Die Trolle
Gleichgewicht brachte. Als er an ihr vorbeitaumelte, trieb sie ihm den Ellenbogen in den Rücken, womit sie ihn niederstreckte. Bevor er sich aufrappeln konnte, war sie schon heran und packte ihn am Nacken unterhalb seines Helmes. Mit einem Ruck schlug sie sein Gesicht auf das harte Pflaster der Straße und beendete seine schwache Gegenwehr.
Ein schneller Blick überzeugte die Wlachakin davon, dass der Soldat, dem sie in die Weichteile getreten hatte, noch einige Zeit außer Gefecht sein würde. Also kniete sie sich neben den anderen, der mit der linken Hand seine gebrochene, heftig blutende Nase umklammert hielt und unverständlich nuschelte.
»Was wolltest du mir zeigen?«, fragte sie kalt.
»Nichts, nichts!«, ächzte der Verwundete.
Flores ließ indes nicht locker. »Doch. Irgendwas, das mir richtig Spaß machen würde. Was soll das sein?« Der Masride blieb stumm und bedachte sie mit einem flehentlichen Blick. Flores spuckte verächtlich aus.
»Das nächste Mal, wenn ihr beiden eure Mäuler aufreißt, solltet ihr vorsichtiger sein. Nicht alle Frauen sind so nett und verzeihend wie ich.«
Damit verpasste sie ihm noch einen Tritt in die Seite, allerdings nur einen leichten, und rannte weiter. Ausgezeichnet, dachte die Wlachakin wütend, jetzt habe ich zwei von Zorpads Soldaten angegriffen. Nun werde ich selbst gejagt werden. Egal, ich wollte ja sowieso die Gegend verlassen.
Während sie lief, schüttelte sie den rechten Arm aus, da ihre Schulter von dem Treffer noch schmerzte. Natürlich war es gerade ihr besonderes Glück, dass sie ausgerechnet heute Abend auf eine der Patrouillen stieß, welche nach Einbruch der Nacht durch die Stadt marschierten. Eigentlich wäre es kein Problem gewesen, an ihnen vorbeizukommen, immerhin durfte sie aufgrund ihres Berufes durchaus auch nach der Sperrstunde noch auf den Straßen sein. Aber sie war in solcher Eile gewesen, dass sie auf die Routinefragen der Wachen wütend und gereizt reagiert hatte.
Diese beiden Hohlköpfe haben mich nur noch länger aufgehalten, überlegte sie erzürnt. Sie hatte sich von den anzüglichen Bemerkungen, die rasch gefolgt waren, erst recht provozieren lassen und die Wachen dann auch noch tätlich angegriffen. Das würde auf jeden Fall gravierende Folgen haben. Immerhin hatte es gut getan, ihren Ärger an den beiden Narren auszulassen, die gedacht hatten, sie könnten eine Wlachakin schikanieren.
Jetzt galt es erst einmal, ihre kurzfristigen Ziele zu erreichen, bevor sie sich Gedanken darüber machte, welche Folgen ihre Schlägerei mit den Wachen haben würde. Ein Lagerhaus, hat er gesagt, erinnerte sich die Wlachakin an die Worte ihres Zwillingsbruders, aber wo? Ich habe ihn nicht ausreden lassen, dreimal verflucht!
Am Hafen gab es eine ganze Reihe von großen und kleinen Warenhäusern und Hallen, in denen die Güter lagerten, welche über den Magy verschifft wurden. Der Großteil dieser Hallen gehörte einzelnen Händlern oder Handelsfamilien, und in Zeiten, in denen das Geschäft schlecht ging, ließ sich Flores manchmal als Wache anheuern. Die Bezahlung dafür war gering, aber es war einfache und nahezu ungefährliche Arbeit. Die Soldaten trauten sich nicht so recht in das Hafenviertel Apas, sodass die Bewachung zumeist von Söldlingen übernommen wurde. Da an den Wehrmauern des Hafens die Baracken lagen, in denen die Besatzung der Hafentürme untergebracht war, ereigneten sich allerdings kaum Zwischenfälle, denn diese Wachen reagierten durchaus auf größere Unruhen.
Schnell lief Flores an den Häusern vorbei, die immer ärmlicher wurden, je näher sie dem Fluss kam. Schon bald waren sie selten höher als einstöckig, und nur die wenigsten wiesen noch die traditionelle weiße Tünche auf. Licht gab es fast nirgends, zu wertvoll waren Kerzen und Lampen in dieser Gegend von Teremi, doch Flores kannte den Weg und war ihn oft genug gelaufen, auch wenn die Nacht sehr finster war.
Überraschenderweise hatte sich im Lauf des Abends der Himmel mit Wolken zugezogen, wie sie aber erst nach dem Verlassen der Feste gemerkt hatte, und jetzt drückte eine schwere Luft auf die Stadt hernieder. Die Wlachakin befürchtete längst das Schlimmste und sorgte sich um ihren Bruder, weshalb sie sich nicht die Zeit genommen hatte, einen dickeren, wetterfesten Mantel aus ihrer Unterkunft zu holen.
Den Rest von Hernáds Besuch hatte Flores kaum noch bewusst erlebt, denn sie hatte nur noch fortgewollt aus der Burg, um Sten vor dem Verräter zu warnen. Zum
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