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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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was er tut. Und dieses Schloss ist sicher komplizierter als die Speisekammertür in Désa. Bei dieser Erinnerung stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen.
    Nach einer halben Ewigkeit ertönten ein kurzes Knirschen und dann ein Klicken. Mit einem triumphierenden Grinsen steckte Sargan das Werkzeug weg und nahm Sten die Lampe ab, bevor er sich theatralisch verbeugte, auf die offene Türe wies und sagte: »Nach Euch, mein Herr!«
    Einer nach dem anderen schlüpften sie durch das Portal. Im schwachen Licht der Blendlaterne sah Sten, dass in diesem Teil des Klosters die Wände, Decken und sogar der Boden mit weißer Farbe gestrichen worden waren. Die Wände zierten goldene Linien, die zu verschlungenen Ornamenten angeordnet waren.
    »Wir sind jetzt im wichtigsten Teil des Klosters«, stellte Sten fest. »Hier liegen die sakralen Räume, und hier werden die hochrangigen Priester ihre Unterkünfte haben. Und hier ist euer Ziel, hier irgendwo unter unseren Füßen.«
    Lächelnd nickte Druan, doch sein Antlitz blieb weiterhin angespannt. Sten konnte den Troll gut verstehen, denn all der Druck und die Sorgen der letzten Tage und Wochen würden nun bald ihr Ende finden, sei es zum Guten oder zum Bösen. Wenn die Trolle einen Weg fanden, die Bedrohung für ihr Volk auszuschalten, dann konnten sie die fremdartige Oberfläche verlassen und in ihre Heimat unter die Erde zurückkehren. Und wenn es uns nicht gelingt, dann sind wir alle tot, überlegte Sten und zog seine Klinge.
    »Suchen wir den Keller«, befand Anda und sah Sargan fragend an, der sofort davonhuschte. Der Dyrier ist in seinem Element, fiel Sten auf, während sie ihm langsam folgten. Der Korridor erweiterte sich bald zu einer großen Vorhalle, in der ein mächtiges, wunderschön verziertes Portal ihren Weg blockierte. Ähnlich wie zuvor waren auch diese weißen Torflügel kunstvoll verschnörkelt, nur dass die Muster aus Gold gewirkt worden waren. Leise schlich Sargan vor und presste sein Ohr an die Türe. Scheinbar mit dem Ergebnis zufrieden, öffnete er einen der Türflügel und bedeutete seinen Begleitern, ihm zu folgen.
    Staunend betraten die Trolle den großen Gebetsraum des Klosters, dessen Kuppeldecke etliche Schritt hoch war. Die kleine Lampe konnte den großen Raum nicht annähernd erleuchten, doch Sten sah überall Gold funkeln und makellose, weiße Wände das Licht zurückwerfen. Dieser Zeremonienraum ist noch größer als der Tempel in Teremi, überlegte der Wlachake. Doch vor allem die Trolle waren beeindruckt, denn für sie war es der erste Tempel, den sie von innen sahen, und Druan sagte leise: »Unsere Feinde sind mächtig.«
    »Ja«, stimmte ihm Sten ernst zu. »Aber nicht unbesiegbar!«
    »Solche Ort zu errichten …«, begann der Troll, doch Pard, dessen Miene sich schnell wieder verhärtete, unterbrach ihn.
    »Auch solche Orte werden niedergerissen und eingestampft! Wer sich gegen uns stellt, soll vernichtet werden!«
    »Leise!«, zischte Sargan, der den Reichtum und die Pracht einfach ignoriert hatte und unterdessen die Wände des Sanktums absuchte.
    »Hier«, flüsterte der Dyrier. »Eine Tür!«
    Damit rissen sie sich von dem Ehrfurcht gebietenden Anblick los und liefen leise weiter.
    »Volltreffer!«, tönte es aus dem nächsten Raum, und als sie hineinsahen, erkannten sie, was Sargan meinte. Der Raum, dessen Wände wenig mehr als grob behauener Fels waren, wurde nämlich zu einer flachen Rampe, die leicht abwärts in die Flanke des Berges führte. Bald bin ich diese Bürde los, fuhr es Sten durch den Kopf. Bald bin ich von den Trollen befreit!
    Doch dann griff eine eisige Hand nach seinem Herzen und raubte ihm den Atem.

 
48
    Noch immer versteckte sich die Sonne hinter dichten Wolken, die unaufhörlich Regen über dem Land vergossen. Die kleine Gruppe saß erschöpft und zusammengesunken auf ihren Pferden, bis auf Suhai, dessen Fieber in der Nacht wieder gestiegen war und dem seine Gefährten eine Trage aus einigen Ästen gebaut hatten, auf der er hinter seinem Pferd hergezogen wurde.
    Natürlich wusste Viçinia, dass der schlimmste Teil des Weges hinter ihnen lag, denn den Aufstieg über die schmalen Pfade auf das Mardew hatten sie tags zuvor bewältigt. Heute würden sie Désa erreichen, wo eine warme Zuflucht auf sie wartete. Doch bis dahin schmerzten der Wlachakin alle Glieder, und die durchdringende Feuchtigkeit schien ihren Körper nicht mehr warm werden lassen zu wollen. Vor ihr ritt Flores, die Schultern erhoben und den Kopf

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