab Sargan zu.
    »Ist sie wirklich so groß, wie man erzählt? Sind alle Dächer mit Gold gedeckt? Und gibt es dort einen Turm, der hundert Schritt misst?«
    »Ich weiß nicht, was man sich hier in Ardoly erzählt«, antwortete der Dyrier lachend, »aber man sagt, dass in Colchas mehr als zweihunderttausend Seelen leben. Ja, es gibt Paläste, deren Dächer golden sind, und auch der große Tempel der Erdenmutter hat ein Dach aus Gold, das mit Edelsteinen besetzt und verziert ist, sodass es in der Sonne glänzt und man die Augen abwenden muss, was der Göttin nur gefällig ist. Der Turm des Himmelsvaters ragt so weit in die Höhe, dass man von dort oben angeblich die Wolken selbst berühren kann.«
    »Ich wünschte, ich könnte das einmal mit eigenen Augen sehen«, sagte Sten sehnsuchtsvoll.
    »Warum solltet Ihr nicht? Euer Land war einst eine Provinz des Reiches, und seine Bewohner sind nicht unsere Feinde. Gut, die Reise ist beschwerlich und gefährlich, doch ein Mann wie Ihr, der schon auf den Zinnen gegen …«
    »Das reicht!«, fiel ihm Sten ins Wort. »Vergesst dieses Lied einfach. Mein Leben ist kein Lied, und ich kämpfe nicht für Ruhm oder Ehre.«
    »Es tut mir Leid. Ich wollte Euch keineswegs beleidigen«, entschuldigte sich Sargan. »In meiner Heimat freuen die Menschen sich, wenn man ihre Taten besingt.«
    »Ich kann es nicht leiden«, erklärte Sten. Ihm fehlten die Worte, um auszudrücken, was er empfand. Auch wenn es dieses Lied – und einige andere –über ihn gab, war Sten auf viele seiner Taten nicht stolz, sondern empfand sie als Notwendigkeit, als etwas, das er getan hatte, weil er es für richtig gehalten hatte. Oder weil sein Leben davon abgehangen hatte. Oder beides. Auf eine seltsame Art und Weise fühlte es sich für ihn an, als ob die Lieder und Geschichten den Krieg gegen die Masriden zu etwas Unwirklichem machten, zu einer Legende, die vor langer Zeit spielte. Aber diese Dinge geschahen wirklich, blutiger, grausamer und schlimmer als in jeder Mär. Wie viele Menschen habe ich getötet?, fragte sich Sten , wie viele muss ich noch töten, bis Wlachkis endlich frei ist? Ihr glaubt mich zu kennen, doch was wisst ihr wirklich von mir?
    Sargan unterbrach seine düsteren Gedanken. »Ihr seid sehr bescheiden«, stellte er anerkennend fest, doch Sten zuckte nur mit den Achseln.
    »Ich weiß nicht viel über dieses Land«, fuhr Sargan fort, »aber ich wollte ihm ein Kapitel in meinem Bericht widmen.«
    »Was ist das eigentlich: Bücher?«, fragte Roch unvermittelt.
    »Du weißt nicht, was ein Buch ist?«, erwiderte der Dyrier entsetzt.
    »Nein.«
    »Ein Buch ist eine Kostbarkeit, ein Hort des Wissens, eine Quelle der Inspiration. Dort legen weise Männer und Frauen ihr gesamtes Wissen nieder, auf dass ein jeder dieses erlangen kann«, erläuterte Sargan feurig.
    »Was? Wie legt man denn Wissen nieder?« Roch kratzte sich verwirrt am Kopf.
    »Eben in einem Buch. Man schreibt es auf. Auf Papier oder Pergament«, erklärte Sargan und kramte in seinem Beutel. »Warte, ich zeige es dir.«
    Nach kurzer Zeit hatte er ein in gewachstes Tuch eingeschlagenes Buch und ein

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