Die Trolle
Zunächst musste er herausfinden, wo und in wessen Gesellschaft er war.
»Wer seid Ihr?«, fragte Sargan krächzend. »Welcher Gott sendet mir einen solchen Boten?«
Wieder lachte die Frau auf, doch dann sagte sie ernst: »Keine Götterbotin, nur eine einfache Frau. Mein Name ist Szàrbed.«
»Szàrbed?«, fragte der Dyrier schwach. »Ich danke Euch für Eure Güte, Szàrbed.«
»Warte mit deinem Dank, Freund«, erwiderte die Frau rätselhaft, und Sargan runzelte verwirrt die Stirn.
»Wo bin ich?«, fragte er.
»In einem Gasthof. Wir rasten hier die Nacht über, und morgen fahren wir weiter.«
»Fahren? Kutsche oder Schiff?«
»Mit einem Karren, Freund, wir sind doch keine reichen Geldsäcke! Die Fähre kommt später.«
Eine Fähre, überlegte Sargan. Wir überqueren einen Fluss. Wo ist S ten? Bin ich im Mardew? Laut fragte er: »Wohin führt unsere Reise?«
»Teremi, Freund«, erklang die leise Antwort, und ein Schreck fuhr in Sargans Glieder. Teremi? Bei der Göttin, dann bin ich in Händen der Masriden? Oder haben die Wlachaken es erobert? Wie lange war ich ohne Bewusstsein?
»Wie heißt du?«, riss ihn die Frau aus seinen unheilschwangeren Überlegungen.
»Sargan. Sargan Vulpon.«
»Nun denn, Sargan Vulpon, noch etwas Wasser?«, fragte Szàrbed, und Sargan nickte. Diesmal trank er in großen Zügen, bis sie ihm den Wasserschlauch wieder von den Lippen nahm.
»Wie geht es deinen Augen? Sollen wir das Tuch wegnehmen?«
»Ja, bitte«, antwortete Sargan und schloss seine Lider. Mit einem kühlen Hauch verschwand das Tuch, und Sargan blinzelte vorsichtig. Durch die Tränen hindurch, die ihm das Licht in die Augen trieb, konnte er verschwommene Schemen erkennen, ein helles Rechteck und eine dunkle Gestalt über ihm, die mit einem Arm winkte.
»Und? Erkennst du etwas?«
»Nur verschwommen«, erklärte Sargan verzweifelt, doch die Frau legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter und sagte: »Kein Grund zur Sorge, ich hatte schon befürchtet, du wärest ganz erblindet. Vermutlich wird dein Augenlicht langsam zurückkehren.«
»Was ist mit mir geschehen?«, erkundigte sich Sargan verzweifelt, der sich keinen Reim auf seine undeutlichen Erinnerungen machen konnte.
»Du bist einen Berg hinuntergestürzt. Außerdem haben die Brüder vom Albus Sunasdich mit einem Sonnenzauber belegt, der deine Augen geschädigt hat.«
»Wie lange war ich …«
»Bewusstlos? Fünfzehn Tage. Ich habe dir viel Traummilch gegeben, um deine Schmerzen zu lindern. Außerdem hilft sie bei der Heilung und verhindert, dass man sich zu heftig bewegt.«
»Wie schlimm ist es?«, fragte Sargan leise.
»Du hast einige Brüche und mehr blaue Flecken, als ich zählen kann. Soweit man mir erzählt hat, bist du durch Astwerk gestürzt und dann in Sträucher. Zwar hast du davon sicherlich einige Verletzungen davongetragen, aber es hätte schlimmer kommen können.«
»Wieso hilfst du mir?«
»Das ist meine Profession, ich bin Heilerin.«
»Im Kloster?«, fragte Sargan verwirrt, und Szàrbed lachte wieder. »Um des Göttlichen Lichtes willen, nein! Die Brüder kämen ja aus dem Stottern gar nicht mehr heraus!«
»Aber …«
»Ich stamme aus Baça Mare. Die Brüder haben mich um Hilfe gebeten. Es heißt …«, erklärte sie, brach den Satz aber dann unvermittelt ab.
»Was heißt es?«, erkundigte sich Sargan.
»Sie sagten mir, dass der Herr dich lebendig haben will. Deswegen habe ich auch die Traummilch abgesetzt, damit dein Geist klar ist, wenn wir Teremi erreichen«, erklärte sie mit belegter Stimme, und Sargans Gedanken arbeiteten fieberhaft. Er beugte sich vor und fragte sie aufgewühlt: »Der Herr? Zorpad?«
»Ja«, sagte sie leise. »Deswegen sagte ich ja, dass du mir nicht danken sollst. Vielleicht wäre es besser gewesen, du hättest den Sturz nicht überlebt!«
Verzweifelt sank der Dyrier zurück. Er konnte Szàrbeds Schritte auf den hölzernen Bohlen des Fußbodens hören, dann ging eine Tür, und es war still. Der Fluss, den wir überqueren werden, ist der Magy. Und in Teremi wird Zorpad mich erwarten und sicherlich sehr ungehalten über meine Einmischung in seine Angelegenheiten sein. Verflucht, warum bin ich nicht einfach verschwunden? Ich habe mich von S ten und den verdammten Wlachaken in etwas hineinziehen lassen, das mir nur den Tod bringt. Einen langsamen Tod, wenn ich Zorpad richtig einschätze, dachte Sargan grimmig und beschloss, möglichst bald zu fliehen.
Die Überfahrt über den Magy verlief ruhig und
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